BR-Magazin-Tipp: Kultur Orientierungslos und beeinflussbar
Immer noch aktuell: Ödon von Horváths Roman "Der ewige Spießer" als vierteiliges Hörspiel
Im München des Jahres 1929 macht sich die Wirtschaftskrise im Alltag bemerkbar und radikale rechte wie linke Ideologien breiten sich aus. Dazwischen Durchschnittsmenschen wie der Automobil- Verkäufer Alfons Kobler (Stephan Zinner), die Näherin Anna Pollinger (Brigitte Hobmeier) und der Arbeitslose Josef Reithofer (Stefan Leonhardsberger). In seiner ersten selbstständigen Prosaveröffentlichung aus dem Jahr 1930 ist Ödön von Horváth scharfer Beobachter eines neuen Menschentyps: Kleinbürger, die lernen, zu überleben, sich anzupassen, Privates und Politisches zusammen zu denken, auch wenn dabei so manche gedankliche Schieflage entsteht.
In ihrer zwischen Dialekt und angelesenen Floskeln changierenden Sprache entlarven sie ihre Orientierungslosigkeit ebenso, wie sie ihr so leicht von außen beeinflussbares Bewusstsein demaskieren. Ödön von Horváth ging es mit dem Roman "Der ewige Spießer" aber nicht um Parodie oder beißende Satire. Vielmehr hoffte auch er auf die bekanntlich großen Wirkungen durch kleine Ursachen. Und weil er dabei im werdenden Spießer zugleich den ewigen Spießer erkannte, hat so manche Charakterisierung im Roman bis heute nichts an Aktualität verloren. Katarina Agathos und Bernadette Sonnenbichler haben Horváths Roman für den Bayerischen Rundfunk bearbeitet. Das vierteilige Hörspiel läuft ab 18. Januar, immer sonntags um 15 Uhr auf Bayern 2.