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Ehegattensplitting Was bedeutet die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 für Ehepaare?

Das Ehegattensplitting ist wieder in der Diskussion, manche wollen es ganz kippen. Die Steuerklassen 3 und 5 sollen durch die geplante Reform der Steuerklassen abgeschafft werden, das Ehegattensplitting aber nicht. Was das finanziell für Ehepaare bedeutet.

Stand: 24.07.2024

Ehepaar sitzt vor einem Laptop an einem Tisch und lacht | Bild: mauritius images / Insta_photos / Alamy / Alamy Stock Photos

Was ist Ehegattensplitting?

Wenn das Einkommen in einer Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft stark unterschiedlich ist, wählen viele Paare die Steuerklassen III und V. Das bedeutet: Der Partner oder die Partnerin mit dem geringeren Einkommen lässt sich nach Steuerklasse V besteuern und hat monatlich höhere steuerliche Abzüge, der oder die mit dem höheren Einkommen profititiert dagegen mit Steuerklasse III und mit den Freibeträgen wie den Grundfreibetrag und den Kinderfreibeträgen.

Das Ehepaar wird quasi wie ein Steuerpflichtiger oder eine Steuerpflichtige, als wirtschaftliche Einheit angesehen: Das gemeinsame Einkommen wird rechnerisch halbiert, dann die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet, die Steuerschuld ermittelt und dann diese wieder verdoppelt.

Wer profitiert vom Ehegattensplitting?

Dabei kommt derjenige oder diejenige mit dem höheren Einkommen monatlich eindeutig besser weg. Der Grund dafür: Hohe Steuersätze durch die Steuerprogression, die höhere Einkommen überproportional höher besteuert, werden durch das geringere Einkommen des oder der anderen abgemildert. Je größer der Unterschied zwischen den beiden Einkommen, desto größer ist auch die Steuer-Ersparnis.

Diese Steuerklassen beeinflussen zwar nicht die tatsächliche, endgültige Besteuerung der Eheleute, aber "sie ermöglichen es Paaren, bis zur finalen Steuererklärung mehr Geld zur Verfügung zu haben, ein zinsloser Kredit vom Finanzamt quasi", so die deutsche Presseagentur. Am Jahresende müssen dann zwar in manchen Fällen Steuernachzahlungen geleistet werden, die Steuererparnis durch das Ehegattensplitting kann dennoch mehrere tausend Euro pro Jahr betragen.

Nachteile Ehegattensplitting

Für denjenigen oder diejenige mit dem geringeren Einkommen – und das ist in vielen Ehen die Frau – entstehen verschiedene finanzielle Nachteile, besonders mit Sicht auf die Rentenansprüche und die Möglichkeit eines Scheiterns der Ehe. Beim Ehegattensplitting bekommt der Partner oder die Partnerin, die mit Steuerklasse V veranlagt wird, wegen ihres geringeren Nettoverdienstes auch weniger Krankengeld, Elterngeld, Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld I. Und die Rentenansprüche aus einer Ehe an den besserverdienenden Partner beziehen sich auch nur auf die Dauer der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft.
Eine Zusammenveranlagung bei der Steuer kann auch einseitig wieder aufgehoben werden, auch ohne Zustimmung des Partners, schreibt finanzfluss, ein Finanzportal für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wird das Ehegattensplitting abgeschafft?

Die aktuellen Pläne der Bundesregierung zu einer Steuerreform, die im Juli 2024 als Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wurden, bedeuten nicht das Ende des Ehegattensplittings: "Die Reform der Steuerklassen dient auch in Zukunft der Umsetzung des Ehegattensplittings beim Lohnsteuerabzug. Die familiäre steuerliche Belastung verändert sich durch die Reform nicht. Lediglich der monatliche Nettoarbeitslohn für jede Partnerin oder Partner können sich hin zu einer gerechteren Verteilung verändern", schreibt das Bundesfinanzministerium.

Welche Steuerklasse nach Heirat?

Ehepaare sollen ab 1. Januar 2030 automatisch beide in die Steuerklasse 4 mit dem sogenannten Faktorverfahren kommen. Das heißt, beide Eheleute werden gleich besteuert, nachdem der Steuertarif vom Finanzamt an die einzelne Einkommenssituation inklusive nutzbarer Freibeträge angepasst wurde. Das hieße, dass monatlich meist höhere Abzüge fällig wären. Aber auch beim Faktorverfahren würde automatisch das Ehegattensplitting weiter angewendet – beide Eheleute könnten eine gemeinsame Steuererklärung abgeben, beide Einkommen würden zusammengerechnet. Und der Ehegattensplitting-Vorteil würde am Ende des Jahres bei der Einkommenssteuererklärung erstattet. Unter dem Strich bliebe die Besteuerung von Ehepaaren also in der Gesamtheit gesehen gleich.

Ehegattensplitting abschaffen?

Die Bundesregierung will die beiden Steuerklassen abschaffen, um mehr Steuergerechtigkeit zu schaffen. Die alte Regelung fördere Ungleichbehandlung und festige alte Rollenbilder, so die Meinung der Bundesregierung. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) argumentiert für eine komplette Abschaffung des Ehegattensplittings, denn es belohne Einkommensunterschiede und gebe so Anreize, dass Frauen nur in Teilzeit arbeiten. Das führe zu geringeren Rentenansprüchen und mehr Altersarmut bei Frauen.

Der Bund der Steuerzahler lehnt die Abschaffung des Ehegattensplittings ab. Der Wegfall des Splittings würde für viele Paare eine Steuererhöhung bedeuten. Rechenbeispiel des Bunds der Steuerzahler bei einer Abschaffung des Ehegattensplittings: Ein Ehepaar, bei dem der eine Partner 30.000 Euro/Jahr verdient und der andere 50.000 Euro/Jahr, zahlt mit Ehegattensplitting 14.990 Euro Einkommenssteuer, bei einer Individualbesteuerung wären das 15. 352 Euro. Das wären dann 362 Euro mehr im Jahr.

Quellen: finanztip, finanzfluss, Bundesfinanzministerium zu Reform der Steuerklassen, Bund der Steuerzahler

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https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/christiane-von-hardenberg-finanzexpertin-es-ist-nie-zu-spaet-anzufangen/bayern-1/13096317/


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