Franz Graf von Pocci Macher des Münchner Marionettentheaters
Mit dem Puppentheater kam Pocci schon in der Kindheit in Berührung. Er wuchs am Promenadeplatz auf. Von dort hatte er es nicht weit zum benachbarten heutigen Lenbachplatz, wo er gern den Besuch der Dult mit der Kasperl-Bühne dem der Schule vorzog. Seine Mutter, selbst begabte Landschaftsmalerin, bremste den frühen Drang ihres Sohnes zum Zeichnen und Karikieren nicht.
Als 14-Jähriger begann er außerdem zu komponieren. Trotz - oder wegen - all dieser Talente bewogen ihn die Eltern zum Jurastudium. Nach dessen Beendigung erwarb er die Anwartschaft auf eine Beamtenstelle. Die Liebe zum Büroberuf stellte sich aber auch jetzt nicht ein, Pocci spielte mit dem Gedanken einer freien Künstlerexistenz.
Doch der Ruf des Königs war stärker: Ludwig I. berief Pocci 1830 als Zeremonienmeister an den königlichen Hof in München. Die weiteren Karrierestufen im Laufe seines 69-jährigen Lebens: Kammerjunker (1830) und Kammerherr (1839) unter Ludwig I., Hofmusikintendant (1847) unter Max II. und Oberstkämmerer (1864) unter Ludwig II.
Beamtensatiren
Pocci verstand es, nicht im tristen Beamtenleben zu versauern und trieb seine künstlerischen Aktivitäten voran. 1834 veröffentlichte er zusammen mit Guido Görres, Sohn von Joseph Görres und Herausgeber von Brentanos Märchen, einen "Festkalender", für den Pocci die Zeichnungen beisteuerte.
Franz Graf von Pocci
Aus seiner Feder stammten auch die Beiträge für die ab 1844 herausgegebenen "Fliegenden Blätter". Für die darin in Serie veröffentlichte Beamtensatire in Bildern erfand er die rasch sehr populär gewordene Figur des "Staatshämorrhoidarius".
"Um 9 Uhr da ziehn s' amal auf; um halb 12 Uhr geht's zum Schöppeln, um eins zum Essen, nachher zum Kaffee, nach a paar Stündeln aufs Bureau, den Einlauf durchsehen, wie ich s' immer reden hör; nachher zum Nachtessen z'Haus. Da werden die Buben gebeutelt, wer einen hat. Um 8 Uhr in die Herrng'sellschaft bis 11 Uhr. Das ist der Leben- oder Tageslauf eines Staatsdieners, und wenn er's einige Jahrln so durchg'macht hat, dann bekommt er einen Verdienstorden."
Aus 'Der Staatshämorrhoidarius'
Poccis Werk in Zahlen
- Mehr als 40 Kasperl-Komödien
- Etwa 600 Musik-Kompositionen
- Tausende von Zeichnungen und Karikaturen
Pocci war auch Mitglied der Münchner Künstlervereinigungen "Alt-England" und "Gesellschaft der Zwanglosen". Dadurch lernte er unter anderen die Dichter Clemens Brentano und Paul Heyse sowie den Publizisten Joseph Görres kennen.
Domizil am Starnberger See
1842 sprach König Ludwig I. Poccis Vater Fabrizius für dessen langjährige Dienste das kleine Schloss Ammerland zu. Franz von Pocci wohnte in dem Landsitz am Ostufer des Starnberger Sees mit seiner Familie bis zu seinem Lebensende im Jahr 1876.
Schloss Ammerland
Das idyllische Refugium war für ihn willkommener Ausgleich zu den vielen bürokratischen Schwierigkeiten, mit denen er als Hofmusikintendant, also als Leiter des Hoftheaters, zu kämpfen hatte.
Papa Schmids Puppenbühne
Auch wenn Pocci schon vorher Kasperl-Stücke geschrieben hatte, kam der entscheidende Anstoß für sein Leben als "Kasperlgraf" 1858. Ein gewisser Josef Schmid aus München erwarb damals das komplette Inventar für ein Marionettentheater.
150 Jahre Marionettentheater
Papa Schmid - wie er später genannt wurde - besaß aber weder Spielstätte noch -erlaubnis. Er wandte sich an Pocci und hatte damit Erfolg. Der Graf organisierte Genehmigung, Geld und einen Raum am Maximiliansplatz. Schmids Puppentheater fand beim Publikum derart Anklang, dass er es bald vergrößern musste.