Menschen im BR: Martin Pohlers Music was his First Love
Martin Pohlers sorgt gemeinsam mit seinem Team in der Musikredaktion von BAYERN 1 dafür, dass die Hörerinnen und Hörer gut gelaunt in den Tag starten. Ziel ist es, dass alle rund 300 Musiktitel, die dort täglich gespielt werden, von möglichst vielen gemocht werden und kein Grund sind, den Sender zu wechseln. Eine "never ending story"!
2. Februar 2022 – Morgens zwischen sechs und sieben Uhr läuft bei BAYERN 1 der Song "never ending story" von Limahl direkt nach einem Bericht über Hochzeiten an diesem besonderen Tag mit den Schnapszahlen im Datum. BAYERN 1-Morgen-Moderator Marcus Fahn wünscht allen Brautpaaren, die an diesem Tag heiraten, dass ihre Ehe eine "never ending story" wird – ach, wie schön! War das jetzt so geplant oder hat die Musikredaktion den Titel zufällig passend ausgespielt? Das Team hat zwar eine Software als Unterstützung, jede Sendestunde wird aber von einem Musik-Redakteur nachbearbeitet.
High-Tech und Handarbeit
Zwölf Titel braucht die Morning Show bei BAYERN 1 für eine Sendestunde. Später am Tag, mit weniger Wortanteil im Programm, sind es dann schon manchmal 14. Plus jeweils einem Ersatztitel, falls die Moderatorin oder der Moderatot meint, eine Musikauswahl passe so ganz und gar nicht zum Thema. Martin Pohlers ist Leiter der Musikredaktion und er erklärt, wie der Musik-Mix bei BAYERN 1 gemacht wird.
"Ich bin kein Musiker. Ich wollte mal Schlagzeug spielen, aber das ist nicht wirklich gut ausgegangen. Und ich kann schlecht singen. Aber ich denke, das ist kein Nachteil als Musikredakteur. Denn ich höre die Musik so eher durch die Hörer-Brille!"
Martin Pohlers, Leiter der Musikredaktion bei BAYERN 1
Aber er ist ein riesengroßer Musikfan mit ganz viel Fachwissen. Das hat er größtenteils aus dem Wühlen in Papas Schallplatten- und CD-Schrank. Und weil er als Schüler beim Hessischen Rundfunk ein Praktikum in der Musikredaktion gemacht hat.
Auch das ist eine lange Geschichte. Doch so ist es meist, wenn man mit Martin Pohlers in Gespräch kommt. Der Mann hat sehr viel zu erzählen - und jedes Thema ist spannend! Wer sich von ihm ungewöhnliche Geschichten hinter verschiedenen Popsongs anhören will – ist bei dem Podcast Pohlers Popgeschichten richtig.
Die Musikredaktion bei BAYERN 1, in der neben ihm noch eine Kollegin und drei Kollegen im Team sind - Ulla Attenberger, Tom Glas, Uwe Gürtler und Björn Stroeßner -, wählt die Musik für die verschiedenen Sendungen in der Regel fünf bis sieben Tage vor dem Sendetermin aus ...
Musikwünsche - nicht nur von Hörerinnen und Hörern
... natürlich im engen Kontakt mit der Redaktion, um genau zu wissen, was für diesen Tag alles geplant ist. Nur so ist es möglich, passende Titel zu finden.
Für den Tag mit der Schnapszahl im Datum, an dem mehr Menschen als an anderen Tagen ihre Hochzeit feiern wollen, wünschte sich die Redaktion einen Titel rund um das Thema "Heiraten". Dieser Wunsch wurde gerne erfüllt mit Bruno Mars' "Marry you". Aber dann wurde es kompliziert.
Das Computerprogramm MusicMaster, das die Musikredaktion bei der Auswahl der Titel unterstützt, war am 1. Februar 2022 wegen einer Lizenzstörung nicht nutzbar. So konnte nicht kontrolliert werden, wann der Titel denn zuletzt gelaufen ist. Als das Programm schließlich wieder verfügbar war, stellte Martin Pohlers fest: Ausgerechnet "Marry you" lief genau zwei Tage zuvor schon genau in dieser Stunde (kurz nach 8.00 Uhr). Also musste er den Titel wieder hinauskegeln. Und deshalb lief Limahl mit der "never ending story".
"Wir wissen, dass unsere Hörerinnen und Hörer da ein sehr gutes Gedächtnis haben. Die stutzen und sagen: Genau den Song hab' ich doch gestern auch beim Zähneputzen schon gehört … Und das wollen wir auf alle Fälle vermeiden. Hier sticht der Ober den Unter – also die Vermeidung dieses Bemerkens einer Wiederholung wiegt für uns schwerer, als die thematische Anbindung der Musik."
Martin Pohlers
Die Qual der Wahl
Das ist also eines der vielen Kriterien, nach denen die Musikauswahl getroffen wird. Viele dieser Kriterien resultieren aus den Umfragen, die die Musikredaktion durch die Marktforschung machen lässt. So klärt BAYERN 1 zunächst einmal verschiedene Musikstile, also Rock, Pop oder Schlager – und wie beliebt welches Genre ist. Das bildet dann den Rahmen.
Im nächsten Schritt werden einzelne Titel bewertet – mit der Auswahl von sehr gut, gut, weniger gut und mag ich gar nicht. Die Befragten können zudem angeben, ob sie diese Songs häufiger oder weniger oft hören wollen.
"Und da sehen wir dann einfach auch die Ablehnung von Songs. Trotzdem fragen die Hörer immer wieder: Warum spielt ihr denn keine Helene Fischer? Oder warum spielt ihr nicht dies und jenes, die verkaufen doch so viele Alben und die Konzerte sind voll! Da muss man dann immer sagen: Ja, das ist richtig. Das sind die Fans, die das konsumieren.
Aber nach diesen Fans, die das extrem mögen, reißt es bei vielen Künstlern sehr schnell ab. Und da ist die Toleranz einfach nicht so groß; es kippt dann sehr schnell. XY zum Beispiel mag ich gar nicht - Wenn das kommt, schalte ich um. Aber bei einem Phil Collins gibt es die Fans, die die Konzerte vollmachen, und ein Riesenbecken an Menschen, die sagen, das ist für mich völlig okay, wenn er im Radio läuft."
Martin Pohlers
Und aus diesem Rahmen Regeln und Kriterien aufzustellen und damit das Programm für die Auswahl der Musiktitel zu treffen, ist eine der Hauptaufgaben von Martin Pohlers - und dabei hilft die Software MusicMaster.
Musikredakteur im Formatradio – dafür gibt es bisher kein klassisches Studium, dass die Bereiche Marktforschung, Musikplanung und Musikjournalismus beinhaltet. Aus der Sicht von Martin Pohlers ist es am besten, der- oder diejenige ist ein guter Journalist mit einem großen Faible für Musik.
Seines wurde geweckt durch die große Platten- und CD-Sammlung seines Vaters. In den frühen 90er-Jahren gab es ja noch kein spotify, MTV und viva sendeten noch nicht in Deutschland – also hörte Martin Pohlers in seiner Jugend vor allem Radio.
Wie alles begann
Und so erfuhr er, dass der Hessische Rundfunk einen Kinderradiotag veranstaltete. Er schickte eine seiner Kassetten hin, auf denen er zu Hause im Kinderzimmer seine eigenen "Radio"-Sendungen produzierte und er wurde ausgewählt. So begann seine "never ending story" mit der großen Liebe Radio.
Er wurde dann gefragt, ob er nicht die Kindernachrichten für HR 1 machen möchte. Und wie er wollte! Gemeinsam mit seiner Mutter, einer Zeitungsjournalistin, hat er dann jede Woche Themen ausgewählt und vorbereitet.
"Meine Mutter hat mich regelmäßig sonntags die gut hundert Kilometer ins Funkhaus nach Frankfurt zum HR gefahren. RadioMax hieß die Sendung, die speziell für Kinder war. Da habe ich dann meine Kindernachrichten gelesen. Und so fing das an, und seitdem bin ich nicht mehr weg vom Radio!"
Martin Pohlers über seine ersten Schritte im Medium Radio
Und beim HR hat er auch gleich seine Liebe zur Musik miteinbringen können. Für ein Schülerpraktikum wünschte er sich, in die Musikredaktion zu dürfen. Die Kollegen dort waren erst einmal gar nicht begeistert – was soll denn bitte ein Schüler in ihrer Redaktion als Praktikant schon machen, CDs abstauben?
"Aber dort haben sie relativ schnell gemerkt: Hey, für die jungen Jahre kennt der relativ viel Mainstream-Musik, die jetzt nicht typisch ist für sein Alter. Ja, dann durfte ich mich mal an einer Wunschsendung probieren und die zusammenbauen mit Hörerwünschen. Und dann hat sich vor allem die Kollegin Lidia Antonini, mit der ich bis heute im Kontakt stehe, ganz viel Zeit genommen und mir dann erklärt, warum das Eine nicht so gut war und was man da besser machen kann"
, erzählt Martin Pohlers.
Die Musik macht den Erfolg
Nach dem Hessischen Rundfunk kam ein Volontariat bei einem privaten Radiosender in Schweinfurt und nach verschiedenen Stationen von Hamburg bis München landete Martin Pohlers beim BR. Dort trägt er mit seinem Team zum maßgeblichen Erfolg von BAYERN 1 bei.
Denn die Musik ist einer der Haupt-Einschaltfaktoren für BAYERN 1 - neben den beliebten Moderatorinnen und Moderatoren, dem Inhalt und der Gesamt-Anmutung. Doch dafür, dass die Hörerinnen und Hörer durchschnittlich 3,25 Stunden BAYERN 1 hören, ist vor allem der Mix der Musik verantwortlich.
DJ oder Musikredakteur - was ist die wahre Liebe?
Corona hat die Arbeit auch für Martin Pohlers verändert. Z.B. liegen auch die vielen Live-Events, bei denen Martin Pohlers oft als DJ aufgelegt hat, nun auf Eis. Und fehlen ihm doch sehr.
"Es gibt viele Titel, die im Radio keiner hören will, zu denen man aber super feiern kann. Das ist bei Partys dann so, da muss ich die Partysongs spielen, für die Leute, die feiern wollen. Und beim Radio ist es eben immer so: Möglichst große Akzeptanz, möglichst geringe Ablehnung. Es gibt Partysongs, die funktionieren nur auf der Party, da ist wieder das Beispiel Helene Fischer. Aber das funktioniert nicht in BAYERN 1."
Martin Pohlers über Partyhits
Was er auflegen würde bei der Party, mit der das Ende der Corona-Pandemie gefeiert wird, wollte Martin Pohlers nicht verraten. Denn der erste Song bei seinen Live-Auftritten wird vom Publikum gewählt. Ulla Müller, die immer als BAYERN 1-Moderatorin dabei an seiner Seite ist, darf einen Vorschlag machen und ein Vorschlag kommt von Martin Pohlers. Und dann stimmt das Publikum ab.
Was danach läuft, hängt eben von diesem ersten Titel ab. Denn schon in dieser ersten Auswahl kann Martin Pohlers erkennen, wohin die Reise an diesem Abend gehen wird: mehr Partytitel, mehr ABBA oder auch mal ein Fox? Trotzdem schielt er aber immer mit einem Auge auf die Tanzfläche: Wie viele kommen – wie viele gehen? Und passt dann sein Musik-Programm an. Immer am Publikum orientiert. Immer nah dran an den Hörerinnen und Hörer. Eine "never ending story" halt.