Sanfte Methode Wärmetherapie – Bei welchen Beschwerden hilft Wärme?
Ob Inhalation gegen Erkältung, Infrarotlampe bei Nebenhöhlenentzündung Fango im Kampf gegen Verspannungen oder Kirschkernkissen bei Bauchschmerzen: Wärme wird in der Medizin schon lang eingesetzt. "Gesundheit!" gibt Tipps, worauf es ankommt und zeigt, welche Beschwerden Wärme lindern kann.
Was bewirkt Wärme generell im Körper?
Ob die Wärmfalsche zuhause oder die professionelle Fango-Behandlung in der Klinik: Wärme wird vielfach eingesetzt. Zu Recht findet der Schmerzspezialist Martin Weigl.
"Zunächst wird durch die Wärme unsere Durchblutung verbessert. Hierdurch kommt es zu einer besseren Sauerstoff- und Nähstoffversorgung von unserem Gewebe. Es verbessert auch die Elastizität und damit auch die Entspannung der Muskulatur und zum Dritten wirkt Wärme auch allgemein entspannend auf uns."
PD Dr. med. Martin Weigl, Leiter Physikalische u. Rehabilitative Medizin, LMU Klinikum Großhadern, München
Wärme gegen Rückenschmerzen und Verspannungen
Das nutzt auch Patientin Eva Schmidtkonz: Die 65-Jährige leidet schon länger unter heftigen Verspannungen im Nackenbereich:
"Es sind Muskelschmerzen und dann auch Kopfschmerzen, bis zur Übelkeit. Das geht von Schulter und Nacken bis oben zum Kopf. Und wenn es da oben schon mal ist, dann kann mir furchtbar übel sein."
Eva Schmidtkonz, Patientin
Seit ein paar Wochen bekommt sie Fango-Anwendungen auf Kassenrezept. Der Mineralschlamm wird zunächst auf rund 90 Grad erhitzt. Abgekühlt auf etwa 50 Grad kommt die warme Masse dann auf die betroffene Körperstelle. Rund eine halbe Stunde liegt die Patientin dann in der „Wärmepackung“.
"Durch die Tiefenwirkung und auch die Länge des Liegens da drin in diesem Ganzen wirkt es besonders positiv auf alle Muskeln, Knochen, Gelenke – alles, was mit dem Bewegungsapparat zu tun hat. Und der Vorteil gegenüber anderen Wärmeanwendungen wie etwa der heißen Rolle ist, dass das Fango viel tiefer ins Gewebe geht und zu absoluter Entspannung führt."
Helga Schuster-Cingolani, Praxis für Physikalische Therapie, München
Bei Eva Schmidtkonz schlägt die Behandlung so gut an, dass sie sogar weniger Schmerzmittel gegen ihre Kopfschmerzen nehmen muss: „Ich vertrage es gut. Ich habe schon die Befürchtung gehabt, dass mir vielleicht übel wird, weil es ja doch sehr warm ist, aber kreislaufmäßig hab ich überhaupt kein Problem. Und wenn ich dann drauf liege und komm so richtig rein in die Wärme, die merkt man ja dann, die geht richtig tief rein.“
Studien zeigen, dass auch Patienten mit Kniegelenksarthrose von Fango profitieren können: Schmerzen und Steifheit nehmen ab. Haupteinsatzgebiet sind aber Rückenschmerzen. Für zu Hause helfen Wärme-Cremes oder Wärme-Pflaster oder fertige Fangoauflagen zum Erhitzen.
"Wichtig bei der Wärmetherapie ist, dass man sich trotzdem zunächst überlegt, wo der Schmerz eigentlich tatsächlich herkommt. Gibt es Fehhaltungen, Fehlbelastungen, die zu den Schmerzen führen. Wichtig ist auch, dass Wärmetherapien gerade bei Rückenschmerzen mit aktiven Therapien kombiniert werden. Keine Wärmetherapie anwenden sollte man bei Entzündungen oder bei akuten Verletzungen. Und auch Patienten mit schweren Herzerkrankungen müssen aufpassen, dass die Wärme nicht zu intensiv für sie wird."
PD Dr. med. Martin Weigl, Leiter Physikalische u. Rehabilitative Medizin, LMU Klinikum Großhadern, München
Wärme bei Bauchschmerzen und Co...
Wärme ist krampflösend und gehört daher zu den ältesten Hausmitteln überhaupt – etwa bei Blasenentzündung, Menstruationsbeschwerden oder Bauchschmerzen. Ideal ist ein Kirschkernkissen oder eine Wärmflasche – gerne auch in Kombination mit einem feuchten Tuch auf der Haut als „Wickel“, dies soll bewirken, dass die Wärme besonders tief geht und länger anhält.
"Wenn wir uns die Schmerzentstehung anschauen, ist es so, dass wir Schmerzrezeptoren haben, die z.B. durch Verletzungen, durch Muskelverspannungen gereizt werden. Von diesen Rezeptoren wird der Schmerz weitergeleitet in unser Gehirn. Britische Forscher konnten nun zeigen, dass die Reizung von Wärmerezeptoren dazu führt, dass diese Schmerzrezeptoren gehemmt werden und wir auf diesem Wege dann weniger Schmerzen wahrnehmen, im Grunde ähnlich wie das auch Medikamente machen würden."
PD Dr. med. Martin Weigl, Leiter Physikalische u. Rehabilitative Medizin, LMU Klinikum Großhadern, München
Wärme bei Erkältungen
Ob Inhalation, Erkältungsbad oder Brustwickel: Auch in der Erkältungszeit setzen viele auf Wärme.
"Dadurch, dass die Durchblutung gesteigert wird, kommen natürlich die ganzen Abwehrstoffe, die dem Körper zur Verfügung stehen, um sich gegen Viren und Bakterien wehren zu können, schneller an den Ort des Geschehens, nämlich an die Schleimhäute, da wo meistens die Übertragung stattfindet und können somit eine ordentliche Schutzschicht bilden."
Dr. med. Gernot Brockmann, Facharzt für Allgemeinmedizin, München
Bei Gliederschmerzen ist ein 15-minütiges Erkältungsbad ideal. Gern auch mit ätherischen Ölen. Dies lindert außerdem Schmerzen im Brustbereich, die häufig bei Reizhusten auftreten. Bei Fieber sollte man allerdings nicht in die Wanne steigen. Einige Patienten schwören auf Inhalieren, wenn sie erkältet sind. Der warme Dampf wirkt schleimlösend. Ein altes Hausmittel: Zusätze wie Salz oder Kamille ins heiße Wasser und tief einatmen. Danach unbedingt zudecken und warmhalten.
Infrarotlicht soll bei hartnäckigen Infekten wie einer Nasennebenhöhlen-Entzündung helfen: Augen geschlossen halten und mindestens 30 cm Abstand halten, um Verbrennungen zu vermeiden. Dreimal 15 Minuten täglich sind perfekt.
Wärme fördert den Schlaf
Das kennen viele: Hat man kalte Füße, kann man schwer entspannen und einschlafen. Eine Studie zeigt: Socken können helfen tatsächlich, besser ein- und durchzuschlafen und sind insgesamt förderlich für die Schlafqualität. Übrigens: Wer ständig kalte Füße und Finger hat, sollte das mit seinem Arzt besprechen, es kann ein Anzeichen für ernsthafte Erkrankungen sein.
"Das Frieren in der kalten Jahreszeit ist erst mal was Normales. Der Körper versucht, seine Körperkerntemperatur bei 37 Grad zu halten. Verlieren wir Temperatur, also Wärme über Hände und Füße, werden die Gefäße dort eng gestellt und fühlen sich dann entsprechend kalt an. Allerdings sollte man hellhörig werden, wenn man auch in warmen gut beheizten Räumen, wenn man sich adäquat angezogen hat oder mit Handschuhen und Mütze, ständig friert. Da kann auch mal was anderes dahinterstehen, z. B. eine Stoffwechselerkrankung."
PD Dr. med. Rolf Weidenhagen, Chefarzt Gefäßchirurgie, München Klinik Neuperlach
Der Gefäßspezialist warnt außerdem vor zu viel Wärme. Damit ist nicht zu spaßen: „Vor allem Patienten, die Gefühlstörungen haben, beispielsweise eine Polyneuropathie, Diabetiker, die spüren den typischen Schmerzreiz, den man durch zu viel Wärme bekommt, nicht. Das heißt, Wärme wird appliziert und unter Umständen im gesamten Körper als angenehm empfunden. Man merkt aber nicht, dass man vor Ort das Gewebe schädigt. Als Beispiel dazu: Wenn man Eiweiß – und wir bestehen zum großen Teil aus Eiweiß – über 45 Grad erwärmt, das kennen Sie vom Hühnereiweiß, dann stockt es – wird weiß und dieser Prozess ist nicht mehr reversibel.“
Generell gilt beim Benutzen der Wärmflasche: Maximal 60 Grad heißes Wasser nicht zu voll einfüllen und gut verschließen. Nie direkt auf die Haut legen, nur mit Schutzhülle. Mit diesen Tipps kann man Wärme genießen!