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Videosprechstunde Arzt Wann sind Videosprechstunden sinnvoll?

Seit der Corona-Epidemie bieten immer mehr Ärzte in Bayern Videosprechstunden an. Auch eine Krankschreibung darf jetzt über Video erfolgen. Wir klären: Für welche Fälle ist das geeignet? Wie funktioniert's technisch? Und was ist mit meiner Versichertenkarte?

Stand: 31.05.2022 | Archiv

Videosprechstunde | Bild: picture-alliance/dpa

Krankschreibung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in der Videosprechstunde

Krankschreibung mit der Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) - das kann auch in einer Videosprechstunde passieren. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen: Die Arbeitsunfähigkeit muss über eine Videosprechstunde feststellbar sein. Diese Möglichkeit gibt es für Patientinnen und Patienten, die in der betreffenden Praxis bekannt sind, nur, wenn es sich um eine Erstbescheinigung für maximal sieben Tage handelt, so die Kassenärztliche Vereinigung. Für eine Folgebescheinung muss man dann wieder persönlich in der Praxis erscheinen. Für in der Praxis unbekannte Patienten und Patientinnen gibt es die Möglichkeit, sich über eine Videosprechstunde für maximal drei Tage krankschreiben zu lassen, so der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen.

Auf eine Krankschreibung nach einer Videosprechstunde hat der Patient allerdings keinen Anspruch. Die Entscheidung darüber liegt nach wie vor beim Arzt.

Diese Neuerung hat übrigens nichts mit Corona zu tun: "Die Änderungen stehen nicht im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie, sondern gehen zurück auf die berufsrechtliche Lockerung des Verbots der ausschließlichen Fernbehandlung."

Videosprechstunde: Immer mehr bayerische Ärzte bieten sie an

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich auch in Bayern die Nachfrage von Ärzten und Patienten nach digitalen Sprechstundenangeboten massiv erhöht: Bis Ende Februar 2020 haben in Bayern nur rund 150 Ärzte Videosprechstunden angeboten - mittlerweile gibt es zirka 5.700 Ärzte, die das Angebot nutzen, sagt Monika Schindler, die Leiterin der Digitalisierung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB).

Für welche Fälle ist die Videosprechstunde geeignet?

Bisher wurde die Videosprechstunde vor allem bei langen Anfahrtswegen oder nach Operationen - beispielsweise zur Begutachtung des Heilungsprozesses oder Erläuterung der weiteren Therapie - als sinnvoller Dienst wahrgenommen.

Die Videosprechstunde punktet dort, wo es vor allem um Beratung geht.

Überall da, wo es vor allem erstmal um Beratung geht, punktet die Videosprechstunde: "Wenn man nicht gerade in Mund oder Rachen schauen oder etwa ein Herz abhören muss, ermöglichen Videosprechstunden sehr viel", sagt Digitalexpertin Schindler. Eine Beschränkung auf bestimmte Indikationen gibt es nicht mehr; Videosprechstunden anbieten dürfen alle Ärzte bis auf Laborärzte, Nuklearmediziner, Pathologen und Radiologen.

Welche Regeln gelten für Psychotherapie und Videosprechstunde?

Für Psychotherapeuten galten bislang bestimmte Einschränkungen, wie etwa, dass es einen persönlichen Erstkontakt gegeben haben muss und die Diagnose feststeht.

Für Patienten mit Angststörungen ist der Kontakt zu ihrem Psychotherapeuten gerade jetzt wichtiger denn je.

Im Zuge der Coronakrise wurde die befristete Sonderregelung eingeführt, dass eine Psychotherapie in Ausnahmefällen auch ohne unmittelbaren persönlichen Kontakt mit einer Psychotherapeutischen Sprechstunde und einer Probatorischen Sitzung als Videosprechstunde begonnen werden kann, beispielsweise, wenn dem Patienten ein Aufsuchen der Praxis nicht zumutbar ist. Es überwiegen klar die Vorteile: "Gerade auch viele Psychotherapeuten empfinden die Möglichkeit von Videosprechstunden als großen Gewinn", betont Schindler. Denn einerseits besteht natürlich die Infektionsgefahr beim Kontakt von Therapeut und Patient, andererseits brauchen viele Patienten, gerade wenn sie unter Angststörungen leiden, in diesen Tagen ihre Therapeuten dringender denn je.

Wie funktioniert die Videosprechstunde technisch - und was brauche ich dafür?

Als Patient müssen Sie sich in den meisten Fällen einfach nur eine App downloaden und können dann über Handy, Tablet oder Laptop eine Verbindung mit der Praxis aufbauen - ein Gerät mit Bildschirm, Kamera und Mikrofon genügt. Welche Software bzw. App verwendet wird, ist von Arzt zu Arzt unterschiedlich, allerdings darf nur geprüfte und zertifizierte Software zum Einsatz kommen.

Wie kann meine Versichertenkarte bei der Videosprechstunde eingelesen werden?

Zu Beginn der Videosprechstunde muss der Patient seine Versichertenkarte so in den Bildschirm halten, dass der Arzt die Identität prüfen und notwendige Daten wie die Bezeichnung der Krankenkasse, Vor- und Nachname des Patienten, Geburtsdatum und Krankenversichertennummer erheben kann. Der Patient bestätigt zudem mündlich das Bestehen des Versicherungsschutzes. 

Wie steht es um den Datenschutz bei der Videosprechstunde?

Patienten- und Datenschutz nach den strengen europäischen Richtlinien sind wichtige Voraussetzungen für die Videosprechstunde, betont Schindler. Der Arzt braucht eine Einwilligung des Patienten für die Videosprechstunde; diese kann entweder über ein Formular abgegeben werden oder über den Dienstanbieter direkt vor der Videosprechstunde. Das Gespräch selbst läuft mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung über gesicherte Server innerhalb der EU, wo im Gegensatz zu den USA die Regeln der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gelten. Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient darf nicht aufgezeichnet werden und muss in Räumen stattfinden, die Privatsphäre bieten. "Daran sollten vor allem auch die Patienten Zuhause denken", betont Digitalexpertin Schindler.

Um Videosprechstunden durchführen zu dürfen, müssen Ärzte eine Genehmigung der KVB haben.

Weiterführende Links zur Videosprechstunde:


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