"Nimm du ihn" Interview mit Regisseur und Drehbuchautor Michael Hofmann
Woher stammt die Idee für "Nimm du ihn" und wie kam es zur Zusammenarbeit mit Bert Koß?
Michael Hofmann: Keimzelle des Films war eine Zeitungsmeldung über zwei Personen, die dagegen geklagt hatten, ihrem Vater im Alter Unterhalt zahlen zu müssen, da der sich nie um sie gekümmert hat und sie ihn seit 30 Jahren nicht gesehen hatten. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen, Kinder sind gegenüber ihren alten Eltern unterhaltspflichtig, egal, wie das Verhältnis war. Ich hielt diese Konstellation für eine vielversprechende Komödienprämisse, kam inhaltlich aber auf keinen grünen Zweig. Die Rettung nahte in Form von Bert Koß, für dessen Vermittlung ich Claudia Simionescu vom BR großen Dank schulde. Schon beim ersten Treffen schüttelte er die rettende Idee aus dem Ärmel, dass die Kinder den Vater gar nicht kennen, und schrieb in Rekordzeit eine neue Fassung, aus der wir das Drehbuch zimmerten.
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen vor allem die vier Familienmitglieder. Wie bist du beim Besetzungsprozess vorgegangen?
Michael Hofmann: Das Ensemble musste auf allen Ebenen funktionieren: Familie und Partner mussten glaubhaft, die Darsteller jedoch sehr verschiedene Typen sein. Natürlich mussten alle schauspielerisch auf einem (großartigen) Level sein, und nicht zuletzt musste die Komödie funktionieren. Als Erster stand Branko Samarovski fest und von ihm ausgehend haben meine formidable Casting-Agentin Nina Haun und ich das Puzzle zusammengesetzt und ein tolles Ensemble gefunden. Wir wollten unbedingt auch bei den kleinen Rollen das hohe Niveau halten und ich bin stolz darauf, dass uns dies bis in die kleinsten Verästelungen gelungen ist.
Auch wenn "Nimm du ihn" in erster Linie eine Familienkomödie ist, klingen auch tragische und evtl. sogar sozialpolitische Themen an. Was lag dir bei der Inszenierung besonders am Herzen?
Michael Hofmann: Jeder von uns hat Eltern, die Kindheit prägt uns lebenslang. Als Erwachsener um die 50 hat man schon viel erlebt und durchgemacht. Nicht selten wird einem gerade dann die Weichenstellung der Kindheit bewusst, denn man wird erneut mit seinen Eltern konfrontiert, die jetzt jenseits der 70 sind und manchmal besonderer Pflege oder auch finanzieller Zuwendung bedürfen. Die Rollen sind also vertauscht – das fand ich spannend. Im Film gibt es zudem die Besonderheit, dass die Kinder sich gar nicht an den Vater erinnern und mit einem Fremden und komischen Vogel konfrontiert werden, für den sie jetzt aufkommen sollen. Das alles geschieht im oft barschen Umgangston und bar jeder Sentimentalität, doch trotzdem mit starken Gefühlen. Diese "Urzelle" Familie zu zeigen, der man nicht entkommen kann, das lag mir am meisten am Herzen.
(Interview: Matthias Pasler)