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Mythos Kunst-Studium Frei und kreativ, aber brotlos?

Wer heute Kunst studiert, scheint auf einer anderen Spur zu laufen, als das Gros der Kommilitonen, die sich für BWL, Informatik oder Jura entschieden haben. Campus MAGAZIN beleuchtet den Mythos von der "brotlosen Kunst".

Von: Martin Hardung

Stand: 11.08.2018 | Archiv

Mythos Kunst-Studium: Frei und kreativ, aber brotlos?

Anders als in anderen Berufsfeldern erscheint das Berufsbild „Künstler“ besonders unscharf und wenig zielgerichtet, es ist schwer zu greifen. Und die Studierenden an den Kunstakademien sind so unterschiedlich, wie die beruflichen Wege, die sie später einmal einschlagen. Das Interesse an einem Kunststudium ist auch in der sog. „Generation Y“ in den letzten Jahren gewachsen.

Kunst studieren, um sich auszuprobieren

Michael hatte zunächst an der Münchner Kunstakademie auf Lehramt studiert, um eine sichere Berufsperspektive zu haben.

Jetzt hat Michael das Examen in der Tasche und hat sich entschlossen, weiter zu studieren: Freie Kunst an der Kunstakademie. Er spürt den Drang, die vergleichsweise freien Strukturen des Kunststudiums und die Möglichkeiten, die die Akademie ihm bietet, weiter auszuschöpfen. Er will sich als Künstler ausprobieren und einen eigenen Stil entwickeln. Er kann sich auch vorstellen, zu promovieren und sich auch auf der akademisch-theoretischen Ebene mit Kunst zu beschäftigen. 

"Ich habe während des Studiums gemerkt, dass ich ein wahnsinniges Interesse an der Sache habe, an der Kunst und gerne da weiter forschen würde. Ich habe sieben Semester Kunstpädagogik studiert und habe dann gemerkt: Der Gegenstand, mit dem ich mich beschäftige, der ist noch nicht abgearbeitet. Also da gibt’s noch so viel für mich, zu suchen, zu erfahren … ich hab die Möglichkeiten noch gar nicht ausgeschöpft, die hier an der Akademie vorhanden sind, auch im Theoriebereich."

Michael, Student der freien Kunst, Akademie der Bildenden Künste, München

L'art pour l'art?

Das "Ungewisse", die fehlende Planbarkeit des Kunststudiums und der künstlerischen Karriere nähren offenbar den Mythos Kunststudium, sowie den Mythos "Kunst" an sich. Kunst bedient schon im Studium Kategorien von Größe, von hohem Anspruch und ein Gefühl, irgendwie über den Dingen zu stehen.

Kunst muss frei sein

Ein Schlüsselbegriff für Kunststudierende ist „Freiheit“, die Freiheit, weitgehend selbstbestimmt studieren zu können und die Hoffnung darauf, diese Selbstbestimmtheit auch später als Künstler leben zu können.

"Kunst muss frei bleiben, frei sein. Ich habe mal spaßeshalber auch gesagt: Kunst ist der einzige Freiraum zwischen Knast und Klappsmühle."

Prof. Olaf Metzel, Bildhauer und Objektkünstler, Akademie der Bildenden Künste München

Kunst - Beziehung zur Gesellschaft

Constanza aus Chile macht Kunst mit gesellschaftspolitischem Bezug

Constanza hat in Chile ihren Weg zur Kunst gefunden. Weit weg von den Geschehnissen in ihrem Heimatland, setzt sie ihren Weg nun an der Kunstakademie in München fort. Was zuerst da war, ihr Interesse an Politik und Gesellschaft oder ihre Begeisterung für die Fotografie, kann sie nicht sagen. Beides befruchtet sich gegenseitig, ihre Kunst hat  immer auch einen Bezug zur Gesellschaft.

"Things that happen - I want to give somehow my opinion on it. So that would be kind of the  political side of it."

Constanza aus Chile, Studentin der freien Kunst, Akademie der Bildenden Künste, München

„Brotlose Kunst“ - Klischee oder bittere Realität?

Auf dem Kunstmarkt werden Milliarden umgesetzt. Doch nur ca. ein bis drei Prozent der Künstler können von ihren Werken leben. Große Ausnahmen bilden insbesondere die Star-Künstler, deren Werke sehr hohe Preise erzielen. Aber das Durchschnittseinkommen der großen Mehrheit ist nicht rekordverdächtig. Viele der Künstler in Deutschland leben am unteren Ende der Einkommensskala. Deshalb haben sie oft noch einen Zweit- oder Dritt-Job, viele von ihnen auch als Kunstpädagogen.

Kunst als Teil der Berufes birgt Chancen

Für Kunstlehrer, Kunsttherapeuten, (Innen-)Architekten oder Restauratoren, die an einer Kunstakademie studieren, sieht die Situation generell anders aus als bei freien Künstlern. Hier werden Berufsbilder angestrebt, die oft in Festanstellungen münden. 

Da Kunstakademien oft hervorragend ausgestattet sind mit Werkstätten und die Studierenden dort eine große Bandbreite von Techniken erlernen, können auch Berufsfelder wie Schreiner, Stuckateur, Schneider oder Restaurator eine Alternative sein - auch zum Beispiel für kunstinteressierte Abiturienten, die die Aufnahmeprüfung an einer Kunstakademie nicht bestanden haben. Möglich sind auch Berufe wie Kurator, Galerieassistenten oder Museumsleiter.

Kunst allein - wenige Künstler leben davon

Mela dürfte bald zu den ein bis drei Prozent derer gehören, die von Kunst leben können.

Mela hat bereits während ihres Kunststudiums Erfolg mit Ausstellungen. Sie hat Respekt vor politischer Kunst wie z.B. Ai Weiwei sie macht, oder die anderer Künstler, in deren Heimat oft Meinungsfreiheit und künstlerische Freiheit unterdrückt werden. Sie selbst hat mit gesellschaftspolitischen Bezügen in der Kunst aber nichts am Hut. Sie schöpft ihre künstlerischen Ideen aus den eigenen Erfahrungen und ihrem persönlichen Umfeld. „Typisch für die Generation Y“, meint ihr Kurator.

"Ich mache das halt echt jeden Tag. Ich bin jeden Tag hier und auch in meinem anderen Atelier war ich jeden Tag. Ich würde das auch machen, wenn es mir nichts einbringen würde. Weil es halt einfach so ein Drang ist. Also ich muss das einfach machen." Mela, Studentin der freien Kunst, Akademie der Bildenden Künste, München

Kunst - nur für Talentierte?

Neben Talent brauchen angehende KünstlerInnen für ihren Beruf Risikobereitschaft und ein Händchen für Selbstvermarktung. Freie Künstler sind selbständige Unternehmer. Es geht nicht nur um Kreativität, sondern immer auch um Persönlichkeit und Authentizität. Sie müssen ihre Ideen und Arbeiten Galeristen, Kunden, Sponsoren oder Mäzenen präsentieren. Allerdings: Die wenigsten bekommen hier einen Fuß in die Tür und können auch materiell erfolgreich als Künstler durchstarten. Aber wer es schafft, dem steht die Kunstwelt offen.


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