Buenos Aires-Korrespondent Ivo Marusczyk Ein Land vor dem Bankrott
Gespenstisch leere Straßen und konspirative Treffen hinter verklebten Scheiben. Ivo Marusczyk, Korrespondent im Studio Buenos Aires, erzählt, wie er die Krise in Argentinien erlebt.
Kein Spaziergang im Park, kein Joggen, kein Weg zur Arbeit. Der Lockdown in Argentinien war wesentlich strenger als in Deutschland. Zu Beginn haben mich viele Hilferufe von gestrandeten Kollegen erreicht. Der Stiefsohn eines BR-Kollegen hat vier Nächte am Flughafen auf dem Boden geschlafen, bis er raus kam. Kein Hotel hätte ihn aufgenommen.
Generelle Maskenpflicht und Daten-Sammlung
Anfangs war es gespenstisch, durch eine völlig verwaiste Stadt zu fahren. Aber man konnte zuschauen, wie die Regeln immer weniger eingehalten wurden, wie der Verkehr von Woche zu Woche zunahm. Jetzt gelten auch offiziell erste Lockerungen. Aber die neuen Regeln sind konfus und zum Teil unverständlich. In den Supermarkt darf ich jeden Tag, in andere Geschäfte nur an ungeraden Tagen – weil mein Ausweis auf eine ungerade Zahl endet. Auch auf der Straße herrscht Maskenpflicht – selbst auf dem Rad.
Wer zur Arbeit will, muss theoretisch eine App installieren, die alle Ortungsdaten sammelt und übermittelt.
Zusätzlich muss man alle 48 Stunden einen Fragebogen beantworten und die Körpertemperatur angeben. Niemand hinterfragt diese Daten-Sammlung – das Konzept Datenschutz ist hier unbekannt. Gut, dass ich noch ein Billig-Smartphone als Zweitgerät habe.
Friseure und Wechselstuben haben noch zu, bedienen ihre Kunden aber jetzt auch zu Hause oder konspirativ hinter abgeklebten Scheiben. Insgesamt hat der frühe Lockdown dafür gesorgt, dass Argentinien ziemlich gut dasteht. Doch inzwischen ist das Virus auch in den Armenvierteln angekommen, wo Distanzierung gar nicht machbar ist.
Keine Reisen in andere Berichtsgebiete erlaubt
Unser Korrespondent in Buneos Aires
Journalisten durften immer arbeiten, auch draußen, obwohl die Passierschein-Regeln sich ständig änderten. Die größte Einschränkung ist, dass ich Buenos Aires nicht mehr verlassen kann. Es gibt weder Flüge noch Fernbusse – nicht einmal im Inland. Von den anderen acht Ländern des Berichtsgebiets ganz zu schweigen. Und das könnte noch Monate so weiter gehen. Stand heute sind erst ab September wieder Flüge erlaubt. Es kursieren aber auch schon Gerüchte, dass die Reiseeinschränkungen bis zum Jahresende gelten. Gleichzeitig wird ein Staatsbankrott hier in Argentinien immer wahrscheinlicher und in Brasilien und Peru explodiert gerade die Zahl der Infektionen.