Nein sagen lernen So schaffen Sie es, häufiger Nein zu sagen
Nein zu sagen fällt vielen schwer. Wir sagen oft Dinge zu, die wir nicht leisten können. Psychologe Rolf Schmiel erklärt, wie man Nein sagen lernen kann. Und er beschreibt, warum man bei Absagen keine Begründungen liefern muss.
Der Kollege bittet Sie darum, noch schnell etwas für ihn zu übernehmen? Im Elternbeirat oder im Verein haben Sie schon wieder zeitraubende und undankbare Aufgaben übernommen, obwohl Sie das eigentlich nicht wollten. Sie konnten also mal wieder nicht Nein sagen? Hier gleich ein kleiner Trost für Sie - man kann das Neinsagen üben und lernen. Unser Psychologe Rolf Schmiel rät zuallererst, sich Zeit zu verschaffen bei der Antwort: "In dem Moment, in dem ein Impuls kommt, jemand uns eine Frage stellt oder aber wir etwas Bestimmtes wahrnehmen, reagieren wir häufig zu schnell. Hier ist die Idee einen kleinen Puffer einzubauen, in dem man zum Beispiel erst mal Nein sagt und nach dem Nein darüber nachdenkt, ob man es tun will. Und dann sagt: 'Ach, ich hab es mir überlegt, ich machs doch für dich.' Oder sich in anderen Situationen einfach traut zu sagen: 'Darüber muss ich noch einmal nachdenken.'"
Woher kommt die Angst, Nein zu sagen
Warum fällt es uns aber so schwer, das kleine Wörtchen "Nein" auszusprechen und uns damit abzugrenzen. Warum sagen wir manchmal einfach Dinge zu, die wir gar nicht leisten können oder wollen? "Das hat wirklich ganz viel damit zu tun, dass wir fürchten, wenn wir Nein sagen, später selbst Ablehnung zu erfahren. Das Gegenteil ist aber der Fall: Die, die immer Ja sagen, die fallen hinterher in der Aufmerksamkeitskette hinten runter, weil die sagen ja sowieso immer Ja. Diejenigen, die man bitten muss, die so ein leicht divenhaftes Verhalten zeigen, dann aber pünktlich und zuverlässig abliefern, die sind deutlich begehrenswerter." Oder anders ausgedrückt schreibt Rolf Schmiel es in seinem Buch "Psychohacks für ein glückliches Leben": "Der Beliebteste in einer Gruppe ist nicht der, der zu allem Ja und Amen sagt, sondern der, der eine klare Haltung hat."
Zu wem wir schlecht Nein sagen können
Bei einer Umfrage des Statistischen Bundesamts zum Thema "Bei wem fällt es Ihnen besonders schwer, Nein zu sagen?" war 2012 die häufigste Antwort bei Frauen: bei meinen Freunden (61 Prozent), bei meinem Kind (48 Prozent) und bei meinen Eltern (48 Prozent). Männer gaben an, ihnen falle ein Nein besonders bei den Freunden (57 Prozent), bei der Partnerin (52 Prozent) und den Eltern (51 Prozent) am schwersten.
Nein sagen lernen
Nein sagen kann man tatsächlich trainieren. Und dazu empfiehlt Rolf Schmiel dort zu üben, wo es keinem anderen wehtut - er nennt das den Kellnertrick. Wenn ein Kellner oder eine Kellnerin Sie in einem Restaurant fragt, ob Sie noch etwas trinken möchten, sagen Sie einfach mal Nein. Oder, wenn die Frage nach dem Essen kommt: "Hat es Ihnen geschmeckt?" Dann den Satz üben: "Ich glaube, ich muss nochmal darüber nachdenken." Das irritiere mein Gegenüber zwar, aber es schaffe auch mehr Interesse an der Antwort dann, so Rolf Schmiel.
Hören Sie in unserem Blaue Couch Podcast, warum Psychologe Rolf Schmiel rät, Konflikten und Krisen nicht aus dem Weg zu gehen:
https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/rolf-schmiel-psychologe/bayern-1/93746230
Abgrenzung
Nur wer weiß, was er will, kann auch überzeugt Nein sagen. Dazu schreibt Rolf Schmiel: "Nur wenn du ein Bewusstsein für deine eigenen Werte und Wünsche hast, also eine klare Identität, weißt du auch, was du nicht willst." Wenn man die eigenen Bedürfnisse im Blick hat, dann wird ein Nein einfach zu einer von vielen möglichen Antworten und die Furcht vor einem Affront verschwindet.
Absagen
Klarheit und Knappheit ist auch bei Absagen am besten. Wer mehrere verschiedene Gründe angibt, wieso man nicht zur Party kommen kann oder warum man nicht als Umzugshelfer oder Umzugshelferin zur Verfügung steht, der wirkt wenig glaubwürdig und muss damit rechnen, dass die Gründe vom Gegenüber hinterfragt werden oder als verletzend empfunden werden. Ein "Nein, das möchte ich nicht" oder "Nein, das geht nicht" reicht.
Dazu Rolf Schmiel: "Erst wenn du anfängst, Gründe und Erklärungen nachzuschieben, kommt bei deinem Gegenüber der Gedanke auf, du seist selbst nicht überzeugt von deinem Nein."
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