Alltagsrassismus in Deutschland So wehren sich schwarze Musiker gegen Vorurteile
Hass mit Humor bekämpfen: In diesem Jahr sind drei Songs mit dem Refrain "Ich bin schwarz" rausgekommen. Jeder knüpft sich mit viel Ironie Klischees vor und bringt ein Vorurteil nach dem nächsten. Dürfen die das? Die dürfen das!
Sie verkaufen Gras, essen nur Hähnchen und können geil tanzen: Solche Vorurteile bekommen schwarze junge Leute in Deutschland ständig zu hören. Früher hätte sich die schwarze Rapperin Nura von der Band SXTN krass über sowas aufgeregt. Heute begegnet die Berlinerin den Kommentaren nur noch mit Humor. In ihrem Song "Ich bin schwarz" nehmen sie und Bandkollegin Juju genau diese Klischees über Schwarze auf.
"Bin musikalisch und beherrsch' den Bass / Und du siehst mich twerken mit mei'm fetten Arsch / Ich bin schwarz"
Text aus 'Ich bin schwarz' von SXTN
Nura sagt, sie wollte keinen Song über ihr Schwarzsein machen, sondern darüber, was andere Leute denken, was "typisch schwarz" sei. Das Lied wurde auf Youtube mittlerweile über 600.000 Mal geklickt und hat dabei mehr Dislikes als Likes bekommen. "Gegen Rassismus sein. Aber dann sagen 'ich bin lieber schwarz als totenblass', was für Heuchler", kommentiert einer. Nura macht sich darüber gar nicht so viele Gedanken und meint: "Muss ich das wirklich noch erklären?" Ihr Text sei halt einfach ironisch zu verstehen.
"Ich bin schwarz" ist eigentlich nur aus Spaß entstanden, so richtig geplant war der Song nie. Nura war es dabei aber wichtig, keinen Nazi-Hasstrack zu machen. "Wenn die meinen Song hören, dann regen die sich übertrieben auf und das ist ja das, was ich will." Als der Song am Ende dann auch noch auf die EP soll, da stimmt sie zu. Einfach, weil sie es lustig findet. Für den Videodreh haben die beiden SXTN-Mädels dann einen Aufruf auf Facebook gestartet und alle Freunde zusammengetrommelt.
"Hab' ich schon erwähnt, dass ich nur Chicken mag? / Raste aus, wenn jemand außer Juju 'Nigger' sagt"
Text aus 'Ich bin schwarz' von SXTN
Nura erlebt manchmal auch noch extremere Beleidigungen. Neulich saß sie mit einer Freundin in einem Berliner Café, dem Milch und Zucker. Da kommt ein Typ vorbei, erzählt sie, der sagt auffallend laut zu seinem Begleiter: "Ah, Milch und Zucker? Ja, mag ich auch. Ich hasse nämlich schwarzen Kaffee." Für Nura sind solche Situationen Alltag. Mittlerweile kann sie mit ihnen aber umgehen, sie schreit dem Fremden hinterher: "Nazi, das ist ein Nazi." Ganz laut, damit es alle mitkriegen.
Ganz schlimm findet Nura auch die Frage: Woher kommst du? – Aus Berlin. Ja schon, aber woher kommst du wirklich? – Aus Friedrichshain. Ja schon, aber woher kommst du so richtig. Woher kommen deine Eltern? Was soll man da noch sagen? Die Grundschulkinder wollten Nura früher immer in ihr krauses Haar fassen. Das passiert ihr sogar heute noch ständig. "Nein, du darfst meine Haare nicht anfassen", lautet ihre Antwort im Song.
"Ihr wisst Bescheid, ich komme aus Afrika / Kannst du afrikanisch ? – Nein. Alles klar.“"
Text aus 'Ich bin schwarz' von Ah Nice
Das Vorurteil, alle Schwarzen müssten aus Afrika kommen, verarbeitet auch der Youtuber Ah Nice in seinem Song. Der heißt übrigens auch "Ich bin schwarz". Dass Schwarze gerne in Schubladen gepackt werden, kennt er auch. Geile Haare, weiße Zähne, guten Style, renne schnell, liebe Chicken, dicke Lippen sind nur ein paar Klischees, die Ah Nice in seinem Song sammelt. "Die Vorurteile, die ich im Video erwähne, beschreiben mich eigentlich ziemlich gut und weil wir uns mit Freunden oft darüber lustig machen, kann ich auch humorvoll damit umgehen", erzählt er.
Sein Humor kommt an. Über 1,8 Millionen Klicks hat sein Video bekommen. "Kann das mal wer der AfD schicken", wünscht sich einer. Aber auch zweifelhafte Kommentare erreichen ihn: "Wenn ein Deutscher gesungen hätte, dass er weiß ist, wäre er ein Nazi." Ein anderer entgegnet: "Er ist Deutscher, also was soll der Kommentar?"
"Wer hat Angst vor der schwarzen Frau? Schrei, wenn ich komm' / Ich bin schwarz"
Text aus 'Afro Spartana (weil ich schwarz bin)'
In ihrer Debütsingle spricht auch die Kölner Rapperin und Sängerin Leila Akinyi über ihre Erfahrungen als Schwarze. Sie ist in Kenia geboren und kam mit sechs Jahren nach Deutschland. Leila unterscheidet Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe, sagt aber, sie selbst werde von anderen ständig daran erinnert, dass sie schwarz sei.
Nura von SXTN meint übrigens, dass mit den drei Songs noch längst nicht alle Klischees über Schwarze ausgespielt worden sind. Potenzial wäre also da für einen zweiten Part von "Ich bin schwarz".