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Fack ju Göhte Sounddesign unter der Lupe

Ein gelungenes Zusammenspiel von Musik und Sounddesign macht erst den guten Filmton. Deutschlands erfolgreichste Filmkomödie der letzten zehn Jahre Fack ju Göhte trifft den Zeitgeist nicht nur beim Bild, sondern auch im Ton.

Stand: 11.07.2014

Fack ju Göhte | Bild: picture-alliance/dpa

„An Tempo und Dichte ist dieser Film internationale Oberklasse“

"Der Film arbeitet sehr stark mit Sprachwitz, dem mussten wir Rechnung tragen. Wir haben wochenlang gefummelt, damit am Ende auch jeder Gag verstanden wird."

Michael Beckmann

109 Minuten Film, davon 62 Minuten Musik: Hip-Hop-Sound, aber auch Orchesterpassagen und Hillbilly, gemixt mit der Tritsch-Tratsch-Polka von Strauss. Kaum ein Musikstil, der nicht für die Blockbuster-Komödie „Fack ju Göhte“ verwendet wurde. Und dieser wilde Mix funktioniert bestens, die Schulkomödie von Bora Dagtekin begeisterte bislang 7,2 Millionen Kinobesucher. Warum ihr turbulentes Musikkonzept so gut aufging, verraten Komponist Michael Beckmann und Hubert Bartholomae (Sounddesign, Mischung) im Gespräch mit Moritz Holfelder (Redakteur, Autor Kultur + Literatur Bayern2). Und an ausgewählten Filmausschnitten mit Elyas M’Barek und Karoline Herfurth erläutern sie ihre Arbeitsweise.

Die Herausforderung

„Der Film arbeitet sehr stark mit Sprachwitz, dem mussten wir Rechnung tragen“, erklärt Michael Beckmann, und ähnlich wie bei „Türkisch für Anfänger“ gibt es auch hier wildes Durcheinander im Musikkonzept. Also, möglichst viele moderne Sounds und Songs, aber auch dramatischer Score für besondere Filmmomente. Beckmann stellte dafür ein Scoring-Team zusammen, mit Hip-Hop-Produzenten, ihm selbst und einem Arrangeur für Orchestersession. Das Hauptproblem war nicht so sehr, den passenden Sound zu entwickeln, sondern darauf zu achten, dass die Musik die Dialoge nicht übertönt. Beckmann: „Wir haben wochenlang gefummelt, damit am Ende auch jeder Gag verstanden wird.“ Viele Ideen, Gag-Dichte und hohes Tempo – so ist der Film, so ist auch der Regisseur Bora Dagtekin. „Bora ist wie eine Dose Rasierschaum, bei der das Ventil abgebrochen ist. Es sprudelt immer weiter aus ihm heraus“, beschreibt Hubert Bartholomae die Zusammenarbeit. Und Beckmann ergänzt: „An Tempo und Dichte ist dieser Film internationale Oberklasse.“ Seine Aufgabe sei es vor allem gewesen, die Aufmerksamkeit der Zuschauer nicht zu überlasten und die Musik an manchen Stellen zu „glätten“. Im Kino habe er zunächst befürchtet, dass die Leute nach zehn Minuten rausgingen, weil „das so gedonnert hat“. Auch wenn alles wild daherkäme, so ist trotzdem alles strukturiert und komponiert. Und das Konzept hat offenbar funktioniert – zumal sich nicht nur die Teenies, sondern auch ihre Eltern damit identifizieren können. Neben der extremen Dynamik bleibt auch Platz für leisere und romantischere Töne, „Glocken und Geigen“ (Beckmann). Um die Wandlung des Hauptdarstellers Zeki zu charakterisieren, ist „seine“ Musik anfangs hart und knallig, bekommt aber im Verlauf der Handlung mehr Sensibilität und Emotionalität.

Fertig geworden ist alles dann „auf den letzten Drücker“. Bei der Endabmischung hat sich Michael Beckmann auf seinen Sounddesigner verlassen: „Bei Hubert habe ich da keine Bedenken. Ich habe mich manchmal auch schon gefreut, dass es so gut gelungen ist.“ Ein weiterer Pluspunkt für die gute Zusammenarbeit im Team: Der Cutter ist auch DJ, und bringt somit schon ein gutes Gefühl fürs musikalische Timing mit.

Fortsetzung folgt

Deutschland derzeit erfolgreichste Filmkomödie – auch wegen des passenden Soundtracks. „Ich bin ein großer Fan von amerikanischen Serien und auch Filmen wie „Hangover“. Die sind volltapeziert mit Musik, auch wenn man das nicht so wahrnimmt, weil sie mitunter leise abgemischt ist. Trotzdem leitet die Musik durch die Szenen“, umschreibt Michael Beckmann dieses Konzept, das er auch bei „Fack ju Göhte“ benutzt hat.

Und: Die Fortsetzung der Geschichte ist ab 10. September 2015 in den deutschen Kinos zu sehen. Wir dürfen gespannt sein, was sich Komponist und Sounddesigner wieder alles einfallen lassen werden.

Gäste

Michael Beckmann | Komponist
Hubert Bartholomae | Sounddesigner • Mischtonmeister

Moderation

Moritz Holfelder | Moderator • Autor Kultur + Literatur Bayern, BR


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