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Queer und Muslimisch Kampf gegen doppelte Diskriminierung

Zu halal für die Schwulenwelt, und zu haram für die Islamische? Der Stuttgarter Kommunikations-Designer Ridvan Cavuş sorgte in seiner Bachelor-Arbeit „Fuck The Cis-Tem“ für Sichtbarkeit von Mehrfach-Diskriminierten: Menschen die gleichzeitig gay und muslimisch sind.

Von: Malcolm Ohanwe

Stand: 27.05.2022 | Archiv

Homosexuelle Muslime: Eine Bachelorarbeit über ein Tabu

Wenn du in Deutschland an einen Deutschtürken oder an einen Muslim denkst, hast du nicht selten ein bestimmtes Bild vor Augen. Genauso verhält es sich, wenn du an schwule Männer denkst. Meistens sind diese Bilder Klischees und mit allerlei negativen Vorurteilen besetzt. Jetzt stell Dir vor, dass sich genau diese beiden Bilder in einer Person vereinen. Sich darüber Gedanken zu machen, welche Auswirkungen das für viele Menschen in unserer Gesellschaft hat; das passiert viel zu selten.

Queere Deutschmuslime – Ein fast unsichtbarer Teil unserer Gesellschaft, dachte sich auch der Kommunikations-Designer Ridvan Cavus und widmete seine Abschluss-Arbeit queer-muslimischen Identitäten. Sein Fotoband trifft einen Nerv, zwingt die heterosexuelle muslimische Community dazu, ihr Männerbild zu hinterfragen und die weiße queere Community dazu, ihren eigenen Rassismen zu reflektieren.

Fotos, die mit Klischees brechen

Cavuş hat für seine Arbeit erfolgreiche muslimische oder als muslimisch wahrgenommene Kunstschaffende abgebildet, die sich zwischen den Geschlechtern einordnen und/oder sich als bi-, homo-, pan- oder asexuell definieren, eben queer sind. Darunter finden sich unter anderem der deutsch-türkische Maler und Künstler Orkan Tan oder der Schüler Liandro. Die beiden Männer werden mit typisch weiblich besetzten Elementen wie Tüchern oder Make-Up abgebildet:

"Wenn Du diese Fotos siehst, erkennst Du sofort (worauf ich anspiele) Ich mein, würde ich jetzt dieses schwarze Tuch weglassen, dann würdest Du denken „Okay, das ist einer aus Europa, oder aus der westlichen Welt.“ Allein dieses eine schwarze Tuch bringt so viele Klischees mit und Vorurteile die da gebrochen werden."

Ridvan Ali Cavuş

DJ und AktivistIn Hengameh Yaghoobifarah

Die Foto-Reihe lichtet auch der*die Referent*in Hengameh Yaghoobifarah, welche*r sich als non-binär einordnet, also weder Mann noch Frau. Yaghoobifarah erklärt in dem Heft, dass er*sie trotz seiner*ihrer hellen Haut aufgrund des fremden Namens Rassismus-Erfahrungen macht und sich als Person of Color, also nicht-weiße Person, positioniert. Denn vor allem weiße Menschen bzw. Deutsche ohne (sichtbaren) Migrationshintergrund geben Muslimen und anderen People of Color oft nicht das Gefühl in der queeren Community akzeptiert zu werden und vergreifen sich im Ton.

„Sorry ich stehe nicht auf Kanaken!“

Bemerkbar machen sich Ausgrenzungserfahrungen von queeren Muslimen und die von anderen queeren Menschen of Color auf Dating-Apps wie Tinder, Grindr, HER oder Bumble. Nicht-weiße Männer werden von weißen Männern oftmals auf Fetische reduziert. Cavus erklärt, dass Schwarze und muslimische Männer oft die Rolle des hypermaskulinen Machos erfüllen müssen, er beschreibt das als „Dom Top“, der dominante aktive Partner in einer sexuellen Beziehung also. Auf dieses Korsett haben viele queere Muslime keine Lust.

"Mit der Arbeit breche ich dieses Klischee, was weiße Gays haben. Weil auf einmal ist da ein Schwarzkopf mit Make-up auf seinem Gesicht."

Ridvan Ali Cavuş

Rassismus kann sich aber auch viel expliziter äußern. Eine häufige Praxis auf Dating-App-Profilen ist das direkte Aussortieren nach ethnischer Herkunft. Cavus, der selbst auch ostasiatische, spezifisch uigurische Wurzeln hat, beschreibt das so.

"Dieses Online-Dating wird krass zu einem Rassismus. Man sagt keine Schwarzen, keine Fetten… Nach außen heißt es immer. Akzeptanz, Akzeptanz, Akzeptanz! Aber innerhalb der Community herrscht so ein krasser Rassismus."

Ridvan Ali Cavuş

Kein korrekter Lebensstil

Queere Muslims erfahren auch innerhalb der heteronormativ geprägten muslimischen Community viel Hass. Cavus musste mit einigen Leuten brechen, nur weil er sich für einen Weg jenseits des klassischen Rollenbilds eines muslimischen Manns geöffnet hatte. Weil viele Musliminnen und Muslime diesen gesellschaftlichen Druck von zu Hause nicht aushalten, wollen sich einige auch das Leben nehmen. Via Instagram erreichen Ridvan Cavus viele Leidensgeschichten. Für all diese Menschen hat der Stuttgarter eine klare Botschaft:

"Du kannst beides kombinieren. Es ist kein einfacher Weg. Das was du später ernten wirst, ist einfach nur Glück."

Ridvan Ali Cavuş


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