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dorfgeschichten Aschau. Ein bayerischer Ort im Wandel

Eigentlich ist Aschau im Chiemgau ein Ort wie aus dem Bilderbuch: gelegen inmitten einer herrlichen Berglandschaft, nah am Chiemsee, mit romantischem Schloss, malerischer Barockkirche, pittoresken Bauernhäusern.

Stand: 08.09.2014

Der Ort hat eine Seilbahn auf die imposante Kampenwand, ein 5-Sterne-Hotel mit Spitzenkoch, ein preisgekröntes Designhotel und vieles mehr. Nicht ohne Grund ist das attraktive Tal beliebter Schauplatz vieler Film- und Fernsehproduktionen – die eines allerdings meist nicht zeigen: die Allerweltsbilder, die Aschaus Ortsbild heute auch prägen: Lieblose Plätze, gesichtslose 70er-Jahre-Klötze, hässliche Gewerbebauten und wildwüchsige Neubaugebiete, die das Ortsbild zerfasern und immer drängender die Frage aufwerfen, wohin sich die Tourismusgemeinde eigentlich entwickeln will?

Eine Gestaltungs-Task-Force soll den Ort retten

Es tut sich was in Aschau. In den letzten Jahren gab es mehrere wichtige Neubauten.

Aschau hat eine mutige Lösung für dieses Problem gefunden: einen Gestaltungsbeirat - der erste in Deutschland für einen Ort dieser Größe, der die Gemeinde bei Fragen der Ortsentwicklung berät. Angesehene Experten, darunter der renommierte Münchner Architekt Prof. Andreas Meck, wollen aus Aschau eine Vorzeigegemeinde machen. Denn Aschau steht exemplarisch für viele Fremdenverkehrsorte im Voralpenraum: Innovationsstau und Strukturprobleme treffen auf Finanzengpässe und planerische Inkonsequenz, tümelnde Heimatverklärung kollidiert mit den wachsenden Ansprüchen der Gäste nach zeitgemäßer Tourismusinfrastruktur.

Teile des Gemeinderates wollten am liebsten große Hotelketten ansiedeln und ansonsten weiter im bewährten Jodlerstil den Massengeschmack bedienen. Eine andere Fraktion, darunter der erfolgreiche Möbelgestalter Nils Holger Moormann, wünscht sich eine umsichtige, regional geprägte Ortsbildgestaltung mit anspruchsvoller, nachhaltiger Architektur.

Ein BR-Film-Team hat den gesamten Prozess beobachtet

Die Gestaltungsbeiräte Prof. Herbert Kallmayer und Prof. Andreas Meck bei einer Ortsbesichtigung.

Fast vier Jahre lang haben die Filmautorin Carina Bauer und ihr Kamerateam den Aschauer Gestaltungsbeirat bei seiner Arbeit begleitet – denn Ortsentwicklungsprozesse sind langwierig und brauchen extrem viel Zeit. Umso wichtiger ist es, die Weichen frühzeitig richtig zu stellen. Schließlich ist die Zukunft des Fremdenverkehrsorts Aschau eng geknüpft an seine Attraktivität als Reiseziel. Aber auch für die Bewohnerinnen und Bewohner gilt natürlich: eine umsichtige Ortsgestaltungsplanung verbessert die Lebensqualität.

Wie geht es nun weiter mit Aschau?

Das ist derzeit noch offen. Kurz nach Ende der Dreharbeiten wurde Bürgermeister Werner Weyerer abgewählt. Zahlreiche Ortsgestaltungsbefürworter verließen den Gemeinderat, darunter auch Nils Holger Moormann. Der Gestaltungsbeirat wurde nicht neu berufen. Ob es wieder einen neuen geben wird, ist derzeit nicht geklärt.

Buch und Regie: Carina Bauer / Redaktion: Sabine Reeh


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