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Woran merkt man, dass der Partner lügt Kann man Lügen erkennen?

Wir lügen. Alle. Mehr oder weniger oft. Im Durchschnitt etwa zweimal pro Tag. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Erkennt man das? Kann man Menschen irgendwie anmerken, wenn sie lügen?

Stand: 10.05.2024

Frau kreuzt Finger der rechten Hand hinter dem Rücken. | Bild: mauritius images  Science Photo Library  IAN HOOTON

Es wäre doch zu schön: Der Partner berichtet von einer Sitzung, die länger gedauert hat, sodass er nicht zum Einkaufen gekommen ist, oder die Kinder erzählen, dass die Lehrerin ihnen keine Hausaufgaben aufgegeben hat. Aber die Gesichtsverfärbung verrät eindeutig: Das ist gelogen. Ertappt! Funktioniert aber leider nicht.

Lügen erkennen ist wie Münze werfen

Reizvoll ist der Gedanke schon, dass sich Lügen immer sicher erkennen lassen, aber es funktioniert einfach nicht, sagt Professor Dr. Matthias Gamer vom Institut für Psychologie der Universität Würzburg. Alle Studien belegen, dass sich die Ergebnisse auf Zufallsniveau bewegen. Und das trifft nicht nur für Laien zu, sondern auch für "professionelle Wahrheitsfinder" wie Kriminalbeamte oder Richter.

Wenn der Partner lügt

"Selbst wenn man sich anschaut, wie gut Eltern die Lügen ihrer Kinder erkennen, sind die auch nicht besser. Und das gilt ebenso bei engen Freunden oder Partnerinnen und Partnern", sagt Matthias Gamer, "es bleibt ein Glücksspiel." Und er weist darauf hin, dass der Vorteil der engen Beziehung beidseitig ist. Das Gegenüber kennt uns genauso lange, genauso gut und kann das nutzen.

Lügen erkennen - können Microexpressionen helfen?

Ein wenig Hoffnung, Lügen doch entdecken zu können, hat der Emotionsforscher Paul Ekman gemacht. Er hat die Theorie aufgestellt, dass es sogenannte "Microexpressionen" des Gesichtes gibt. Wenn also zum Beispiel jemand nur "mitlacht", dann fällt dieses Lachen für Bruchteile von Sekunden in sich zusammen, bevor es sofort wieder zurückkommt. Matthias Gramer sagt, "dass es Studien gibt, die diesen Ansatz stützen, dass es aber genauso viele Studien gibt, die besagen, dass solche Emotionen auch auftreten, wenn man sich wahrheitsgemäß äußert."
Uns Laien hilft das im Alltag sowieso nicht, dafür ist der Moment viel zu kurz.

Lüge: Wenn das Lachen, kein Lachen ist

Immer wieder wird gesagt, dass ein echtes Lachen von einem vorgetäuschten zu unterscheiden ist. Echt ist das Lachen nur, wenn auch die Augen mitlachen, also kleine Lachfältchen an den Augenwinkeln zu sehen sind. Das stimmt grundsätzlich, sagt Matthias Gamer: "Aber das ist nicht besonders präzise (…). Das Lachen kann einen sehr unterschiedlichen Ausdruck annehmen, zum Beispiel, ob wir es in der aktuellen Situation für angebracht halten oder nicht." Es bleibt also auch da schwierig.

Kann man Lügen an der Körpersprache erkennen?

Eine Lüge an der körperlichen Reaktion zu erkennen, ist nicht möglich, weil diese Reaktionen von einer Vielzahl unterschiedlicher Emotionen ausgelöst werden können. Das emotionale Spektrum ist bei allen Menschen anders, sowohl in der Art als auch in der Intensität. Eine eindeutige Emotion, die der Lüge zuzuordnen ist, gibt es nicht. Dass eine Person am Steuer eines Autos in einer Verkehrskontrolle unkonzentriert und aufgeregt wirkt, kann bedeuten, dass sie polizeilich gesucht wird und Angst hat, entdeckt zu werden. Genauso gut kann es sein, dass sie zu spät dran ist und verzweifelt versucht, doch noch rechtzeitig zu einem sehr wichtigen Vorstellungsgespräch zu kommen. Alles, was sie sagt, könnte also eine Lüge sein und genauso gut der Wahrheit entsprechen.
Es taucht auch immer wieder die Behauptung auf, dass die Blickrichtung der Augen ein Signal für Lüge oder Wahrheit sei. Das ist erwiesenermaßen falsch.

Ab wann können Kinder lügen?

Kinder bis zum Alter von etwa vier Jahren gehen davon aus, dass alle Menschen alles wissen. Damit ist Lügen sinnlos. Erst mit ungefähr vier oder fünf Jahren entwickelt sich bei ihnen die "Theory of Mind". Das bedeutet, dass ihnen bewusst ist, dass sich ihre Wahrnehmung und ihr Wissen von der Wahrnehmung und dem Wissen anderer unterscheidet. Mit dieser Erkenntnis können Kinder die Lüge bewusst einsetzen, um einen bestimmten Zweck zu erreichen.

Was ist Lügen?

Und so lautet auch die grundlegende Definition der Lüge, die in der Wissenschaft vorherrscht, sagt Matthias Gamer: "Lügen bedeutet, dass man etwas kommuniziert, was nicht aufrichtig ist. (…) Das heißt: Ich kommuniziere etwas, von dem ich persönlich weiß oder denke, dass es sich eigentlich anders verhält. Und ich tue das mit einem gewissen Ziel, um etwas zu erreichen". Die moralische Wertung spielt bei der Definition keine Rolle.

Gute Lügen - schlechte Lügen

Gibt es das? In gewissem Sinne ja. Es gibt egoistische Lügen, die dem eigenen Vorteil dienen und einen möglichen Nachteil für das Gegenüber in Kauf nehmen. Und es gibt die prosoziale Lüge, mit der man vermeiden möchte, den anderen Menschen zu verletzen. Es gibt die Notlüge, die Höflichkeitslüge etc. Aber selbst da ist die Definition nicht eindeutig, sagt Matthias Gamer: "Wenn ich die neue Frisur meiner Frau lobe, obwohl sie mir nicht gefällt, dann kann meine Motivation sein, dass ich sie nicht verletzen will. Es kann aber auch sein, dass ich einfach im Moment keine Lust auf eine Diskussion habe." Und wahrscheinlich ist es in diesem, wie in vielen anderen Fällen, eine Mischung aus beidem.

Ganz ohne Lügen geht es nicht

Im Alltag werden Lügen meistens negativ bewertet. Aber Matthias Gamer sagt, dass Lügen hilfreich sein können, um Gesellschaften zu stabilisieren: "Lügen sind nicht immer verwerflich oder zu verteufeln. Prosoziale Lügen können als 'sozialer Klebstoff' eine hilfreiche Strategie sein, um besser miteinander umzugehen."
Er findet die grundsätzliche Bewertung der Lüge als verwerflich schwierig, denn in der Erziehung beißen sich Sätze wie "Du darfst nicht lügen" mit der Realität, in der Kinder merken, dass ihre Eltern selbst lügen. Denn was Erwachsene gerne als Ausrede definieren, ist auch eine Lüge.

Deshalb plädiert er dafür: "Man kann schon versuchen, ein bisschen ausgewogener zu beurteilen, dass Lügen auch eine wichtige Funktion in der Gesellschaft erfüllen, und manchmal als soziales Schmiermittel wirken.“ Matthias Gamer gibt zu bedenken, dass Lügen die Gruppenzusammengehörigkeit stärken können. Außerdem kann es helfen sich gegenüber anderen Gruppen abzugrenzen. Und das kann gesellschaftlich relevant sein. Aber der Psychologie-Professor warnt auch: "Dabei darf man aber die negativen Effekte der Lüge nicht außer Acht lassen. Wenn im Strafvollzug Täter oder Täterinnen durch eine Lüge davonkommen, kann das natürlich auch dramatische Konsequenzen für unser Zusammenleben haben."

Zu viele Lügen können verletzend sein und gefährden manchmal auch die Partnerschaft. In unserem Podcast "Blaue Coach" können Sie die Paartherapeuten Claudia und Oskar Holzberg hören.
Und wenn Sie den "Blaue Couch"-Podcast abbonieren möchten, können Sie das in der ARD Mediathek.

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/paartherapeuten-claudia-und-oskar-holzberg-seitenspruenge-sind-immer-sehr-verletzend-muessen-aber-nicht-das-ende-sein/bayern-1/96506572/


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