Faszien Was sind Faszien und wie gut sind Faszienrollen?
Was genau sind Faszien? Braucht man wirlich eine Faszienrolle, um diese zu unterstützen und wie kann man Faszien trainieren? Wir haben den Orthopäden Dr. med. Harry Böthig gefragt.
Was sind Faszien?
Faszien sind Gewebestrukturen, welche den Körper zusammenhalten und Knochen und Gewebe vor Gewalt schützen. "Ohne Faszien wäre eine aufrechte Haltung nicht möglich, es wäre Bewegung nicht möglich, es wäre Kraftaufbau nicht möglich, es wäre leben nicht möglich", erklärt Orthopäde Dr. Böthig. Es ist ein universeller Baustoff, der den ganzen Körper durchzieht, Organe umhüllt, Form und Struktur gibt und Bewegung, Kraft und Funktion überhaupt erst zulässt.
Genau genommen bestehen Faszien aus Bindegewebsfasern, Zellen und Flüssigkeit. Die festen Fasern sind die Kollagene. Wirbeltiere bestehen zu 30 Prozent aus diesem festem Kollagengerüst. Auch Knochen sind verkalkte Faszien. Das zweite Strukturprotein ist das Elastin. Das ist besonders beweglich, ähnlich wie ein Gummi – wenn man es auseinanderzieht, hat es die Kraft sich wieder zusammenzuziehen. "Einmal haben wir die Kraft der Stabilität und dann die Fähigkeit der elastischen Biegsamkeit", so unser Experte.
Neben dem Kollagen und dem Elastin gibt es noch Zellen, die Fibroblasten und die Matrix. Das ist die Flüssigkeit, die alles umschließt und die Struktur versorgt – diese besteht aus Wasser- und Zuckermolekülen. "Es ist dehnbar und trotzdem reißfest – die Qualität dieser Strukturen ist immens", so Dr. Böthig.
"Um es zusammenfassend zu sagen, Faszien haben folgende Grundfunktionen: Sie halten die Form, umhüllen, polstern und stützen, geben dem Wirbeltier die Form, sie bewegen, sie helfen bei der Kraftübertragung, können Kraft speichern und impulsartig loslassen (springen) und versorgen den Körper", erklärt der Mediziner. Ohne Faszien könnte der Muskel seine Kraft nicht entfalten. Faszien hingegen können auch unabhängig vom Muskel kontrahieren.
Wie wichtig ist Faszientraining?
Faszientraining und vor allem die Faszienrolle sind momentan en vogue. "Faszientraining gibt es aber schon seit langem, Gymnastik etc., war genauso schon Faszientraining", so Dr. Böthig. Und das ist auch gut, denn das Training ist wichtig, um die Funktion zu gewährleisten. Ganz wichtig dabei sind Dehnübungen. "Es wird heutzutage zu wenig und falsch trainiert, denn es wird nicht ausreichend gedehnt. Dadurch können Schmerzen entstehen und das sind oft Faszienschmerzen", so Dr. Böthig. Er erklärt weiter: "Man muss richtig trainieren, man muss kräftigen, weniger sitzen: Das Ziel sollte die Wartung und Pflege des Fasziennetzes des ganzen Körpers sein." Schon zwei Mal die Woche zehn Minuten intensives Dehnen reichen, um die Faszien gut zu unterstützen.
Was genau bedeutet Faszientraining?
Faszientraining betrachtet den ganzen Menschen und aktiviert die Muskelketten mit dem Ziel das Bindegewebe zu beleben und zu regenerieren, es vital und geschmeidig zu halten. Das ist die Voraussetzung, dass der Muskel arbeitet und eine gute Leistung erzielen kann. Besonders gut hierfür sind funktionelles Training, Yoga oder Pilates.
Faszienprobleme Symptome
Nackenschmerzen, bohrender Nackenschmerz, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Schwellungen oder Taubheitsgefühle können Symptome dafür sein, dass etwas mit den Faszien nicht stimmt. Faszien haben viele Nerven und Nervenendigungen, sind empfindlich und können dadurch schnell Schmerzen hervorrufen. Auch Stress ist ein großer Faktor und kann zu Verspannungen führen.
Oft hängen Beschwerden, die man vielleicht nicht auf den ersten Blick mit Faszien in Zusammenhang bringt, aber trotzdem mit diesen zusammen – hier lohnt sich oft ein genauer Blick. Lassen sich die Schmerzen nämlich auf Faszien zurückführen, kann oft mit einer manuellen Behandlung Linderung verschafft werden. "Faszienbeschwerden oder Faszienverformungen kann man mit gezielten und gelernten Handgriffen zurückformen", weiß Dr. Böthig.
Wie gut sind Faszienrollen?
Das Trainieren mit einer Faszienrolle kann ein Teil der Faszienfitness sein, ersetzt aber nicht das Dehnen. Sie hat mehr eine Art Massagefunktion bei der die Flüssigkeit der Faszien durch das Gewebe gepresst wird. Wichtig ist, dass man langsam in beide Richtungen, hoch und runter mit gewissem Druck mit der Rolle arbeitet. Wichtiger für die Faszien ist und bleibt allerdings das gezielte Training mit Dehnübungen und sinnvoller Belastung – gegen wirkliche Schmerzen oder um Schmerzen vorzubeugen hilft die Rolle allein nicht. "Wenn dann trotzdem bei einer Verletzung oder Myogelose (Muskelverspannung) noch irgendwo eine Verhärtung ist, dann kommt die Rolle ins Spiel", sagt Dr. Böthig. Die Rolle kann für eine kurzzeitige Besserung sorgen, sie ändert aber nichts an der Ursache.
Hören Sie hier Klaus Eder, Physiotherapeut auf der "Blauen Couch": Natürliche Behandlung im Leistungssport
https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/klaus-eder-physiotherapeut-ueber-natuerliche-behandlung-im-leistungssport/bayern-1/12320725/