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Öko-Klettern Vom Kletterfreak zum Naturschützer

Klettern ist längst ein Breitensport: Nicht nur in der Halle, auch am Fels drängen sich die Menschen – und gefährden Vögel und seltene Pflanzen. Deshalb haben Kletterfans und Naturschützer ein ungewöhnliches Bündnis geschlossen.

Von: Stefanie Stahlhofen und Valentina-Anna Rätz

Stand: 26.06.2012 | Archiv

Outdoor-Sportler und Naturschützer sind selten gute Freunde. Fun-Aktivitäten und der sensible Umgang mit Pflanzen und Tieren scheinen häufiger widersprüchlich zu sein. Ein radikales Kletterverbot, das wäre der typisch deutsche Ansatz gewesen – ganz nach dem Motto „Schützen gleich Aussperren“, erklärt Ingo Nicolay, Veranstalter für nachhaltige Kletterreisen.  

In der Praxis heißt das: Klettern nur noch in der Halle. Für die Interessenvertretung Klettern (IG Klettern) kommt weder diese Lösung, noch das verstärkte Sperren von Naturfelsen in Frage. Ihr Argument: Wenn nur wenige Gebiete freigegeben sind, müssen Kletterer länger reisen und das wiederum schadet der Natur. Außerdem konzentriert sich so alles auf die gleichen Felsen.

"Wie wollen Sie jemand für Fels- oder Vogelschutz interessieren, der das nie draußen erlebt hat? Das werden Sie beim Hallenklettern nicht erreichen."

Ingo Nicolay, Outdoor-Kletterfan

Sanft Klettern mit dem Gütesiegel

Kletter-Publikationen mit dem Schwerpunkt Naturschutz erhalten das Gütesiegel.

Die Interessengruppen einigten sich auf ein anderes Modell: Klettern im Einklang mit der Natur. Das Konzept bindet die Sportler mit ein: Sie werden über Naturschutz informiert und selbst aktiv. Dabei hilft das Gütesiegel "Naturverträglich Klettern".

Es zeichnet Publikationen aus, die spezielle Tipps bieten: Zur Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Verhaltensregeln am Fels, befristeten Sperrungen, Kletterregelungen und mehr. Der DAV, die IG Klettern und die NaturFreunde Deutschlands vergeben das Abzeichen für jede Auflage neu.

Naturverträglich Klettern

Vorbereitung

Klimafreundlich Anreisen, zum Beispiel mit dem Fahrrad

Naturverträgliches Klettern beginnt schon daheim: Kletterführer aus dem Buchhandel informieren über Gebiete und geltende Regeln. Es gibt sogar Führer mit dem Gütesiegel "Naturverträglich Klettern". Aktuelle Infos und Änderungen liefert der Deutsche Alpenverein. Die Anreise möglichst ohne Auto planen – Bus, Bahn und Rad sind viel umweltfreundlicher.

Tiere & Pflanzen

Oft am Fels: der Uhu

In den Bergen gibt es unzählige Tiere und Pflanzen, deshalb nur ausgeschilderte Wege und Kletterrouten nutzen: ein Kreuz kennzeichnet gesperrte Bereiche, ein Pfeil steht für freigegebene Flächen. Kletterverbote während der Brutzeit sollen Vögel schützen – diese Gebiete sind dann tabu. Stark bewachsene und belebte Stellen möglichst meiden.

Verhalten

Rücksichtsvoll Klettern schont die Natur

Wer draußen klettert, ist in der Natur zu Gast: Zum naturverträglichen Klettern gehört immer verantwortungs- und respektvolles Verhalten. Müllberge will keiner sehen – Abfälle also einsammeln und Fäkalien vergraben, möglichst keine Spuren hinterlassen. Verbote und Vorgaben beachten; beim Abstieg vorhandene Kletter- und Umlenkhaken nutzen.

Naturerlebnis Klettern

Seit ihrem sechsten Lebensjahr hängt die Geographie-Studentin Anna Schleinitz regelmäßig am Fels. Die 24-Jährige hat die Sportart draußen gelernt und geht auch jetzt nur selten in die Halle: "Wenn ich fünf Stunden an der Wand bin und dann schau ich von meinem Standplatz runter, seh' die Berge um mich rum und hab’ die Geräusche von den Vögeln und sonst nichts, das ist immer ein schönes Erlebnis." Außerdem ist der Adrenalinkick beim Outdoor-Klettern größer.

"Wenn Sie dort die Nacht mit Ihrem Sohn auf dem Gipfel auf über 3.000 Meter sitzen, das sind einfach Erlebnisse, das kann Ihnen die Halle nicht geben."

Ingo Nicolay, Outdoor-Kletterfan

Die meisten Gipfelstürmer haben erkannt, dass der Naturschutz in ihrem Sinne ist. Klettern im Freien ist nur dann wirklich schön, wenn die Natur intakt ist. Ein zeitweise gesperrter Fels ist besser als ein generelles Kletterverbot. Mittlerweile kommt es auch vor, dass Kletterer von sich aus Vogelbrutstätten in den Bergen melden – auch wenn dieses Gebiet dann vielleicht für sie eine Weile tabu ist.


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