Spleen Warum unser Gehirn Zahlen so sehr liebt
Das Klopapier umhängen, wenn es falsch hängt, Dinge an der Tischkante oder in Symmetrie ausrichten - ein Spleen ist nicht nur normal, sondern sogar gesund. Warum, das hat uns Psychologin Dr. Fanny Jimenez erklärt.
Die eine mag es auf dem Tisch und im Schrank gerne immer symmetrisch, die andere hängt die Klopapierrolle überall um, wenn sie falsch herum hängt. Die Knopfleiste der Bettdecke muss immer unten sein oder es muss grundsätzlich immer ein Happen auf dem Teller liegen bleiben: Viele von uns haben so einen Spleen oder seltsame Marotten. Psychologin und Wissenschaftsjournalistin Dr. Fanny Jimenez, Autorin des Buchs "Ich und mein Spleen. Was wir tun, wenn wir alleine sind", erklärt, warum wir uns über solche Angewohnheiten keine Sorgen zu machen brauchen: "Wenn man das Verhalten willentlich jederzeit unterbrechen kann und das einem keine größeren Probleme macht, wenn man keinen Leidensdruck verspürt und auch nicht die Menschen um einen herum, dann ist in der Regel alles in Ordnung."
Spleens gesund
Was andere vielleicht befremdlich oder seltsam finden, also Spleens und seltsame Angewohnheiten, können uns selbst im Alltag sehr nützlich sein. Genauer gesagt, für unser seelisches Gleichgewicht. Das erklärt Dr. Jimenez so: "Marotten sind sehr gesund, weil sie wie kleine Helferlein oder gute Freunde immer dann einspringen, wenn wir sie brauchen und oft merken wir es noch nicht mal. Das hat sich unser Gehirn ziemlich schlau ausgedacht, denn das sind Automatismen, die immer greifen, wenn es einen Moment der Anspannung gibt. Sie helfen uns, uns zu entspannen, die Welt ein bisschen vorhersehbarer und strukturierter zu erleben. Und damit Stress und Ängste zu reduzieren."
Zahlen-Spleen
Auf der Fernsehfernbedienung bei der Lautstärke oder beim digitalen Radioprogramm nie die Zahl 13 oder 17 auszuwählen oder möglichst nur Zahlen zu wählen, die durch zwei oder durch 5 teilbar sind. Unsere Expertin sagt dazu: "Es gibt ganz viele Spleens, die sich um Zahlen drehen. Das hat damit zu tun, dass unser Gehirn eine Problemlösemaschine ist und das Gehirn liebt Zahlen. Es gibt ganz viele Menschen, die, wenn sie im Stau stehen, Quersummen bilden aus den Nummernschildern vor und neben sich. Oder auch im Wartezimmer in einer Praxis anfangen, die Fenster zu zählen. Oder die eigenen Schritte, wenn sie zum Bus laufen."
Doch warum tun wir das? Rechnen, zählen, Zahlen teilen oder addieren in Gedanken? Das tut unser Gehirn gern und zwar aus folgenden Motiven, so Dr. Jimenez: "Das hängt damit zusammen, dass das Gehirn Langeweile ziemlich blöd findet und sich dann gerne Zahlen sucht. Und das Schöne am Beispiel mit dem Rechnen: Es erzeugt ein Gefühl von Symmetrie und Symmetrie ist etwas, was das Gehirn unglaublich liebt. Weil es sehr geordnet aussieht und weil es uns das Gefühl gibt, einen Überblick zu haben, dass wir die Kontrolle haben." Unser Gehirn verbinde einfach "Symmetrie" mit sehr vielen positiven Eigenschaften - mit Ordnung und mit Gerechtigkeit - das fühle sich gut an, so die Psychologin.
Der Freund oder die Freundin hat einen Spleen - ansprechen oder nicht?
Ganz viele Spleens bemerke man selbst gar nicht, so Dr. Jimenez, sondern die Menschen um einen herum - die Partner, die Eltern, die Kinder, die Freunde. "Mein Tipp: Sprecht darüber zu Hause, wenn ihr das bemerkt, bei euch selbst, bei Freunden, bei Partnern. Um festzustellen: Woran liegt das eigentlich, welches Gefühl gibt mir das eigentlich, wenn ich zum Beispiel meine Wäsche farblich sortiert aufhänge oder warum gibt es immer Streit darüber, wie die Spülmaschine eingeräumt ist." Jeder wolle für sich das Gefühl der Ordnung herstellen in der eigenen Logik und da gäbe es wenig "Richtig" oder "Falsch". "Bei der Spülmaschine schon, denn es gibt eine Studie von Physikern, wie man die optimal einräumt."