Mythos Kunst Was macht Künstler erfolgreich und Kunst wertvoll?
Manche Kunstwerke wechseln für Millionen den Besitzer. Für die meisten jungen Kunsthochschulabsolventen ein unerfüllbarer Traum. Wir haben den Münchner Galeristen Hubertus Reygers zum Sinn und Wert von Kunst befragt.
Wie kann man sich den Berufseinstieg eines jungen Künstlers, der von der Akademie kommt, vorstellen?
"Es ist immer schwierig, jemanden auszustellen, der grade frisch von der Akademie kommt. ... Es ist immer besser, wenn man schon eine Reihe Galerien vorweisen kann. Aber jeder muss ja mal anfangen."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Welche Art von Kunst muss ein junger Künstler mitbringen, um in einer Galerie ausstellen, ja verkaufen zu können?
"Die einzige Frage ist, passt es ins Konzept und ganz wichtig..: Steh ich als Galerist hinter dem Künstler…primär hinter seinen Arbeiten?.. Denn ich bin derjenige, der es hinterher verkaufen muss… Und wenn ich dann nach dem zweiten Satz schon ins Zweifeln komme, das merkt der Kunde. Und da tu ich dem Künstler keinen Gefallen."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Wann kann ein Künstler sagen, dass er es geschafft hat? Und kann er dann auch mit einem einigermaßen geregelten Einkommen rechnen?
"Wenn man als Student oder nach Abschluss der Akademie relativ erfolgreich war, das ist das eine Ding. Wenn man aber eine Familie gründet, wenn Kinder kommen und ist Alleinverdiener, das geht oft auf Kosten der Kreativität.. Da sind schon viele daran gescheitert und haben Kunst - Kunst sein lassen - und haben versucht, sich ans rettende Ufer als Kunstlehrer oder in irgendeiner Werbeagentur zu verdingen."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Wohin sollten sich junge Künstler wenden, wenn sie den Berufseinstieg als freie Künstler schaffen wollen? Auf was sollten sie achten? Geht da jede Galerie? Einen Tipp bitte!
"Ein Galerist muss eine gute Klientel haben, muss wissen, was die einzelnen Sammler suchen …., muss interessante Eröffnungen haben, Vernissagen. Das ist ein bisschen Showbusiness. Da muss ein bisschen Presse da sein, Fotografen.. da muss man überlegen, macht man mehr die Gesellschaftsschiene oder … geht man mehr auf das Feuilleton, um die Kunst nur als reine Kunst zu vermarkten?"
Hubertus Reygers, Galerist, München
Und, hat man es dann geschafft?
"Man muss immer am Markt sein, muss immer dranbleiben. Von selbst kommt´s selten."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Was sind Themen die heute beim Publikum ankommen, Provokantes wahrscheinlich?
"Es ist schwieriger zu provozieren, weil alles schon versucht worden ist."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Aber welche Themen dann, Politik?
"Also die Kunst hat auf jeden Fall den politischen Stachel verloren. Wenn man an Klaus Staek denkt mit seinen Plakaten: Arbeiter, die Unternehmer wollen eure Villen in der Toskana enteignen… das sind so politische Spitzen gewesen, das ist heute nicht mehr der Fall…Das ist in der Kunst nicht mehr so ein großes Thema und Politik generell sowieso nicht."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Was macht ein Kunstwerk wertvoll? Für manchen werden ja horrende Summen bezahlt. Gibt es Kriterien, anhand derer der Preis eines Kunstwerks bestimmt werden kann?
"Da gibt’s so viele Komponenten, was den Preis ausmacht. Natürlich gibt’s objektive Kriterien: Wenn einer von der Kunstakademie kommt, hat er erst mal bessere Chancen, als wenn er Autodidakt ist. Wenn er mehrere gute Galerien in seinem Lebenslauf vorweisen kann, einen guten Professor an der Akademie sowieso, große Ausstellungen, dann gibt´s die erste museale Ausstellung, so fügen sich die Puzzlestücke zusammen. Dann kann er auch gewisse Preise verlangen. Aber der Markt muss diese Preise auch hergeben.
Da es keine offiziellen Richtlinien für gute oder schlechte Kunst gibt, gibt’s auch keine Preisskala: das ist gute Kunst, die muss hoch bezahlt, werden, das ist schlechte Kunst, die muss niedrig bezahlt werden. Es spielt eben so viel mit hinein."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Wert ist also relativ, Politik ist eher auch kein Thema. Welchen Sinn hat Kunst dann überhaupt noch?
"Es ist zunächst mal ein Verlust überhaupt, weil die Jugend sich gar nicht mehr reibt und auch gar nicht versucht, den eigenen politischen Standpunkt durchzusetzen… Da fehlt was. Da fehlt was, weil man kann sich an der Kunst auch nicht mehr reiben, wie man es früher vielleicht konnte. Früher hat man sich aufgeregt: Unverschämtheit!, Schweinerei, Skandal! Heute hör ich das überhaupt nicht mehr.
Wenn man die praktischen Beispiele zum Beispiel in China sieht, wo die Regierung Künstler wegsperrt, weil ihnen die Kunst nicht gefällt und sogar gefährlich werden könnte, dann sieht man doch, was Kunst bewegen kann."
Hubertus Reygers, Galerist, München
Danke für das Gespräch
Hubertus Reygers
Inhaber der Galerie Reygers, älteste Galerie für Fotografie in München. Der studierte und bestens vernetzte Jurist Reygers hat seine Kunst-Leidenschaft zum Beruf gemacht.