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Band-Aid Song Do they know it’s racist?

Im Jahr 1984 veröffentlichte eine Supergroup um Bob Geldof als Band Aid den Song "Do They Know It's Chistmas?". Der Song brachte Geld für Äthiopien und wurde zum Hit. Aber auch Kritik begleitete den Song stets, er würde rassistische Vorurteile bedienen. Dabei repräsentiert Band Aid nicht das einzige Afrika-Bild, das im Pop schief hängt.

Von: Johanna Hintermeier, Alba Wilczek

Stand: 29.11.2024

Band Aid 1984 | Bild: picture alliance / empics | Brian Aris/BBC

Ein Song, eine Mission, und dann kein Hunger mehr?! Klingt mega! Und ist auf gewisse Weise genau das Versprechen der Band-Aid-Aktion und des damit verbundenen Songs „Do They Know Tt‘s Christmas“. Der Weihnachts-Smashhit, um den – mal wieder – eine Kontroverse ausgebrochen ist. Denn Ed Sheeran sagt, dass er nicht noch mal bei Band Aid mitmachen würde. Der Vorwurf: Der Song reproduziert Rassismus und vermittle ein falsches Bild vom Kontinent Afrika.

Protest auf Instagram

Der ghanaisch-englische Rapper Fuse ODF

Das findet der britisch-ghanaische Sänger Fuse ODG, dessen Post Ed Sheeran Ende November 2024 in seiner Instagram-Story teilt. Fuse wollte schon vor zehn Jahren zum 30. Jubiläum nicht bei einer Reprise des Songs mitmachen. Zum 40. Jahrestag schreibt er auf Instagram: "Wir möchten als Afrikaner nicht, dass andere Leute unsere Geschichte erzählen". Warum, das hat er auch Bob Geldof selbst, dem Gründer des Band-Aid Projektes im Interview mit der BBC erklärt:

"Ich habe versucht, ihm die langfristigen Schäden zu erklären: kurzfristig würde er Gelder auftreiben. Aber auf lange Sicht würden die Menschen nicht nach Afrika gehen. Uns würden Einnahmen aus dem Tourismus, Investitions- und Handelsmöglichkeiten entgehen. Und, was noch gefährlicher ist, wir würden unsere kollektive Würde und unseren Stolz zerstören."

Sänger Fuse ODG

Das Problem, das Fuse ODG, Ed Sheeran und andere ansprechen, ist das Bild vom hungerleidenden, katastrophen-gebeutelten Afrika, das im Song gezeichnet wird. Es geht los mit dem Titel: „Wissen sie, dass Weihnachten ist?“ impliziert, dass Menschen in Äthiopien dem christlichem Hochfest gegenüber ignorant und schlecht gebildet sind – obwohl 40 Prozent der äthiopischen Bevölkerung Christen sind.

Bob Geldof uneinsichtig

Sir Bob Geldof

Dazu kommen Textzeilen wie "Das größte Geschenk, dass sie dieses Jahr bekommen, ist das Leben" oder "Da wo nichts wächst, kein Regen fällt und keine Flüsse fließen". Ein völlig verzerrtes Bild des landschaftlich vielfältigen Kontinents - und ein postkolonialer Gedanke dazu: Afrikaner*innen sind nicht in der Lage, sich selbst zu helfen. Es braucht den Weißen, ja, am besten einen Mann, der ihnen zeigt, wie es richtig geht. Eine klare rassistische Abwertung. Das nennt man auch "White Saviourism".

Die Kritik könnte eine Chance sein. Sie bietet die Möglichkeit zur Reflexion. Doch Bob Geldof kann den Vorwurf nicht nachvollziehen. Der Sun-Day-Times sagte er: "Dieser kleine Popsong hat Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Menschen am Leben erhalten.“ Es ginge schließlich darum, Hunger und Leid zu mindern. In einem BBC-Interview Ende November ergänzt er noch, dass der Song den Bogen über den britischen Rock’n’Roll der letzten 40 Jahre spanne:

"It’s the arc of British Rock'n'Roll over the last 40 years – a one 3,5 minute track. David Bowie introduces us and then wishes us all a Happy Christmas at the end."

Bob Geldof

Kritisches Hinterfragen? Fehlanzeige. Dabei ist Bob Geldof nicht alleine. „Do They Know It’s Christmas“ ist nicht der einzige Popsong mit schrägem Bild vom afrikanischem Kontinent, der wochenlang die Charts angeführt hat.

Mehr Afrika-Klischees

Da wäre zum Beispiel die US-amerikanische Rockband Toto mit ihrem zum Meme gewordenen Hit "Africa".

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Toto - Africa (Official HD Video)

Im Song aus dem Jahr 1982 befindet sich das lyrische Ich irgendwo in Afrika. Wo genau auf diesem Kontinent, das aus 54 Ländern besteht, wird nicht weiter differenziert. Und so wird nur so mit Klischees um sich geworfen: "Ancient melodies", "drums in the night", "wild dogs that cry out in the night". Auch im Musikvideo zeigt sich: Bei Toto steht der Kontinent für etwas Mystisches, Ursprüngliches, Vormodernes, mit dem sich Sehnsüchte, aber auch einige positiv rassistische Attribute verarbeiten lassen.

Auch Deutschland macht mit

Band für Afrika 1985 in Köln

Aber nicht nur die Anglo-Amerikaner*innen schauen so auf die Wiege unserer Zivilisation. Natürlich hat man sich auch in Deutschland nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was "White Saviour"-Momente angeht. Bereits ein Jahr nach dem Original Band-Aid-Song, 1985, versammelte sich auch die deutsche Musikprominenz unter dem Namen „Band für Afrika!“ mit Herbert Grönemeyer, Nena, Udo Lindenberg, und Peter Maffay. Zusammen produzierten sie den Song „Nackt im Wind“, der am „Tag für Afrika“ veröffentlicht wurde. Dabei wurden 300.000 D-Mark gesammelt. Ein Ausschnitt aus den Song-Lyrics liest sich so:

"Nur ein paar Breitengrade südlich. Und dann nach Osten weint ein Kind. Noch ehe dieses Lied hier ausklingt. Verhungert es, stirbt nackt im Wind."

Songzeile aus 'Nackt im Wind'

Der Grundgedanke, Menschen in Not helfen zu wollen, ist natürlich nicht verwerflich. Aber unter anderem durch solche Songtexte, durch so einen Blick auf den Kontinent Afrika haben sich Klischees, rassistische Vorurteile und postkoloniale Denkweisen (nochmal) verfestigt. Viele davon wirken bis heute.

Selbstreflexion gefällig?

Und so bleiben zwei zentrale Forderungen, wenn es um Hilfsaktionen dieser Art geht: eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und auf das Reflektieren seiner eigenen Haltungen. Zwei Merkmale, die im Fall von „Do They Know It’s Christmas“ und Bob Geldof bisher nicht eingetreten sind, sagt der britische Artist Fuse im BBC-Interview:

"Ich habe meine Bedenken geäußert, und er hat sich einfach geweigert, mir zuzuhören, er hat nicht einmal versucht, mir den Eindruck zu vermitteln, dass er zu einer Änderung bereit wäre. Er sagte, er habe dieses Modell in den letzten 30 Jahren verwendet und würde es auch jetzt nicht ändern."

Fuse ODG

Fuse ODG 2015 auf dem Fusion Festival in Birmingham.

Wie kann man dem Rassismus im Pop und dem Afrika-Bild also begegnen? Wenn man Fuse ODG folgt, dann in dem man ins Gespräch mit afrikanischen Künstler*innen aller Länder kommt und einen echten Austausch schafft. Dazu wäre auch ein Ansatz, die eigenen Ressourcen zu nutzen um den interkontinentalen Austausch vielleicht sogar zu verbessern. Für viele Künstler*innen vom afrikanischen Kontinent ist es wahnsinnig schwer, ein deutsches Visum zu bekommen. Da könnte man ansetzen.

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Africa For Norway - New charity single out now!

Oder man antwortet eben mit Humor und Ironie und hält der Welt den Spiegel vor. So wie die Aktion Radi-Aid zum Beispiel, übersetzt mit “Heizungshilfe” und Persiflage auf Bob Geldofs Kampagnennamen “Band Aid”. Vor zwölf Jahren nahmen Radi-Aid, eine Gruppe bestgehend aus afrikanischen Künstler*innen einen Satire-Charity-Song auf und forderten dazu auf, Heizungen für Norwegen zu spenden. Pah, Uno Reverse!