Schlittschuhlaufen in Finnland Auf Kufen über die finnischen Seen
Während bei uns in Bayern die Eisschicht auf den Seen selten wirklich zum Schlittschuhfahren trägt, ist es in Finnland Volkssport, über die riesigen Seen zu gleiten. Tampere liegt zwischen zwei großen Seen und ist deshalb ideal fürs Ice-Skating geeignet.
![Auf Kufen über die finnischen Seen | Bild: BR; Petra Martin Auf Kufen über die finnischen Seen | Bild: BR; Petra Martin](/berge/schlittschuhlaufen-in-finnland-volkssport-tampere-100~_v-img__16__9__l_-1dc0e8f74459dd04c91a0d45af4972b9069f1135.jpg?version=504d2)
Tampere, die alte Industriestadt im Seenland von Finnland, zeigt sich im Winter von ihrer schönsten Seite: Der weiße Schnee bedeckt die Landschaft, auf den Ästen glitzern die frostigen Schneekristalle. Und die beiden Seen, die die Stadt im Norden und Süden begrenzen, sind zu einer riesigen Eisfläche gefroren. Kein Wunder, dass die Finnen schon zum sechsten Mal in Folge zum glücklichsten Land der Welt gewählt wurden: Hier schlägt das Herz für Wintersportfreunde höher.
Die Eisdecke ist mit zehn Zentimetern auch dick genug, so dass es fast gefahrlos ist, sie zu betreten. Ein paar Sicherheitsaspekte sollte man dennoch beachten, zum Beispiel nicht allein aufs Eis gehen, die Eispickel um den Hals hängen und im Rucksack Wechselkleidung im Trockensack mitnehmen.
Am sichersten ist es aber, sich einen erfahrenen Guide zu nehmen. Tuire Tyllilä fährt nicht nur leidenschaftlich gern Schlittschuh, ihr Familienbetrieb verleiht die Ausrüstung zum Ice-Skating und bietet geführte Touren an.
Den Sport mit „Schlittschuhfahren“ zu bezeichnen, trifft es nicht ganz. Ice-Skating schon eher, vielleicht passt auch „nordisches Schlittschuhfahren“. Die Kufen werden dazu ähnlich wie Langlaufski unter die Füße geschnallt, die Schuhe erinnern an Skatingschuhe, auch die Bindung ist ähnlich. Und die Fahrtechnik ähnelt auch dem Skaten. Auf einem Bein gleiten, das andere zur Seite kicken, immer abwechselnd. Fast wie Langlaufskating.
Jetzt können wir die Seenlandschaft aus einer neuen Perspektive genießen – sozusagen vom Wasser aufs Land blicken. Anfangs ist es auf den schmalen Kufen noch recht wacklig, da helfen die Stöcke. Doch schon nach wenigen Minuten finden auch Anfänger in die Bewegung und kommen ins Gleiten – und in den Genuss des Skating. „Fast wie fliegen“, schwärmt Guide Tuire. Sie kennt den See sommers wie winters und genießt die neuen Perspektiven jedesmal wieder. „Manches erkennt man im Winter wegen des Schnees fast nicht“, erzählt sie und lacht.
Durch ihre jahrelange Erfahrung kennt sie nicht nur die Uferlinie, sondern kann das Eis „lesen“, das sorgt für Sicherheit. Sieht das Eis zum Beispiel an einer Stelle anders aus, fährt sie vorsichtig hin und schlägt mit dem spitzen Ende ihres langen Stocks fest auf die Eisfläche. So testet sie die Dicke. Meist splittern nur ein paar kleine Stücke ab, alles ist sicher. An einem Loch, das ein Fischer hinterlassen hat, kann sie den Stock ins Wasser tauchen. „Zehn Zentimeter, oder sogar mehr“, lautet ihr Fazit. Das Eis trägt. Außerdem liegt nur eine feine Schneeschicht darauf, fast wie Puderzucker. Darunter ist die Eisfläche glatt, es gibt kaum Unebenheiten. Herrlich!
Von der weiten Fläche des Sees sehe ich das Ufer aus einer neuen Perspektive. Gebäude und markante Buchten ziehen an uns vorbei. Wir steuern eine der Inseln im Pyhäjärvi an. Die Wintersonne steht tief am Horizont. Auf der endlosen, weißen Fläche werden wir von unseren ellenlangen Schatten begleitet. Zu hören ist nur das Geräusch der Kufen. Je nach Beschaffenheit des Eises klingt es unterschiedlich: Mal kratzt es, dann wiederum singt es oder klingt wie aus einer anderen Welt …Und dazu diese unendliche Leichtigkeit …
Mit etwa 12 Stundenkilometern gleiten wir eher gemächlich über die Eisfläche. Mit mehr Übung und Rückenwind wären sogar 30 Stundenkilometer möglich. Aber dann würde diese zauberhafte Landschaft ja noch schneller an mir vorbeiziehen!
Wir erreichen die Insel „Viikinsaari“. Im Sommer gibt es eine Schiffverbindung, heute können wir mit den Schlittschuhen zur Insel fahren und sie umrunden. An den Felsen sind kleine Wasserfälle zu Eis gefroren, der Schnee glitzert in der Sonne. Ein wahres Wintermärchen.
Das mulmige Gefühl, dass wir ins Eis einbrechen könnten, begleitet mich trotzdem. Tuire ist noch nie eingebrochen, weil sie achtsam ist und lieber umkehrt, als etwas zu riskieren. Nur für ihre Eis-Übungen war sie schon im kalten Wasser, damit sie im Fall des Falles weiß, was zu tun ist. „Erste Regel: Keine Panik“, sagt sie. „Dann zum Rand des Lochs kommen und die Eispickel in die Hand nehmen. Damit schlägst du in die Eisfläche, so dass du Halt hast. Wichtig ist auch, die Beine an die Oberfläche zu bringen, wie beim Schwimmen. Und dann ziehst du dich im Liegen auf die Eisfläche, während du mit den Beinen schwimmst.“
Weil das Eis an der Bruchstelle dünn sein kann, nicht sofort aufstehen, sondern im Liegen weiterrobben. Dadurch verteilt sich das Körpergewicht besser und man bricht nicht sofort wieder ein. Deshalb ist es auch wichtig, nicht allein aufs Eis zu gehen, so dass jemand da ist, der helfen kann.
Sicherheitstipps:
• Auch wenn es schwerfällt: Nerven bewahren.
• Rufen Sie laut um Hilfe und machen Sie auf sich aufmerksam.
• Zappeln Sie nicht wild herum, da der Körper bei Bewegung schneller auskühlt.
• Kommen Sie keinesfalls unter das Eis. Sie verlieren schnell die Orientierung.
• Versuchen Sie, sich am Rand der Bruchstelle festzuhalten und - wenn möglich - auf dickeres Eis hochzuziehen.
• Bricht das Eis weiter beim Versuch, darauf zu klettern, arbeiten Sie sich langsam Richtung Ufer vor, indem Sie mit Ellenbogen oder Fäusten die Eisfläche zerschlagen - bis zum Ufer oder bis Sie aufs Eis klettern können.