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Graffiti-Akademie Nürnberg Auch sprayen will gelernt sein

Each one teach one: Dieses Prinzip ist ein fester Bestandteil der HipHop-Kultur. Und es ist das Motto von Carlos Lorente alias Crow. Also gibt der Nürnberger Sprayer sein Wissen weiter - in Deutschlands einziger Graffiti-Akademie.

Von: Matthias Rex

Stand: 27.06.2016 | Archiv

Style Scouts Nürnberg: Zu Besuch in Deutschlands einziger Graffiti-Akademie

Gerade in der Stadt ziehen einfarbige Wände Graffitis magisch an. Über Nacht kommen die Sprayer. Manche sprühen eilig ihre Signatur auf die Wand oder eine politische Parole. Andere fertigen im Schutz der Dunkelheit wahre Kunstwerke. Aber Kunst liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Deshalb tun die einen Graffitis als Schmiererei ab. Andere lieben sie. Zu Letzteren gehört Carlos Lorente. Er lebt in Nürnberg und hat einen coolen Job: Er ist Deutschlands einziger Graffiti-Lehrer.

"Das Bedürfnis von Menschen, Wände anzumalen ist schon ziemlich alt. Also ich glaube, 30.000 Jahre vor Christus gab es bereits erste Höhlenmalereien. Wenn man von dem Wort Graffiti ausgeht, von der Wortbedeutung: Graffito, Kratzbild, eigentlich Kratzinschriften, dann gibt es so was schon ewig. Seit es Menschen gibt, wird irgendwas in Wände eingekratzt."

Carlos Lorente alias Crow

In der Szene kennen Carlos Lorente alle nur unter seinem Künstlernamen: Crow. Der 38-jährige Nürnberger sprüht seit mehr als zwanzig Jahren. Ein Autodidakt, aufgewachsen in Ansbach. Als Bub hat Carlos seinen Onkel in Barcelona besucht. Dort gab es damals - anders als in Ansbach - eine lebendige Graffiti-Szene. Wieder daheim in Franken, wollte der Teenager das auch lernen. Er bestellte in der Buchhandlung das einzige verfügbare Buch über Graffiti. Tage später hielt er es in Händen. Die Enttäuschung war riesengroß: Die Bilder waren nur schwarz-weiß. Tipps zum Umgang mit den Spraydosen suchte Carlos im Buch vergebens. Auch kein Wort zur Rechtslage. Carlos warf das Buch in die Ecke. Im Laden für Autozubehör kaufte er sich einige Lackdosen und legte auf eigene Faust los. Zwanzig Jahre später verdient Carlos – jetzt unter dem Pseudonym Crow - mit Graffiti seinen Lebensunterhalt. Er unterrichtet als Kunstlehrer Graffiti an Schulen. Außerdem hat er die Graffiti-Akademie gegründet. Der Sprayer hat sie "Style-Scouts" getauft. Seine Workshops besuchen Schüler, Jugendliche und auch Senioren. Seine Ausbildung zum Mediengestalter gibt ihm dafür auch den theoretischen Hintergrund. Crow arbeitet mit kleinen Gruppen. Ein Workshop für Anfänger dauert drei bis vier Tage.

"Ich hatte keinen Mentor in dem Sinne, wenn es um Graffiti geht. Ich habe mir das selber beigebracht. Autodidaktisch. Ich habe mich immer für die HipHop-Kultur interessiert. Und Graffiti ist ein Teil der HipHop-Kultur. Und da gibt es dieses Prinzip: Each one teach one. Man soll ja das weitergeben, was man weiß und was man kann."

Crow

Die Graffiti-Akademie selbst ist im Z-Bau daheim. Das Nürnberger Künstlerhaus ist eine ehemalige SS-Kaserne. Hier hielten sich die Nazi-Generäle auf, wenn Hitler die Reichsparteitage hielt. Heute wird hier Bier gebraut. Musiker proben. Zirkusartisten studieren neue Stücke ein. Mittendrin: die Graffiti-Akademie. Crow kennt die Szene genau. Er erzählt, dass die ältesten illegalen Sprayer weit über 60 Jahre alt sind. Ungefähr 300 aktive Graffiti-Künstler zählt die bayerische Szene - nicht mitgerechnet die unzähligen Schmierer. Als besonders lebendig schätzt Crow die Szene in München, Nürnberg, Bamberg und Bayreuth.

"Graffiti ist für mich die direkteste Weise, wie man sich ausdrücken kann. In Form von einer Kunst, von einer impulsiven Kunst. Es ist ein Stück weit auch ein sichtbares Zeichen von Kreativität - und zwar in einer Stadt, in der Urbanität. Für mich gehört das fest zusammen."

Crow

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