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Mafia in Bayern Russen-Mafia - die neue Bedrohung aus dem Osten

Japanische Yakuza, chinesische Triaden, vietnamesischeche oder albanische Mafia - beinahe jede Spielart der Organisierten Kriminalität tummelt sich in Bayern. Natürlich haben sich im Freistaat längst auch Gruppierungen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion etabliert: die sogenannten "Diebe im Gesetz".

Stand: 14.03.2011 | Archiv

Tattoo mit Kreuz und Orden | Bild: Staatsanwaltschaft Kempten

Nicht nur 'Ndrangheta, auch japanische Yakuza, chinesische Triaden, vietnamesische, serbische, türkische oder albanische Mafia - beinahe jede Variante der Organisierten Kriminalität tummelt sich in Bayern. Und längst auch die aus Osteuropa: die Banden der sogenannten "Diebe im Gesetz".

Anfänge in der Stalin-Ära

Russland, Usbekistan, Kasachstan oder Georgien: die Outlaws aus dem Osten stammen aus den Ländern der Ex-UdSSR. Der "Dieb im Gesetz" (russ.: wor w zakone) entstand schon in den Gulags der Stalin-Ära.

Die Staatsführung hatte besonders die politischen Gefangenen im Visier. Um sie auszuhorchen, benutzte der damalige Geheimdienst KGB Kriminelle, die in der Lager-Hierarchie ganz oben standen.

Gulag

Aus ihnen bildete sich mit der Zeit eine Unterwelt mit ungeschriebenen Gesetzen, den "Diebesregeln", die auch außerhalb der Gefängnisse ihre Gültigkeit behielten. Diesem Ehrenkodex zufolge verhält man sich asozial, trennt sich von der Familie, geht keiner geregelten Arbeit nach, kooperiert nicht mit Behörden.

Geschichte, Regeln, Riten "Wir knien vor niemandem außer vor Gott"

Untereinander hat man jedoch - zumindest der Theorie nach - solidarisch zu sein. Die Führungsfiguren nennen sich "Diebe im Gesetz". Ihre Unbeugsamkeit, ihre kriminelle Vergangenheit und ihre Position in der Hierarchie dokumentieren sie durch zum Teil eindrucksvolle Symbole, die sie sich tätowieren lassen.

Gestatten, Mafioso und Geschäftsmann!

Eine geschlossene Mafia-Gesellschaft dieser Prägung existiert heute mehr denn je, zumal sie sich nach dem Zerfall der Sowjetunion weltweit ausbreiten konnte.

"Dach"-Verband Schutzgelderpressung auf Russisch

Neben den "Dieben im Gesetz" hat sich zudem ein neuer Cheftyp herausgebildet: die sogenannten "kriminellen Autoritäten". Trotz dieser Bezeichnung verstehen sie sich selbst eher als "Geschäftsleute". In Russland genießen sie zum Teil hohes gesellschaftliches Ansehen und werden juristisch kaum belangt.

Russen-Mafia in Bayern

Nach Erkenntnissen der Behörden hält sich diese Führungsclique in Bayern eher nicht auf. Sie verfügt aber über "Statthalter", die Straftaten in bestimmten Regionen organisieren und dazu "kriminelles Proletariat" beschäftigen, wie es der Mafia-Experte Jürgen Roth ausdrückt.

Stichwort: Abschtschjak

Russischer Slang-Ausdruck für Gemeinschaftliches, illegale Sozialkasse der Mafia. Jeder Angehörige zahlt einen Beitrag, der - wenn es sein muss - per Gewalt eingetrieben wird. Mit dem Abschtschjak werden aber nicht nur Mitglieder in Gefängnissen oder deren Angehörige unterstützt, sondern auch Drogenhandel finanziert, Anwaltshonorare oder Bestechungssummen bezahlt - und ein nicht unerheblicher Teil geht an die Bosse. Der Beitrag muss auch von Häftlingen geleistet werden.

Das der "russischen Mafia rekrutiert sich in Deutschland aus den meist jungen, sozial und kulturell nicht integrierten Russlanddeutschen und ehemaligen Sowjetbürgern". Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Kempten betrifft das vor allem das Allgäu und den Donauraum bei Ingolstadt und Regensburg. Die Mafia aus den Ländern der Ex-UdSSR hat sich laut bayerischem Verfassungsschutzbericht vor allem auf "Eigentumskriminalität, Rauschgift- und Waffenhandel, Schmuggel, Schutzgelderpressung und Geldwäscheaktivitäten" spezialisiert.

Georgische Straßen-Raubzüge

Ein neueres Phänomen in Bayern ist laut dem Kemptener Staatsanwalt Gunther Schatz die georgische Mafia. Sie beschaffe sich ihr "kriminelles Fußvolk" vor allem aus Asylbewerbern und Personen mit Duldungsstatus.

Georgische Mafia "Deutschland-Führung saß in München"

In manchen Städten schwärmen tagtäglich Banden von mehreren Dutzend Mitgliedern zu regelrechten Raubzügen aus. Im Gegensatz zu den verborgenen Aktivitäten von 'Ndrangheta und Co. handelt es sich hier um einfache Straßenkriminalität. Hochwertige Waren wie Schmuck, Parfüm, Designerkleidung oder Elektroartikel stehen in von Hehlern angefertigten Auftragslisten, die die Kleinkriminellen ausgehändigt bekommen.

Jeder einzelne von ihnen muss pro Tag Diebesgut im Wert von mehreren Hundert Euro abliefern, außerdem hat er den Abschtschjak zu leisten, den "Mitgliedsbeitrag", der an die "Diebe im Gesetz" im Ausland abgeführt wird. So erklärt sich auch, warum viele "Paten" in Russland und anderswo zum Teil milliardenschwer sind.

Spektakuläre Erfolge der Kemptener Ermittler

Diese Mafia-Banden agieren nicht nur in Bayern, sondern bundesweit, zum Teil organisiert in einer Art "Städte-Verbund". Zwar werden immer wieder einzelne Mitglieder beim Diebstahl erwischt, aber es gelingt nur selten, die Struktur dahinter aufzudecken. Doch der Nachweis organisierter Kriminalität ist notwendig, um nach §129 des Strafgesetzbuches (Bildung einer kriminellen Vereinigung) abzuurteilen.

Bundesweit eine der wenigen Behörden, die in diese Richtung arbeitet, ist die Staatsanwaltschaft Kempten. Nach jahrelangen, mühevollen Ermittlungen unter ihrer Federführung konnten Anfang 2011 mehrere Angehörige der russischen bzw. georgischen Mafia hinter Gitter gebracht werden. Bei zwei von ihnen gelang es der Staatsschutzkammer am Landgericht München I, nicht nur wegen Rauschgifthandels, sondern auch nach §129 zu verurteilen. Auf Gefängnisstrafen von zehneinhalb sowie von sechs Jahren und neun Monaten lautete am Ende der Richterspruch.

"Wir haben Abwanderungsbewegungen"

Solche Erfolge zeigen bei den Kriminellen offenbar Wirkung: "Wir haben Abwanderungsbewegungen" bei einem Teil der in Bayern aktiven Mafia aus Osteuropa, berichtet der Kemptener Staatsanwalt Gunther Schatz, der sich in den vergangenen Jahren in der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität profiliert hat. Doch solche Erfolge seien nur mit hohem persönlichen Engagement und enormem Zeitaufwand zu erzielen, räumt der Ermittler ein. Der Freistaat Bayern stelle aber auch, so betont Schatz, entsprechende Infrastruktur und Finanzmittel in einem Umfang zur Verfügung, der in vielen anderen Bundesländern nicht gegeben sei.


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