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Geld Steigende Zinsen - so profitieren Sparer

Ende Juli hat die Europäische Zentralbank den Leitzins das erste Mal seit über zehn Jahren erhöht. Am 8. September wurde er um 0,75 Prozentpunkte erneut deutlich angehoben. Was bedeutet das für Sparer? Ist die Zeit der Negativzinsen endlich vorbei? Welche Geldanlagen machen jetzt Sinn? Finanzexperte Sebastian Hanisch hat die Antworten.

Stand: 09.09.2022

Symbolbild Zinsen | Bild: BR/Daniel Karmann

Am 8. September hat die EZB den Leitzins zum zweiten Mal angehoben - um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Damit reagiert sie auf die steigende Inflation, die im Euroraum im August bei 9,1 Prozent lag. Im vergangenen Jahrzehnt kannten die Leitzinsen nur eine Richtung: nach unten. Je niedriger die Leitzinsen sind, desto günstiger können sich Banken von der EZB Geld leihen. Damit sind auch Kredite für Verbraucher und Unternehmen bei den Banken günstiger. Die Folge: Privatleute bauen Häuser oder kaufen Autos – auf Pump. Unternehmen bauen neue Werkshallen oder investieren in neue, effizientere Maschinen – auch auf Pump. Häuser, Autos, Maschinen müssen aber erstmal gebaut werden. Die entsprechende Nachfrage führt zu einer erhöhten wirtschaftlichen Tätigkeit und tendenziell zu höheren Preisen.

Mit den höheren Zinsen verteuert die EZB jetzt die Kredite. Das führt grundsätzlich zum gegenteiligen Effekt - weniger Investitionen und weniger Käufe auf Kredit. Die Wirtschaft bremst ein wenig und die Preise werden nicht mehr so stark nach oben getrieben. Mit der Erhöhung der Leitzinsen müssen Banken zudem keine Negativzinsen mehr zahlen, wenn sie überschüssiges Geld über Nacht bei der EZB parken.

Mittlerweile verlangen viele Banken keine Negativzinsen mehr von ihren Kunden und zahlen auf Geldeinlagen wieder moderate Zinsen. Machen Geldanlagen wie Sparbuch, Tagesgeldkonten oder Festgeld für Sparer nun wieder Sinn?

Der Klassiker: Sparbuch

Das klassische Sparbuch, das heute oft als digitales Sparkonto angeboten wird, bietet wenig Zinsen und wenig Flexibilität, ist also wenig attraktiv.

Festgeld

Wer Geld jetzt über mehrere Jahre als Festgeld anlegt, bekommt je nach Bank, etwa zwischen 1,5 und 2 Prozent Zinsen.
Doch Vorsicht: Steigen die Zinsen weiter, hat man ein schlechtes Geschäft gemacht.
Und: Solange die Inflation über dem Zinssatz für das Festgeld liegt, verliert das angelegte Geld an Kaufkraft. Deswegen ist es bei den gegenwärtigen Zinsen nicht sinnvoll, Geld langfristig anzulegen.

Es kommt auf den Realzins an

Auch wenn die Zinsen jetzt wieder steigen, bedeutet das nicht, dass Sie sich mit dem Zinseszinseffekt ein Vermögen aufbauen können. Entscheidend ist die Inflationsrate. Die muss vom Nominalzins abgezogen werden.
Beispiel:
Sie bekommen auf 100 Euro 2 Prozent Zinsen. Das entspricht einem Plus von 2 Euro nach einem Jahr. Wenn die Inflationsrate 9,1 Prozent beträgt, dann hat Ihre Anlage jedoch 9,10 Euro an Kaufkraft verloren. Unterm Strich können Sie sich von den 102 Euro nach einem Jahr weniger leisten als von den 100 Euro 12 Monate vorher.

Tagesgeld

Tagesgeldkonten sind flexibler als Festgeld, weil man jederzeit an das Geld herankommt, allerdings sind die Zinsen sehr niedrig und liegen meist bei unter 0,5 Prozent. Die Realzinsen sind also auch hier negativ. Wer kurzfristig Geld parken muss, kann natürlich Tagesgeld nutzen.

Tipp:

Ganz grundsätzlich, egal ob Tages- oder Festgeld, achten Sie unbedingt auf die Einlagensicherung. Gerade wenn es sich um ein Institut mit Sitz im Ausland handelt, prüfen Sie, ob es den Regelungen der EU unterliegt, denn dann sind grundsätzlich 100.000 Euro pro Anleger abgesichert.

Gold

Gold, andere Edelmetalle und grundsätzlich Sachwerte, also auch Immobilien, sind "inflationsgeschützt". Das bedeutet vereinfacht gesagt, wenn alles teurer wird, werden auch Sachwerte einschließlich Gold teurer. Neben diesem Vorteil sollten sich Anleger aber auch der Nachteile bewusst sein: So hat Gold ein (hohes) Kursrisiko und es muss sicher verwahrt werden.
Deswegen gilt auch in Inflationszeiten: Wenn, dann nur einen überschaubaren Anteil des Vermögens in Gold investieren. Als Faustformel gilt: nicht mehr als 10 Prozent.

Aktien

Ähnlich wie Gold sind auch Aktien "inflationsgeschützt", da man mit Aktien ja einen Teil eines Unternehmens besitzt, und damit auch einen Teil der Fabriken, Maschinen, Produkte oder Patente. Wird alles teurer, werden auch diese Anteile an den Unternehmen teurer. Doch Aktien sind riskant. Unternehmen können pleitegehen.
Und: Angesichts der Energiekrise in Deutschland und Teilen Europas befürchten manche schon einen bevorstehenden Crash der Wirtschaft und der Aktienmärkte. Deswegen sollte nur in Aktien investieren, wer wirklich einen langen Atem hat und eine verlustreiche Durststrecke auf den Aktienmärkten aussitzen kann.
Und: Sie sollten die Anlage breit streuen. Das ist möglich mit so genannten ETFs. Das sind Fonds, deren Aktienauswahl sich an Aktienindizes orientiert. Am weitesten verbreitet ist dabei der Index MSCI World, der rund 1.650 Aktien aus 23 Ländern abbildet.

Fazit

Auch wenn die EZB endlich eine Zinswende eingeläutet hat, liegen die Leitzinsen noch weit unter der hohen Inflation. Damit wird es für Anleger erstmal nicht leichter. Wer die Inflation schlagen oder wenigstens halbwegs ausgleichen möchte, muss sich an die Aktienmärkte wagen, beispielsweise mithilfe von ETFs. Doch das ist riskant. Deswegen ist ein langer Atem gefragt.
Wer auf der anderen Seite kein Kursrisiko eingehen will oder kann, weil er sein Geld in absehbarer Zeit benötigt, muss mitansehen, wie das Ersparte im Moment durch die Inflation erheblich an Wert verliert.
Immerhin: Es lohnt sich jetzt, die Konditionen der Banken zu vergleichen. Welches Institut verlangt noch Verwahrentgelte und wie sieht es mit den Kontoführungsgebühren aus? Manche Banken reagieren hier im Moment schneller als andere.


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