Clemens Münster Der Unabhängige
"Nur wer unabhängig ist, findet die Wahrheit. Nur wer unabhängig ist, ist vertrauenswürdig", war Münsters Credo. Als Naturwissenschaftler wurde er Fernsehdirektor und zur prägenden Person beim Start und Aufbau des Fernsehens in Bayern.
Clemens Münster kam am 15. Januar 1906 in Cochem an der Mosel zur Welt. Als Sohn eines Landgerichtspräsidenten und einer Malerin wandte sich Münster den Naturwissenschaften zu. Von 1924 bis 1928 studierte er in Münster und München Physik, Mathematik und Chemie. 1928 begann er als Assistent am Institut für angewandte Optik in Jena. Sein Weg führte ihn über Bonn 1934 zurück nach Jena zur Firma Carl Zeiss, wo er 1941 Abteilungsleiter wurde.
Seine Liebe zu Literatur, Musik und Theater waren nach Kriegsende der Grund für eine berufliche Veränderung. Gemeinsam mit Walter Dirks und Eugen Kogon gab er ab 1945 die Monatszeitschrift "Frankfurter Hefte" heraus.
Der Weg zum Rundfunk
1949 holte der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Rudolf von Scholz, Clemens Münster als Chefredakteur für das Ressort Kultur und Erziehung zum Hörfunk. Er hatte zwar noch keine Funkkenntnisse, aber den Anspruch Bildung zu vermitteln "in Natur- und Geisteswissenschaften, Wirtschaft, Kunst und Politik". Der Hörfunk sollte jedoch nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu seiner Karriere beim Fernsehen sein.
Der Fernsehpionier
1953 startete der Fernseh-Probebetrieb in einem Saal des Münchner Blindenheims. Rudolf von Scholtz beauftragte Clemens Münster mit den Vorbereitungen und machte ihn zum Fernsehbeauftragten des Bayerischen Rundfunks. Münster reiste durch Europa, in die USA und besuchte die BBC, um sich über Fernsehtechnik und Möglichkeiten des Fernsehens zu informieren. Am 1. April 1954 wurde Münster zum ersten Fernsehdirektor berufen und übte das Amt bis zu seinem Ruhestand 1971 aus.
In seine Ära fielen die Einführung des Werbefernsehens 1956, die Gründung des Studienprogramms als erstes Drittes Fernsehprogramm 1964 sowie der Beginn des Farbfernsehens 1967. Ebenso wurden die Auslandsstudios in Rom, Tel Aviv und Wien gegründet und es starteten Sendereihen wie "Report" oder "Weltspiegel", die bis heute im Programm des BR zu finden sind. Neben seinem Amt als Fernsehdirektor war er zudem Leiter der Abteilung Fernsehspiel und mehrere Jahre Koordinator für das Deutsche Fernsehen.
Hans-Jochen Vogel, Oberbürgermeister von München und Clemens Münster beim Empfang zum Start des Studienprogramms, 22.9.1964
Dass das Fernsehen noch nicht alltäglich war, wird belegt durch die Meinung Münsters, dass Kinder unter zehn Jahren nichts vor dem Bildschirm verloren hätten. Diese Haltung war dem Kinderfernsehen zwar nicht förderlich, konnte aber auch nichts daran ändern, dass der Bayerische Rundfunk 1964 mit dem Prix Jeunesse einen Wettbewerb für das beste Kinder- und Jugendprogramm ins Leben rief.
Eine Schule für den Nachwuchs
1965 begannen die Vorbereitungen für die Gründung der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), die in Trägerschaft des Freistaats Bayern entstehen sollte. Geplant war eine Ausbildungsstätte für alle Bereiche des Films - von Regie, Drehbuch bis zur Produktion. 1967 fand die Eröffnung der Hochschule statt. Münster wurde Vizepräsident und Leiter der Abteilung künstlerische Produktion im Fernsehen. Von 1969 bis 1971 war er Präsident der HFF und nebenberuflicher Dozent.
Literat und Publizist
Clemens Münster verfasste einige Essays, Erzählungen und Romane und unter dem Pseudonym Markus Schröder Fernsehspiele für das Bayerische Fernsehen. Ebenso betätigte er sich als Herausgeber der Werke von Ingeborg Bachmann, die er 1958 auch kurze Zeit als Dramaturgin verpflichten konnte. Clemens Münster formulierte seine Standpunkte nicht nur literarisch, sondern äußerte eigene Ansichten auch öffentlich und nahm Kritik von Rundfunkrat oder Politik in Kauf. Als er sich in den 1960er Jahren gegen eine deutsche Atombewaffnung aussprach, war seine Meinung ausführliches Thema im Richtlinienausschuss des Rundfunkrats. Die Presse titulierte: "Darf ein Fernsehdirektor eine eigene Meinung haben?" und kam zu dem Ergebnis: Er darf. Hans Heigert bezeichnete ihn anlässlich der Würdigung seines 80. Geburtstags als "eigenwilligsten Publizisten der Nachkriegsjahre", der es zwar niemand leicht machen würde, aber dafür "immer neue Programmideen hervorbringen konnte und seine Mitarbeiter dafür motivieren".
Am 27. April 1998 ist Clemens Münster in Ainring bei Mitterfelden gestorben.