0

Franz Graf von Pocci Text-Kostproben

Stand: 07.03.2007 | Archiv

Beamtensatire

"KASPERL: Ich darf es gestehen: Ich leite mein Ministerium mit Umsicht, Vorsicht, Nachsicht, Durchsicht, Einsicht, Kurzsicht und noch verschiedenen anderen Sichten. Weiß ich nichts und fallt mir nichts ein, was eigentlich immer der Fall ist, so darf ich nur meine Ministerzauberfeder hinters Ohr stecken oder ins Tintenfaß eintauchen und meine Beschlüsse sind von salomonischer Weisheit."

Aus "Das Eulenschloß", worin Kasperl Minister wird

Verspottung der Wissenschaft

"KASPERL: Was fällt denn Ihnen ein? Flügelstutzen? Ich bin ja kein Vogel.
GERSTLMAIER: Das muß ich, als Gelehrter, besser wissen, wer du bist und zu welcher Spezies du gehörst."

Aus "Kasperl unter den Wilden": Auf einer fernen Insel hält Naturforscher Gerstlmaier Kasperl zunächst für einen exotischen Vogel.

Parodie auf das Theater

"Es ist zwar sehr pressant, daß wir fortkommen, allein auf dem Theater ist es üblich, daß man vorher noch eine Stund' lang diskutiert und dem Publikum sagt, daß man geschwind fort soll."

Aus "Kasperl in der Türkei"

Wortspiel à la Pocci

"EULE: Nun weiter.
KASPERL: Gut. Ich gehe weiter. (Will fortgehen)
EULE: Halt! Ich meine, daß du das Weitere hören sollst.
KASPERL: Sagen Sie mir lieber das Engere, das dauert nicht so lang."

Aus "Das Eulenschloß"

Wortspiel à la Valentin

"LIESL KARLSTADT: Was fehlt Ihnen den eigentlich?
KARL VALENTIN: Nun ja, das Rezept fehlt mir. (...)
L.K.: Ach so, für Ihr Kind. Also, das Kind ist krank. Was fehlt denn dem Kind?
K.V.: Dem Kind fehlt die Mutter."

Aus "In der Apotheke". Karl Valentin kannte vermutlich Poccis Texte. Angesichts der großen Ähnlichkeit bei der Vorliebe für Wortspiel, Kalauer oder Theaterparodie lässt auch die Valentin-Forschung den Schluss zu.

Pocci, der geniale Dilettant

"Ich war aber zumeist zersplittert und ließ vieles, was ich mit Begeisterung erfaßt habe, bald wieder liegen (...) Hätte ich mich einer systematischen Kunstbildung unterworfen, so empfände ich jetzt nicht das bittere Bewußtsein der Unvollkommenheit meiner künstlerischen Leistung; allein die Phantasie hatte sich meiner wie ein Dämon bemächtigt; ich übersprudelte an malerischen und musikalischen Ideen, deren keine die andere zur vollen Entwicklung und Geltung kommen lassen wollte (...)"

Selbstkritische Bilanz des 50-jährigen Pocci


0