Campus Reportage Abi20 - Abitur in Zeiten von Corona
Es sollte der Sommer ihres Lebens werden. Doch seit der Schulschließung wegen der Corona-Pandemie sind am Münchner St.-Anna-Gymnasium alle im Krisenmodus. Campus Magazin-extra berichtet vom Abitur in Zeiten von Corona.
Abi 2020. Endlich fertig mit der Schule, endlich frei und selbstbestimmt leben. Und dann das: Corona.
Die Schulen machen dicht, mitten im Jahr. So etwas gab es noch nie in Deutschland. Und das kurz vorm Abi. Was bedeutet das für die Abschlussprüfungen, können sie überhaupt stattfinden? Und wenn ja, wann und wie?
Die 30 min Campus Reportage „Abi in Zeiten von Corona“ begleitet die Abiturientinnen und Abiturienten des Münchner St. Anna Gymnasiums und ihre Lehrerinnen und Lehrer auf ihrem steinigen Weg zur Reifeprüfung.
Vom digitalen Feldversuch im Homeschooling, über den dreiwöchigen Crashkurs für die Prüfungen, bis hin zum Abi und der Zeugnisvergabe erleben wir die Höhen und Tiefen der Schülerinnen und Schüler in diesem besonderen Abiturjahr.
Abi-Vorbereitung im Homeschooling-Modus
Nach dem Lockdown findet Unterricht nur noch digital via Lernplattformen und Videokonferenzen statt: Homeschooling - ein Feldversuch Online in Echtzeit. Sich plötzlich alles selbst erarbeiten müssen, digitale Arbeitsaufträge erledigen und parallel für die noch ausstehenden Klausuren lernen - nicht alle können sofort umschalten auf einen völlig anderen Lernmodus ohne Lehrer*innen.
"Homeschooling, da fehlen allein schon so kleine aufmunternde Blicke vom Lehrer. Da fehlt das zusammen Lernen, einfach die Gesprächskultur in einem offenen Raum im Vergleich zu einer Skype Konferenz. Also ich glaube, das ist kein Modell, dass sich in der Zukunft erfolgreich durchsetzen wird."
Sophia
Manche klinken sich ganz aus und tauchen ab, auch für die Lehrer*innen.
"Die ersten 4 bis 5 Wochen bin ich eigentlich gar nicht vor Zwölf aufgestanden und dann hab‘ ich auch nichts gemacht. Ich hab‘ dann so immer eine Stunde Mathe pro Tag oder zwei gemacht, weil das alle gemacht haben, weil man da so ein bisschen in die Routine rein muss, aber an sich habe ich nichts gemacht."
Jonny
Andere kämpfen mit der Isolation in der Quarantäne und vermissen ihre Freundinnen und Freunde.
"Am Anfang bin ich morgens aufgewacht und hab‘ einfach geweint, weil ich so überfordert war mit der Situation, weil ich einfach nicht wusste, wie ich die einordnen soll, oder wie ich damit überhaupt umgehen soll. Erschwerend war während des Lockdowns, dass ich meine beste Freundin Hanna lange nicht sehen konnte und natürlich sehr vermisst habe."
Jamilah
Wochenlang nicht wissen, ob und wie das Corona-Abi ablaufen kann und ringen um faire Bedingungen für die Schülerinnen und Schüler. Nie gab es mehr Unsicherheiten rund um die Abschlussprüfung.
"Ich glaube für mich war während des Abiturs die größte Herausforderung die Ahnungslosigkeit, wie es weitergehen wird, ob überhaupt Prüfungen stattfinden, was genau ist. Wir haben ja auf jede Pressekonferenz hingefiebert und dann kamen doch wieder kaum Informationen. Das war schon immer sehr niederschmetternd."
Hanna
Was als Nächstes kommt, erfahren auch Lehrerinnen und Lehrer zuerst aus den Medien. Im Corona-Krisenmodus sind sie nicht schlauer, als ihre Schülerinnen und Schüler. Sonst gelten in der Schule klare Richtlinien und Vorgaben, jetzt ist vieles nur noch von Tag zu Tag planbar.
"Wenn ich dann sowas im Radio höre und Frau Krack ruft mich an und sagt hey, ihr habt es bestimmt gehört und wir wissen nicht mehr als ihr, dann finde ich dieses Informationsmanagement diese Informationskette irgendwie falsch."
Sophia
Irgendwann ist klar, die fehlenden Klausuren werden gestrichen und die um drei Wochen nach hinten verschobenen Abiturprüfungen in Bayern eingehalten. Zum Ausgleich werden die Schülerinnen und Schüler drei Wochen intensiv auf die Prüfungen vorbereitet – unter strengen Hygieneregeln, mit Masken, und es gilt eine Günstigerregelung für die bisherigen Noten in der Oberstufe, d.h. nur die besten Leistungsnachweise werden gezählt.
Rechnen die Lehrer damit, dass die Covid-19 Maßnahmen zu schlechteren Noten bei den Abiturientinnen und Abiturienten führt?
Am 20. Mai endlich ist es soweit – die Abiturprüfungen 2020 beginnen in Bayern mit Deutsch. Auf der Zielgeraden ist das „Corona-Abi“ nicht anders, als sonst. Wer starke Nerven hat und sich selbst auch ohne Lehrer*innen und Unterricht während des Shutdowns organisieren konnte, kommt gut durch. Mit einem Abiturdurchschnitt von 2,12 machen die Schülerinnen und Schüler am St. Anna Gymnasium das beste Abi seit es an ihrer Schule Aufzeichnungen gibt. Immerhin fünf Schülerinnen bekommen eine 1,0 und alle haben bestanden.
Abi 2020 - Kein Abistreich, kein Abiball
Der Jahrgang 2020 musste auf vieles verzichten, auch wenn Lehrerinnen und Lehrer wirklich alles gegeben haben für ein möglichst normales Abitur. Bei der Zeugnisvergabe à la Corona im drei-Schichtbetrieb kommt dann doch noch Stimmung auf. Alle sind froh und glücklich, dass es endlich vorbei ist, dieses ungewöhnlich Prüfungsjahr.
Abi in Zeiten von Corona.
Acht Leben, acht Geschichten in einer ungewöhnlichen Zeit. Sie haben sich selbst besser kennengelernt, die Schule plötzlich vermisst, konnten ihre Lehrerinnen und Lehrer ganz anders wertschätzen, waren manchmal verzweifelt, haben trotzdem tapfer durchgehalten und sich gegenseitig unterstützt.
Wir gratulieren Euch und wünschen alles Gute für die Zukunft!
Neugierig geworden? Hier gibt’s noch mehr zum Thema - die sechsteilige Web-Serie „Abi20“:
https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/campus/abi-in-zeiten-von-corona-verteilseite-100.html
Die Web-Serie ist auch im BR YouTube-Channel abrufbar:
youtube.com/br