Klaus Nomi Die Avantgarde-Stimme aus dem Allgäu
Was für eine Erscheinung – in Optik und Stimme: Klaus Nomi hätte es mit seiner eigenen, Genre-sprengenden Mischung zu einer Welt-Karriere bringen können. Doch der im Allgäu geborene Künstler war einer der ersten AIDS-Toten des Pop. Heute wäre er 80 geworden.
Als sich Klaus Nomi als Kind einmal eine Elvis Presley-Single vom Taschengeld kauft, ist seine Mutter so empört über den Wandel, dass sie sie gegen eine Platte von Maria Callas eintauscht, der Jahrhundert-Sopranistin. Sie verändert alles. Elvis Presley sei sein spiritueller Vater gewesen, Maria Callas seine spirituelle Mutter.
Nomis leibliche Mutter ist alleinerziehend. Sie kommt 1944 aus dem Ruhrgebiet und bringt ihren Sohn, Klaus Sperber, in Immenstadt im Allgäu zur Welt. Nach ein paar Jahren ziehen Mutter und Kind zurück nach Essen. Klaus hört gern Radio, sagt er in der ZDF-Arte-Doku "The Nomi Song": "Und als ich das erste Mal eine Opern-Sängerin gehört habe, dachte ich mir: So möchtest du auch mal singen können (lacht)."
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The Nomi Song (Documemtary)
Von Berlin nach New York: Aus Klaus Sperber wird Klaus Nomi
Klaus zieht nach Berlin, besucht die Musikhochschule, wird nebenbei Platzanweiser an der Deutschen Oper. Dann der entscheidende Schritt: 1973 der Umzug nach New York. In Manhattan wohnt er im gleichen Haus wie der Berliner Regisseur und Schwulen-Aktivist Rosa Von Praunheim. Klaus jobbt als Konditor, nennt sich nun Nomi – nach dem Sci-Fi-Magazin Omni – er verändert einfach die Reihenfolge der Buchstaben. Und wird als Sänger für ein Vaudeville-Varieté entdeckt. Im Fernsehen wird er wie eine Art schriller Außerirdischer präsentiert:
"Ich singe ungefähr so, wie ich Pasteten zubereite – dafür kennen mich inzwischen auch einige New Yorker. Ich benutze nur gute Zutaten. Aus ihnen mache ich neue Desserts. So auch in der Musik: ich benutze verschiedene Zutaten wie Oper, Rock, New Wave und Disco, was immer gerade verfügbar ist".
Der zu kurze Ruhm des Klaus Nomi
David Bowie entdeckt ihn und lädt ihn als Background-Sänger für seinen Auftritt in "Saturday Night Live" ein. Nomi entwirft sein berühmtes Kostüm: der wie ein auf dem Kopf stehendes Dreieck geschnittene Schwarz-Weiss-Anzug. Die kantigen, breiten Schultern laufen zu einer extrem schmalen Hüfte zusammen. Dazu Nomis markante Geheimratsecken und schwarzer Lippenstift. Mit dem Look landet er in japanischen Mode-Zeitschriften. Und bei Thomas Gottschalk im Fernsehen:
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Absolut Kult! - Mezzosopran Klaus Nomi in der Premierenshow von "Na Sowas"
Nomi bekommt in Frankreich Gold für sein erstes Album und geht mit dem Zweiten, "Simple Man", auf Europa-Tour auf. Der Durchbruch. Doch beim letzten Auftritt, bei Eberhard Schoners Klassik-Rock-Nacht mit großem Orchester in München, ist er schon gezeichnet: er hat AIDS. 1983 stirbt Nomi.
Kein Hinweis auf Nomi an seinem Geburtsort
Und sein Erbe vor Ort? "Weder ist eine Strasse hier in in Immenstadt nach ihm benannt. Noch weiß ich von einem offiziellen Gedenken zum heutigen 80. Geburtstag", sagt die Autorin Barbara Frey, die in Immenstadt wohnt. Sie hält Vorträge über Klaus Nomi und macht Führungen für Fans im Allgäu.
"Mich fasziniert, dass Klaus Sperber sich nicht um musikalische Konventionen geschert hat, sondern dass er einfach sein Ding gemacht hat. Vielleicht hat er ja als Kind jodelnde Allgäuer gehört und das hat ihn dazu gebracht, selbst seine Kopfstimme zu gebrauchen. Und vielleicht ist es auch die Zeit in Süddeutschland, der er sein rollendes 'R' zu verdanken hat. Zu seinem 80. Geburtstag werden wir Klaus Nomi im kleinen Kreis feiern, auf ihn anstoßen und ihn hochleben lassen."
Texte von Barbara Frey haben zu einer Graphic Novel über Klaus Nomi geführt. Ein weiteres Buch von ihr soll folgen. Und wir schließen uns DJ Hell an, der einen Remix vom "Cold Song" aufnahm und schwärmt: "Endlich bekommt er die verdiente Aufmerksamkeit, die er zu Lebzeiten nicht erhielt. Seine Mischung aus elektronischer Musik, Rock und Oper ist bis heute visionär und hebt ihn damit in den Pop-Himmel." Besser kann man es nicht sagen.