Campus Reportage Zwischen Chemo und Klausuren - Studieren mit Krebs
Mitten im Studium die Diagnose Krebs zu erfahren, ist ein Schock. Doch die Chancen, die Erkrankung zu überleben sind besser als je zuvor. Aber nach dem Therapiemarathon weiter zu studieren, ist das zu schaffen?
Diagnose Krebs- ein Schock für Dimitri und Felix – zwei aktive Studenten, beide studieren im Bachelor. Dimitri Elektrotechnik an der Hochschule Bremen, Felix Pflege Dual an der Katholischen Stiftungshochschule München, dann bekommen sie die Diagnose: Krebs. Ihre Hoffnung: gesund werden, weiter studieren. Wie das nach der Therapie gelingen kann? Campus- Reportage begleitet sie bei ihrem Neustart im Sommersemester 2018.
Krebs - eine unerwartete Diagnose
Krebs betrifft zwar vor allem ältere Menschen, doch - Dimitri und Felix gehören zu rund 15 000 jungen Erwachsenen, die in Deutschland jedes Jahr an Krebs erkranken. Besonders häufig leiden junge Patienten an Lymphdrüsenkrebs-Erkrankungen, Leukämien aber auch Brust- oder Hodenkrebs. Die größte Gefahr geht von einer zu späten Diagnosestellung aus, denn die Überlebensrate junger Erwachsener ist vergleichsweise hoch, rund 80% der Betroffenen überstehen ihre Erkrankung.
Die Diagnose, wirft sie in jedem Fall aus ihrem bisherigen Leben, und das in einem Alter, das geprägt ist vom Wunsch, sich selbständig die eigene Zukunft aufzubauen. Während ihre Kommilitonen ins Auslandssemester starten oder für Klausuren lernen, sind sie herausgerissen aus ihrem Studentenalltag – und müssen erstmal überleben.
Erste Schritte zurück ins eigene Leben
Vollkommene Entwarnung gibt es für Betroffene leider nicht. Krebs ist eine chronische Erkrankung, die weiter überwacht werden muss. Außerdem haben Bestrahlungen, Chemo- und Antikörperbehandlung auch Nebenwirkungen, die Patienten noch nach dem Therapieende begleiten. Konzentrationsschwierigkeiten, Stress-Labilität oder depressive Phasen, die als Spätfolgen typisch sind. „Chemobrain“ nennen Experten z.B. die unmittelbaren Folgen für das Gehirn. Denn die Therapie greift nicht nur die Krebszellen, sondern alle Zellen im Körper an. Die Folgen: Körper und Seele leiden. Seine physische Schwäche belastet Dimitri am meisten. Felix kann nicht mehr im Schichtdienst als Pfleger arbeiten. Trotzdem: beide trainieren viel und konzentrieren sich jetzt wieder auf ihr Studium – und sie achten darauf, trotz Klausuren und Prüfungsstress ein ausgeglichenes, gesundes und bewusstes Leben zu führen.
Felix und Dimitri können dank ihrer Eltern, Familie und Freunde und mithilfe ihrer Hochschulen weiter studieren. Auch wenn sie bis zum Abschluss ein paar Semester länger brauchen als Gesunde.
Studieren trotz Krebserkrankung – wo gibt es Unterstützung?
Wer an Krebs erkrankt, sollte, so wie Dimitri und Felix möglichst bald nach der Diagnose die Hochschule über die Krankschreibung informieren.
Direkte Ansprechpartner können Studiengangkoordinatoren, Dozenten oder Professoren sein, viele Hochschulen, Universitäten und die Studentenwerke haben aber auch eigene Beratungsstellen für Studierende mit Behinderung und chronischen Erkrankungen.
Studieren mit Krebs
Anträge sofort stellen
Junge Krebspatienten bringen Diagnose und Therapie auch in finanzielle Schwierigkeiten: schnell hat man Berge an Rechnungen zu bezahlen.
- Einmalige Soforthilfe bietet der Härtefonds der Deutschen Krebshilfe
- Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse
- Vergünstigungen durch den Schwerbehindertenausweis
- Erwerbsminderungsrente beantragen
Immatrikuliert bleiben
Erstmal ein Kranken- oder Urlaubssemester beantragen - so riskiert ihr nicht, euren Studien- oder Wohnheimplatz oder die Familienversicherung über die Eltern zu verlieren. Rückmeldung nicht vergessen!
Wann exmatrikulieren?
Erst nach der Exmatrikulation zahlt der Staat Bedürftigen eine Hilfe zur Lebensgrundsicherung, also Hartz4. Manche Hochschulen bieten an, den Studienplatz „ruhen zu lassen“ - so könnt ihr den Semesterbeitrag sparen und später direkt ins nächste Semester starten.
Beratungsstellen an den Universitäten
Egal, ob es konkret um mehr Zeit beim Bearbeiten von Prüfungen oder bei der Abgabe von Hausarbeiten geht – ein Nachteilsausgleich steht Studierenden mit schweren und chronischen Erkrankungen zu. Das Inklusionsteam der LMU Universität fördert den Ausbau von Ruheräumen. In diesen Rückzugsorten können sich beeinträchtigte Studierende auf Prüfungen vorbereiten oder auch nach einer anstrengenden Vorlesung einfach ausruhen.
Die Betreuung an der LMU umfasst weiterhin Hilfen bei der Bücherausleihe oder beim Scannen von Studienunterlagen, falls sich Einschränkungen beim Sehen, Hören, Sprechen oder auch bei der Beweglichkeit und Belastbarkeit bemerkbar werden. Die einzelnen Fakultäten der Universität setzen seit kurzem eigene Inklusionstutoren ein. Diese können konkrete Fragen zur eigenen Fakultät beantworten und den Weg weisen, wie Betroffene mit Dozenten und Prüfungsamt in Kontakt kommen.
"Vielen Studenten und Studentinnen fällt es erst mal sehr schwer, auf uns zuzukommen. Wenn sie sich aber dazu überwunden haben, können wir als Universität ihnen auch mehr entgegenkommen."
Verena Weltz-Huber, Inklusionsteam LMU München
Wenn Betroffene oder Freunde und Familie eines/r Erkrankten Fragen zu sozialen und rechtlichen Aspekten der Krebserkrankung haben, helfen die Studentenwerke weiter. Die Einrichtungen kümmern sich um Themen wie Wohnen und soziale Absicherung und beraten betroffene Studierende zu Hilfsangeboten bei einer chronischer Erkrankung wie Krebs.