Kultur - Musik


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Bayerisches Jazzweekend Fest, nicht Festival - gratis, nicht umsonst

"Ein Fest, kein Festival" sagte Richard Wiedamann, der 2011 verstorbene Elder Statesman des Bayernjazz und Vater des Jazzweekends, über sein vielgeliebtes Kind.

Stand: 06.07.2012 | Archiv

Jazzweekend Regensburg: The Hot Wok | Bild: Bayerisches Jazzinstitut

"Ein Fest, kein Festival" sagte Richard Wiedamann, der 2011 verstorbene Elder Statesman des Bayernjazz und Vater des Jazzweekends, über sein vielgeliebtes Kind. Das Konzept: Unter über 300 Jazz-Bewerbern aus Bayern und der Welt wählt die Jury - lange gemeinsam geleitet von Wiedamann und seiner Kollegin Sylke Merbold - rund 100 Beste aus und verteilt sie dreieinhalb Tage lang locker über die schönsten Locations und Lokale der Stadt. In Regensburg ist der Jazzfan Genussmensch und Flaneur, nicht Herdenvieh und Melkkuh: Das Jazzweekend ist gratis - und deshalb nicht umsonst zu haben. Die Stadt weiß das und gibt sparsam, aber gern; Sponsoren jammen auch mit.

Jazz-Logistik für Fortgeschrittene

Arm wird hier niemand - und reich nur an Erfahrung. 80 Euro pro Kopf und Auftritt, ein Bett und was zu beißen: Mehr bekommen auch Jazz-Prominente nicht. Wichtiger ist die Vernetzung der Szene, die in den Tagen vorm Fest bei Sylke Merbold Telefondrähte und Nerven glühen lässt: 100 Bands - das sind mindestens 500 Musiker, von denen manche bei vier Projekten auf fünf Bühnen drei Instrumente bedienen. Merbold: "Dann stellen wir kurz vor knapp fest, dass der Bassist, der auf dem Bismarckplatz spielen soll, leider schon im Spitalgarten am Klavier sitzt." 

Hält das Ding am Laufen: Sylke Merbold

Dann passiert, was den Jazz ausmacht: Es wird improvisiert, und es entsteht Neues. Auch beim Publikum, mit dessen Erwartungen Sylke Merbold inzwischen souverän jongliert: "Manche glauben, dass auf dem Haidplatz vor allem Dixieland gespielt wird. Bei Cazyapjazz haben da einige gestaunt. Wir wollen die Leute auch in Bewegung bringen." Von oben gefilmt, müssen die Wanderungen der Fans zwischen den Auftrittsorten aussehen wie Strömungsbilder im Wetterbericht.

Wenn die Jazzpolizei swingt

Erstaunlich für ein Festival, das zur Welt kam, weil ein städtischer Innenhof eingeweiht werden musste: 1981 hatte die Stadt mit dem Thon-Dittmer-Palais wieder ein Stück der ehedem ziemlich maroden Altstadt restauriert und wollte die neue alte Mitte mit Leben füllen. Weshalb der Kulturreferent zum Telefon griff. Heraus kamen ein längst wieder vergessenes Straßenkünstlerfest und das inzwischen größte Gratis-Jazzfest Deutschlands - damals noch mit 15 Bands an zwei Spielorten.

Gab den ersten Impuls: Richard Wiedamann

Beim ersten Mal, erinnerte sich Richard Wiedamann, provozierten die Klänge der Fürther Fusionband Faun einen Polizeieinsatz. Wiedamanns bleibender Verdienst: Inzwischen kommt die Polizei nur noch zum Zuhören.

"Im Jazz wie im Leben: Entdecke Standards, studiere Standards, versuche ernsthaft, selber welche zu setzen – improvisiere Dich aber immer wieder mit einem Lachen frei."

Richard Wiedamann (14.5.1932 - 6.1.2011)


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