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Bettina Ricklefs Vorschau auf das Filmjahr 2014

Beim BR-Filmbrunch am 17. Januar 2014 gab Bettina Ricklefs, Programmbereichsleiterin Spiel-Film-Serie, einen Ausblick auf das Filmjahr 2014.

Stand: 21.01.2014

Bettina Ricklefs (Leiterin PB Spiel-Film-Serie, Bayerischer Rundfunk). | Bild: BR/Theresa Högner

Menschen zum Nachdenken anzuregen oder zum Lachen zu bringen ist unser größtes Anliegen. Die Qualität der Stoffe ist für uns dabei das Entscheidende und die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlich relevanten Fragen unserer Zeit ein Fixpunkt.

Diesen hohen Qualitätsstandard einzuhalten wäre nicht möglich ohne unsere kreativen Partner, zu denen neben Autoren und Regisseuren, Kameramännern, Cuttern und Schauspielern insbesondere die Produzenten zählen. Auch in Zeiten großer Umbrüche, die die Medienlandschaft zurzeit erlebt, wollen und werden wir an der Seite der Kreativen stehen und ihnen im Bayerischen Rundfunk eine Heimat bieten.

In den letzten Monate haben wir viele gesellschaftliche und politische Themen aufgegriffen, ob historisch oder gegenwärtig, national oder international, ob fiktional oder dokumentarisch:

Zum Beispiel in den Dokumentarfilmen über "Die Reporter von Fukushima" (AT) oder über jugendliche Gewalttäter, die eine "Letzte Chance" (AT) in einem Anti-Agressivitäts-Training erhalten, einem der erfolgreichsten Projekte gegen Jugendgewalt in Deutschland. Im Fiktionalen erzählt "Das Ende der Geduld", nach dem Bestseller von Kirsten Heisig von einer Jugendrichterin, die sich mit dem Neuköllner Modell für ein vereinfachtes Jugendstrafverfahren einsetzt, auf Zusammenarbeit und Bildung setzt und für die die Kriminalitätsbekämpfung und Integrationsarbeit zusammen gehörte. In "Der blinde Fleck" steht der BR-Journalist Ulrich Chaussy mit seinen Recherchen zu dem blutigen Terroranschlag auf das Oktoberfest vom 26. September 1980 im Mittelpunkt und seine Suche nach der Wahrheit, die ihm zur Lebensaufgabe wurde. "Die Spiegel-Affäre" zeigt die erbitterte Fehde zwischen Franz Josef Strauß und Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein im Kampf um Demokratie, Moral und Ethik in der Politik und die Rolle der Presse als vierter Macht im Staat. "Ein neues Leben" (AT) erzählt vom Westen, der sich auf Kosten der Dritten Welt seine Wünsche erfüllt. "Landauer" (AT) ist die Geschichte des jüdischen FC Bayern-Präsidenten Kurt Landauer. Es geht um die Liebe zum Sport, um Schuld und Neubeginn, um Verlust der Heimat und einem, der Deutschland eine zweite Chance gibt, obwohl seine Familie von den Nazis ausgelöscht wurde. Mit "Let’s go!" von Michael Verhoeven wird der Roman „Von Zuhause nichts erzählt“ verfilmt - ein weiteres Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte, das so noch nicht gezeigt wurde.

Heimat und Regionalität ist auch weiterhin Schwerpunkt im Bayerischen Fernsehen. In der ARD zieht neben "Hubert und Staller" und "München 7" eine dritte Serie in den Vorabend. "Monaco 110" mit Monika Baumgartner und Markus Brandl spielt in einer Münchner Polizeiwache und erzählt mit Humor und einem guten Schuss Lokalkolorit von den Menschen in Haidhausen. Und unser Münchner Tatort-Team bekommt Zuwachs, Ferdinand Hofer spielt den neuen Assistenten.

Der Heimatkrimi "Die reichen Leichen" von Dominik Graf setzt diesmal Starnberg in den Mittelpunkt des Geschehens und „Im Schleudergang“ wird das Leben der temperamentvollen Wäschereibesitzerin Christa Bachmeier, dargestellt von der wunderbaren Gisela Schneeberger, weiterhin ordentlich durchgeschleudert.

An dieser Stelle möchte ich auf drei Formate hinweisen, die seit Jahren mit einer kontinuierlichen Selbstverständlichkeit in unserem Programm sind, deren Erfolg und Besonderheit aber nicht selbstverständlich sind.

Das ist die dokumentarische Reihe "Lebenslinien" mit ihren sensibel erzählten Biographien – im März zeigen wir außergewöhnliche Frauenbiographien.

Das ist unser Engagement bei Kurzfilmen. Es ist erstaunlich, welche Entwicklungen ästhetisch, formal und inhaltlich dort geschehen. In diesem Jahr wird es zehn Kurzfilmnächte mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten geben.

Und "Dahoam is Dahoam" geht in das achte Jahr und hat sich in diesen acht Jahren in einer Beständigkeit und Steigerung so sehr in die Herzen der Zuschauer gespielt, dass diese Serie auf dem täglichen Sendeplatz deutschlandweit fast eine Millionen Zuschauer erreicht. „Dahoam is Dahoam“ besitzt die treueste Fangemeinde, die man sich vorstellen kann, die tagtäglich an den generationsübergreifenden Alltagsproblemen und Geschichten in Lansing teil hat  und diese fast zu ihrem eigenen Familienleben werden lässt . Damit ist DID zu einer Marke geworden, die nicht mehr wegzudenken ist und sich auch deutlich verjüngt hat – mit und durch die vielen Netzaktivitäten. Mit bis zu 1,5 Millionen Page-Impressions jeden Monat ist sie eine der erfolgreichsten Seiten im BR.

Damit komme ich zu einer weiteren neuen Entwicklung der letzten Monate. Trans- und crossmediales Erzählen hat einen großen Stellenwert in unserem Programmbereich erhalten. Mit der Entstehung von "BR hoch drei" und dem beginnenden Reformprozess haben wir in unserem Programmbereich etwas umstrukturiert: Seit Mitte 2013 gibt es die Redaktion "Film aktuell und Transmedia". Sie beschreitet neue Wege des Geschichtenerzählens, die die rasante Veränderung der Medienlandschaft erst möglich machen – dies gemeinsam mit den bestehenden Redaktionen.

Bewegte Bilder – im Kino, im Fernsehen, im Netz, auf PCs, Tablets und Smartphones, Lean Back und Lean Forward – für jedes Projekt suchen wir nach der richtigen Form, die dem Wesen der Geschichte entspricht und sie noch mehr zum Leuchten bringt. So sind wir auch zukünftig wettbewerbsfähig, bedienen jüngere Zielgruppen und eröffnen unseren Zuschauern neue Erzählwelten über die Mediengrenzen hinweg. Bei einigen Projekten bieten wir auch die Möglichkeit, aktiv daran teilzuhaben.

Bei der Kinokoproduktion "Charleen macht Schluss" gibt es zusätzliche Inhalte, die man online in Charleens virtuellem Haus entdecken kann und einen Newcomer-Bandwettbewerb um die Filmmusik, in Kooperation mit PULS, dem jungen Programm des Bayerischen Rundfunks. Um das Herzstück des Fernsehfilms "Landauer" (AT) haben wir eine ganze Erzählwelt geplant und entwickelt: einen Dokumentarfilm, eine Webdokumentation, die Kurt Landauer in all seinen Facetten darstellt und uns mit historischem Material in die Fußballwelt der 30er und 50er Jahre eintauchen lässt, Location Based Storytelling - auf den Spuren Kurt Landauers durch München, eine interaktive Ausstellung im jüdischen Museum München, eine Fan-Choreographie in der Allianz Arena bei einem Spiel des FC Bayern und und und... bei diesem Projekt nehmen wir alle Fußballbegeisterten vom ersten Drehtag an mit zu den Wurzeln eines der erfolgreichsten Fußballvereine der Welt.

"24h Jerusalem" ist ein einzigartiges Dokumentarfilmereignis von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr morgens des nächsten Tages. 24 Stunden in dieser ebenso widersprüchlichen wie magischen Stadt, die seit Jahrhunderten Zentrum des Glaubens und Brennpunkt in der Politik ist, in Echtzeit im Fernsehen mit zu erleben ist schon ein unvergleichliches Ereignis. Bei diesem europäischen Experiment begleiten 70 Filmteams insgesamt 90 Protagonisten. Der Bayerische Rundfunk, ARTE Deutschland und ARTE Frankreich, das Norwegische Fernsehen und das Finnische Fernsehen strahlen gleichzeitig aus. Der Bayerische Rundfunk bietet darüber hinaus noch ein zeitsynchronisiertes Second Screen-Angebot, das den Zuschauern alle nötigen Informationen liefert, um in die faszinierende Welt der Religionen einzutauchen und die Wirrungen der Konflikte der vergangen Jahrzehnte erfassen und durchdringen zu können. Außerdem werden auf 24hjerusalem.tv den Nutzern sechs-sekündige Live-Videos, sogenannte Vines, die am Tag der Ausstrahlung von einem Team von Kameraleuten und Künstlern in Jerusalem produziert werden, präsentiert. Und die Zuschauer können auch selbst an dieser Aktion teilnehmen. So entsteht im Netz ein virales Projekt, das aus hunderten Puzzleteilen besteht und ein neues und faszinierendes Bild dieser einzigartigen Stadt entstehen lässt. Drei Beispiele für modernes Erzählen und auch hier sind wir angewiesen auf die Stärke und den Input der Kreativen und Produzenten.

Mit der fortschreitenden Bedeutung transmedialen Erzählens und der Etablierung neuer Internetformate werden sich zusätzlich neue filmische Formen etablieren. Diese wichtigen Weichenstellungen und Veränderungen der kommenden Jahre können wir nur gemeinsam mit unseren Partnern aus der deutschen Filmbranche realisieren.

Ich hoffe, dass uns die gemeinsame Lust am Erzählen, Schaffen und Kreieren so zusammenschweißt, dass wir in den momentanen Grundsatzdiskussionen für beide Seiten gangbare Wege finden, die uns die Freiheit ermöglichen, in der Substanz zu erzählen und die Qualität zu halten, für die wir doch alle einstehen. Nur gemeinsam werden wir die Umbrüche, Umstrukturierungen und rasanten Entwicklungen bestmöglich und klug gestalten können. Offenheit und Transparenz sind eine Basis dafür, aber auch die besondere Leidenschaft für spannende, abwechslungsreiche und interessante Filme, von denen wir Ihnen nun einige vorstellen möchten, die in diesem Jahr gezeigt werden.

Mein großer Dank an dieser Stelle an alle Partner, dem FFF Bayern, den Autoren, Regisseuren, Produzenten, den Teams, den Darstellern, Förderern und Hochschulen, allen voran der HFF München und nicht zuletzt meinem großartigen Redaktionsteam und den Kolleginnen und Kollegen des Bayerischen Rundfunks für die wunderbare Zusammenarbeit.

Ihre
Bettina Ricklefs

Programmbereichsleiterin Spiel-Film-Serie


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