Müßiggang Songs gegen das Arbeiten
4-Tage-Woche geht nicht weit genug, hier sind Songs übers Kündigen, den Müßiggang und Faulenzen von den Idles, Tocotronic, Grossstadtgeflüster, die Sterne und PeterLicht.
39,3 Jahre arbeiten Männer und Frauen durchschnittlich in ihrem Leben. Neununddreißig komma drei Jahre. Man arbeitet also buchstäblich sein halbes Leben, wie der Volksmund weiß. Dass sich viele Künstler*innen mit dem Thema Nicht-Arbeit in ihrer - Vorsicht, Ironie - "Arbeit" beschäftigen, verwundert daher nicht. Hier kommt eine Liste an Songs über das Aufhören, das Faulenzen, den Müßiggang, Anregungen und Ideen, was man stattdessen tun könnte, und natürlich auch, was das eigentlich so ist, dieses Arbeiten, zusammen gestellt von unserer Redaktion und mit den Tipps unserer Hörer*innen.
I. Aufhören zu Arbeiten
Die Kassierer - Nieder mit die Arbeit
"Arbeit ist die größte Dummheit, die ein Mensch wohl je erdacht". Arbeit provoziert einfach schlechte Laune. Pfui. Die Kassierer wissen aber auch: die Arbeit alleine niederlegen ergibt auch keinen Sinn. Wenn die anderen alle weiter arbeiten, ist man allein in seinem Nichtstun. Auch langweilig.
Tocotronic - Sag alles ab
Wer noch nie in der Arbeit kapituliert hat, werfe den ersten Stein. "Kapitulation" nennen Tocotronic ein ganzes Album - und machten "Sag alles ab" zur ersten Single: "Du wirst das Licht deines Lebens vor dir sehen ... die Bäume werden von selber grün ... Sag alles ab!". Radikale Zärtlichkeit sich selbst gegenüber!
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Sag alles ab
Grossstadtgeflüster - Ich kündige
Arbeiten löst körperliche Reaktionen aus. Ob Rücken, Übelkeit oder gleich psychosomatisch: "Und das Auge zuckt den dritten Tag in Folge, is halt wie es is, nich wie es soll!". Auf dem neuen Album der Berliner Elektro-Pop Band Grossstadtgeflüster "Das Über-Icke" von 2024, daher die Lösung für so manch physisches Gebrechen: kündigen.
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GROSSSTADTGEFLÜSTER - ICH KÜNDIGE (OFFICIAL VIDEO)
Antje Schomaker - Ich muss gar nichts
Indem Antje Schomaker singt "Ich muss gar nichts" erteilt sie dem Leistungsdruck der Musikbranche und den Erwartungshaltungen an sie als Frau und Künstlerin eine Absage. Was man daraus lernen kann? Man muss öfter mal gar nichts. Erwartungslosigkeit kann auch heilsam sein.
Die Sterne - Du musst gar nichts
Das sehen die Sterne ganz ähnlich wie Antje Schomaker. Nur deklinieren sie es uns dankenswerterweise durch. "Du muss nicht doppelt so viel machen wie die anderen. Du musst nicht rausgehen, weil die Sonne scheint. Du musst nicht anrufen. Du musst nicht planen, du musst nicht pissen". Naaa gut.
Ersatzkopf - Arbeit ist Scheiße
Dem Titel ist nichts hinzuzufügen - außer der Link zum Song.
II. Was tun statt Arbeiten?
Nino aus Wien - Fuasboischaun
Sollte man sich durchgerungen haben, nicht zu arbeiten, was tun? Fuasboischauen. Noch mal auf hochdeutsch: Fußball schauen, rät der Nino aus Wien. "Lieber Chef bin leider Schnupfen / Kann heut ned ind Hackn hupfen / Mutti wird ma Supperl kochen / Bis i gsund bin in vier Wochen / Doktor sogt blos ned bewegen". Wenn's glücklich macht!
Die Zukunft - Drogen nehmen und rumfahren
"Wir haben kein Problem von dem wir erzählen wollen", gestehen La Hengst, Knarf Rellöm & Guz, alias Die Zukunft. Und gerade weil es keine Probleme gibt und man eh Zeit totschlagen kann, macht man sich mit auf, zu dieser musikalisch verträumte Spritztour mit Akustikgitarre. Der ideale Soundtrack zum auf den Rücken legen, in die Luft starren und sich vorstellen, wie die Band in einem Cabrio auf einer niederbayerischen Landstraße über die Felder zuckelt.
Marilyn Monroe - Lazy
Man muss es erst mal schaffen, ein so energetisches, romantisches und dramatisches Stück wie "Lazy" von Irving Berlin über das Faulsein zu schreiben. Die Version mit Marilyn Monroe, Donald O'Connor und Mitzi Gaynor vermag es, das lazy-sein als ein musikalisches Abenteuer zu deuten. "Stretching and yawning, and let the world go drifting by, I wouldn't peep through the deep tangled wildwood, counting sheep".
PeterLicht - Wettentspannen
Chillen ist einfach, sollte man meinen. Dem ist nicht so. Auch beim Abschalten gibt es Druck! So zumindest sieht es PeterLicht: "Wer sich schneller entspannt, ist besser als jemand, der nicht so schnell entspannt, aber immer noch besser ist, als jemand der sich überhaupt nicht entspannt". Na, wer ist besser darin, nichts zu machen? Schneller runter kommen! Tiefer meditieren!! Freizeitoptimierung!!!
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PeterLicht - Wettentspannen
The Small Faces - Lazy Sunday Afternoon
Wenige können British mood aus den 1960ern so auf den Punkt bringen wie die Small Faces. "Lazy Sunday Afternoon" konterkartiert den Müßiggang. Leadsänger Steve Marriot besingt die Faulheit, doch die Drums und die Gitarre motiviert zum Rausgehen, Tanzen, Freunde sehen. Faul sein kann man auch mit Freunden.
III. Pausen machen - nicht nur von der Lohnarbeit
Ton Steine Scherben - Wir müssen hier raus
Eigentlich singt Rio Reiser über den Ausbruchswunsch eines Teenagers aus dem Elternhaus. Der Vater: ein Zyniker, der seinen Weltschmerz in Alkohl ertränkt: "Wir müssen hier raus, das ist die Hölle. Wir leben im Zuchthaus. Wir sind geboren, um frei zu sein". Innere Notiz an uns selbst: auch Familien und emotionale Beziehungen sind Arbeit, aus denen es sich manchmal zu befreien gilt. Oder von dem man sich zumindest eine Pause gönnen sollte.
Sleaford Mods - Jobseeker
Jetzt wirds richtig gemein. Wenn man keine Arbeit hat, arbeitet man ständig daran, wieder in Arbeit zu kommen - unbezahlt, versteht sich. "So Mr. Williamson, what you doing in order to find gainful employment?". Sleaford Mods bissiger Wutanfall beschreibt szenisch, wie ein Besuch im Jobcenter von statten geht und welchen Erniedrigungen und Vorurteilen Arbeitssuchenden ausgesetzt sind. Man riecht den muffigen Industrieteppich der Agentur für Arbeit förmlich und bekommt kalte Schweißausbrüche bei dem Gedanken, dort vorsprechen zu müssen.
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Sleaford Mods - Jobseeker (Live on KEXP)
Idles - Well Done
Die Idles, die Müßiggänger, und damit qua name Experten im Träumen, erteilen gesellschaftlichen Erwartungshaltungen eine Absage. "Why dont you get a job", diese Frage wird Musikerinnen und Musikern sicherlich häufig, halb ironisch, halb ernst gestellt. Sich von Erwartungsdruck zu lösen, ist auch mentale Arbeit - aber lohnt sich bestimmt aufs Leben gerechnet.
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IDLES - WELL DONE (Official Video)