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Stress bewältigen - Tipps So haben Oma und Opa die Nerven bewahrt

Hatten unsere Großeltern einfach weniger Stress? Oder sind sie besser mit dem Druck umgegangen? Die Antwort ist überraschend und zeigt, was uns widerstandsfähiger gegen Stress macht.

Stand: 22.09.2023

Älteres Paar in der Küche | Bild: colourbox.com

Gefühlter Stress ist das Problem

Das Erstaunliche: Wir haben nicht so viel mehr Stress als unsere Eltern oder Großeltern. Das sagt Prof. Gregor Hasler, Stressforscher von der Uni Bern. Zumindest, was die existentiellen Bedürfnisse angeht. Wir haben mehr Freizeit denn je, die Herzinfarktrate sinkt, wir leben immer länger. Doch wir können nicht sehen, wie gut es uns geht:

"Die Mehrheit der Menschen in westlichen Ländern ist davon überzeugt, dass die Welt immer gefährlicher wird. Dies stimmt aber nicht mit den Fakten überein."

Prof. Gregor Hasler, Stressforscher und Autor des Buchs 'Resilienz: Der Wir-Faktor'

Die Erwartungshaltung der Umwelt an uns ist heute ein neuer Stressfaktor, so der Forscher: "Wir sollen dauernd gut gelaunt, erfinderisch, optimistisch, motiviert und entscheidungsfreudig sein."

Unser Problem ist häufig der gefühlte Stress. Und der hat damit zu tun, dass viele Menschen einsam sind, sich nicht sozial integriert und unterstützt fühlen. Das war bei unseren Großeltern noch anders. In der Großstadt zum Beispiel sind heute Begegnungen in der Nachbarschaft immer seltener. Und ein schlechtes Klima unter Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen kann jeden Arbeitstag zur Qual machen.

Wir sollten daher bewusst das Immunsystem unserer Seele stärken - Wissenschaftler nennen das Resilienz - stärken. Gregor Hasler hat herausgefunden, dass man das in jedem Lebensalter lernen kann. Dabei geht es um eine andere Haltung zum Leben und den häufigen Austausch mit anderen.

In der Gegenwart leben

Studien beweisen, dass Menschen, die im Hier und Jetzt leben, häufiger positive Gefühle haben. Den Augenblick zu genießen lässt sich üben. Dazu sagt Hasler: "Die Gegenwart ist fast immer sicher und weniger problematisch als man erwartet." Und weniger stressig, als sich immer wieder mit der Vergangenheit oder ständig mit der Zukunft zu beschäftigen.

Wir brauchen die Beziehung zu anderen, um Stress zu bewältigen

Bergwanderungen in der Gruppe oder Begegnungen im Verein oder im Tanzkurs: Reale Beziehungen stärken uns, virtuelle via Facebook oder Whatsapp nicht. Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht die persönlichen Erlebnisse in der Kleingruppe. Deswegen ist es zum Beispiel wichtig, dass wir am Arbeitsplatz ein gutes Klima im Team pflegen.

Soziale Medien - weniger ist mehr

Facebook, Instagram und Co. fressen unsere Freizeit. Das ist selbstgemachter Stress, mit dem sich unsere Großeltern nicht herumplagen mussten. Wenn wir heute ständig Instagram-Momente fotografieren oder auf Facebook posten müssen, sind wir in der Gegenwart nicht richtig da. Das nimmt uns nicht nur Lebensqualität, sondern die sozialen Medien gaukeln uns echte Nähe oft nur vor. Wer beim Treffen mit Freunden immer wieder auf sein Smartphone starrt, ist nicht wirklich da und gefährdet sogar die echte Beziehung. Einfach mal abzuschalten - das können wir lernen.

Keine Vergleiche mit anderen - das hilft Stress zu bewältigen

Der Kampf um den sozialen Status zermürbt uns. Wer aufhört, sich täglich mit anderen zu vergleichen, lebt entspannter. Wem es egal ist, dass der Arbeitskollege oder die Arbeitskollegin das neuere, größere Auto fährt, kann sich für den Kollegen oder die Kollegin sogar freuen. Das Arbeitsklima verbessert sich auch, wenn man sich ständige Bewertungen einfach abgewöhnt.

Dem Stress einen Sinn geben

Wenn wir es schaffen, dem Stress einen Sinn zu geben, dann lässt er sich leichter verarbeiten. Empfinden wir unsere Arbeit im Team oder unser Engagement im Verein als wirksam und wichtig, so macht uns der Druck weniger aus.

Am Arbeitsplatz: Eigene Entscheidungen machen zufriedener

Können wir an unserem Arbeitsplatz selbständig Entscheidungen treffen und haben vielfältige Aufgaben, die sich bewältigen lassen, sind wir zufriedener. Können wir das nicht, leiden wir unter Stress. Das hat eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ergeben. Das haben wir nicht immer in der Hand, aber Selbstreflexion und offene Gespräche mit dem Chef oder im Team können Verbesserungen für den Arbeitsalltag bewirken.

Umzüge vermeiden

Klingt seltsam, aber dahinter steht: Wer oft umzieht, verliert sein soziales Umfeld. Das macht einsam und stressanfällig. Wir brauchen stabile Bindungen für ein zufriedenes Leben. Und die entstehen erst nach Jahren.

"Bei einem Umzug verliert man viele soziale Kontakte, wie den netten Friseur, die Bekannten aus der Weight Watchers Gruppe, die freundlichen Nachbarn von nebenan und die Freunde aus dem Buch-Club. Die Bedeutung solcher Beziehungen wird allgemein deutlich unterschätzt. So führen häufige Umzüge auch nicht zu einem akuten Stress-Erleben, sondern zu einer schleichenden Schwächung der psychischen Widerstandskraft."

Stressforscher Gregor Hasler

Der Mensch braucht Pausen, um Stress zu bewältigen

Auch Stressforscher Hasler empfiehlt regelmäßige Pausen. Yoga und Meditation können uns helfen, Ruhe zu finden. Bewegung und Sport sind ein wichtiges Gegengewicht zur Arbeitswelt.

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