ARD alpha - Campus


4

Prof. Dr. Joachim Schultze, Mediziner Schwarmlernen - eine europäische Lösung für Künstliche Intelligenz

KI-Lösungen für die Zukunft, damit beschäftigt sich Prof. Dr. Joachim Schultze am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). Er hat dort das sogenannte „Schwarmlernen“ für europäische Anwendungen weiterentwickelt.

Stand: 20.09.2024

Prof. Dr. Joachim L. Schultze: Schwarmlernen - eine europäische Lösung für Künstliche Intelligenz

Mit zunehmender Digitalisierung und dem Einsatz von datenproduzierenden Sensoren in allen unseren Lebens- und Arbeitswelten werden wir in den nächsten Jahrzehnten eine Flut an Daten produzieren, die ohne künstliche Intelligenz (KI) für uns nicht nutzbar gemacht werden kann. Insbesondere in der Medizin gehen wir davon aus, völlig neue Daten wie Genom- oder Transkriptomdaten routinemäßig zu erheben und mit Hilfe von KI für eine bessere Medizin nutzbar zu machen. Bei der Entwicklung und Nutzung von KI Lösungen sind zurzeit die USA und China die führenden Nationen, die ihre spezifischen Sichtweisen bei der Entwicklung von KI-Technologien einbringen. Von den meisten Experten werden hier umfassende Abhängigkeiten für Europa erwartet. Werden wir mit dieser Entwicklung aber unserem europäischen Wertekanon gerecht, der unter anderem demokratische, gleichberechtigte, transparente Verfahren zum Nutzen aller Bürger als Ziel hat? Können wir überhaupt eine solche KI entwickeln?

In einem großen Team von Wissenschaftlern haben wir uns dieser Frage gestellt und haben eine technische Lösung entwickelt, die wir als Schwarm Lernen bezeichnen.  Dabei handelt es sich um einen dezentralen Ansatz für den Einsatz von KI, der Edge Computing, Blockchain-basierte Peer-to-Peer-Vernetzung und Koordination vereint und dabei Datensicherheit, Datenschutz die Datenvertraulichkeit ohne die Notwendigkeit eines zentralen Koordinators wahrt.

Um zu veranschaulichen, wie Schwarm Lernen angewandt werden kann, haben wir mit Hilfe von Schwarm Lernen Krankheitsklassifikatoren für COVID-19, Tuberkulose, oder Leukämie entwickelt. Schwarm Lernen basiert dabei auf dem europäischen Wertekanon für den Einsatz von KI: demokratische, gleichberechtigte, transparente Nutzung von KI zum Nutzen der Bürger. Und dabei kann das Prinzip nicht nur für medizinische Daten, sondern im Prinzip in allen Bereichen genutzt werden, bei denen große besonders schützenswerte Datenmengen anfallen, sei es in Smart Cities, einem intelligenten Stromnetz oder bei der autonomen Mobilität, um nur einige zu nennen.

Vita Prof. Dr. Joachim L. Schultze:

Joachim L. Schultze ist Gründungsdirektor der Systemmedizin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und Gründungsdirektor der PRECISE-Plattform für Einzelzellgenomik und Epigenomik am DZNE und an der Universität Bonn. Er studierte Medizin in Tübingen, verbrachte 10 Jahre am Dana-Farber Cancer Institute, Harvard Medical School, in Boston, bevor er mit einem Sofia Kovalevskaya-Preis der Humboldt-Stiftung nach Deutschland zurückkehrte. Er ist Koordinator der DFG-geförderten NGS-Kompetenzzentren in Deutschland und Sprecher des Westdeutschen Genomzentrums am Standort Bonn. Er bringt seine Expertise in mehrere EU-Konsortien ein. Er ist Experte für Makrophagenbiologie und arbeitet an der Schnittstelle zwischen Immunologie, Genomik und den Computerwissenschaften. Mit seinem Team war er der erste, der Memory Driven Computing und Swarm Learning in der medizinischen Forschung einsetzte. Sein Ziel ist es, Einzelzelltechnologien und Ansätze des maschinellen Lernens in den klinischen Bereich zu bringen. Er leitet mehrere Programme zur Anwendung von Einzelzelltechnologien, Memory-Driven Computing und Schwarmlernen bei Patienten mit Alzheimer, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, Lungenkrebs oder HIV. Er hat Forschungskooperationen mit HPE, Comma Soft, Boehringer Ingelheim, Becton Dickinson und anderen Unternehmen aufgebaut.


4