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Logenplatz über dem nördlichen Gardasee Auf den Monte Creino im Val di Gresta

Es gilt als „Bio-Lunge“ und als „Garten Eden“ des Trentino – das Val di Gresta nördlich des Gardasees. Das nach Süden ausgerichtete Hochtal zwischen Rovereto und Riva del Garda, zwischen Etsch- und Sarca-Tal, ist berühmt für seine Berglandwirtschaft, vor allem für den Gemüseanbau in Bio-Qualität. Im Trentino kennt das Val di Gresta eigentlich jeder, bei uns ist es eher unbekannt, obwohl man hier auch fein wandern und biken kann.

Von: Andrea Zinnecker

Stand: 10.04.2025 |Bildnachweis

Unterwegs in der „Bio-Lunge des Trentino“ überm Gardasee | Bild: BR; Andrea Zinnecker

Ein Tal wie ein Amphitheater – von Valle San Felice über den Hauptort Ronzo Chienis bis zum Passo Santa Barbara ziehen sich die Gemüsegärten bergan, von 400 bis auf knapp 1300 Meter Höhe. Es sind keine „campi“, Felder wie in der Poebene, sondern „ortaggi“, kleine Anbauflächen, also Gärten, umfasst von Trockensteinmauern. Die Anbauflächen reichen hoch bis an die Abhänge des Monte Stivo und Monte Biaena. Aufgrund der Höhe ist die Saison sehr kurz, man kann oft erst im Mai aussäen und anpflanzen, und spätestens Ende Oktober muss alles abgeerntet sein, bevor es kalt wird und sich Eis bildet.

Die terrassierten Ortaggi mit Trockensteinmauern

120 Landwirte bauen auf Flächen zwischen einem und fünf Hektar das Gemüse an, mittlerweile zu 80 Prozent nach Bio-Kriterien. Die Biolandwirtschaft ohne Chemiedünger und Pestizide begann in den 1980er-Jahren mit drei Bauernhöfen und großen Schwierigkeiten. Schon seit den 1970er-Jahren wurden vor allem Kartoffeln und Kohl angebaut sowie Karotten zur industriellen Verarbeitung. Das hat sich gewandelt, seit der Jahrtausendwende werden nur noch kleine Märkte und Geschäfte in der Region beliefert.

Ronzo Chienis und der Monte Stivo

Zudem es gibt wesentlich mehr Gemüsesorten: Zucchini, Zwiebel, Lauch, Salate, Knollen- und Stangensellerie und vieles mehr. Auch alte Sorten werden wieder rekultiviert. Bio-Gemüse in kleinen Mengen, aber von großer Qualität dank des vom Gardasee bestimmten milden Mikroklimas. Jetzt im Frühjahr weht am Nachmittag ein warmer Wind, und auch im Winter wird es selten kälter als sieben Grad. Allerdings macht sich auch im Val di Gresta der Klimawandel bemerkbar. Zu sehen ist das am Radicchio. Normalerweise ist im Sommer die thermische Exkursion sehr ausgeprägt, das heißt, die Nächte sind deutlich kälter als die Tage, aber das schwächt sich zunehmend ab, und so bekommt der Radicchio nicht mehr diese intensive rotviolette Farbe, sondern bleibt blasser.

Immer mehr Landwirte denken daher um und setzen dabei auch auf alte Produktions- und Arbeitsmethoden. Lorenzo Campedelli von der Azienda Abete Rosso, dem Rottannenhof oberhalb von Santa Barbara, beackert seine Anbauflächen in 1200 Meter Höhe unter dem Monte Stivo seit einigen Jahren statt mit Traktoren wieder mit Pferden, und zwar mit gutmütigen mit Noriker-Kaltblütern. Es ist notwendig, so sagt er, zu überlegen, wie man produktiv und dennoch umweltschonend sein kann, um Mutter Natur eine Zukunft zu geben. Beim Einsatz von Pferden bleiben die Mikroorganismen im Boden erhalten, die Vielfalt wird sogar größer und ist ideal für die Pflanzen. So ist der scheinbare Schritt zurück eigentlich ein Schritt nach vorn in die Zukunft.

Hier gibt es das Biogemüse

Das Bio-Gemüse aus dem Val die Gresta kommt nicht nur in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Altenheimen der Region, sondern auch in Restaurants auf den Teller. Um all die Kalorien wieder loszuwerden, empfiehlt sich eine Wanderung von Ronzo Chienis auf den knapp 1300 Meter hohen Monte Creino. Die nicht allzu anstrengende Wanderung belohnt mit einem grandiosen Blick über den Gardasee und ist gerade jetzt im Frühling, wenn alles blüht und die Farben regelrecht explodieren, ein Genuss.

Beliebtes Ziel für Mountainbiker

Die Wanderung auf den geschichtsträchtigen Logenplatz hoch über dem nördlichen Teil des Gardasees beginnt direkt in Ronzo Chienis. An die 300 Höhenmeter führen zunächst durch die sorgsam terrassierten Gemüsegärten und vorbei an blühenden Sträuchern und knospenden Bäumen hinauf in Richtung Passo Santa Barbara, und zwar auf dem Sentiero della Pace, dem Friedensweg, denn auch hier war einst eine Frontlinie des Ersten Weltkriegs. Weiter oben führt der gut markierte Pfad nicht nur durch Bergwald, sondern auch durch die „trincee“, die restaurierten Schützengräben, durch die auch gern die einheimischen Mountainbiker fahren. Die meisten biken vom Gardasee herauf, gut 1200 Höhenmeter. Oben am Gipfel treffen sich dann Wanderer und Biker und alle, die den grandiosen Blick hinab auf den Lago genießen, auch wenn es – typisch fürs Frühjahr - etwas dunstig ist.

Kanonenkugeln

Nach Südwesten hin stürzen die felsigen Flanken des Monte Creino steil in Richtung Torbole und Nago ab, nach Nordosten fällt der Berg sanft zum Passo Santa Barbara ab, weshalb sich hier die Anbauflächen für das Gemüse fast bis zum Gipfel und zu den Schützengräben erstrecken. Im Süden liegt tief unten der Gardasee mit der markanten Einmündung der Sarca, linkerhand ragt der Monte Altissimo auf, rechterhand die Cima Capi, im Rücken der Monte Stivo und im Westen sind Brenta, Adamello und Presanella zu sehen. Auf den Bergwiesen am Monte Creino leuchten weiße und lila Krokusse.

Zurück nach Ronzo Chienis

Wir genießen ausgiebig die Frühlingsmuße im sonnenwarmen Gras am Monte Creino, bevor es dann auf einem anderen Pfad hinab zum Passo Santa Barbara geht. Den Weg säumen Naturkunst-Objekte, die von Schülern in Erinnerung an den Ersten Weltkrieg gestaltet wurden - einst Front, heute Teil des Sentiero della Pace. Da fehlen nur noch die friedlich gackernden Hühner, die hier bald herumlaufen und „uova di montagna“, also Berg-Eier legen sollen, wie Biolandwirt Lorenzo Campedelli verrät - schneeweiße Bio-Berg-Eier von freilaufenden Livorneser Hühnern zwischen Monte Creino und Monte Stivo für Restaurants und auch Berghütten der Region Den Osterhasen dürfte das freuen ....

Karte: Santa Barbara im Trentino

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Karte: Santa Barbara im Trentino







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