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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Wahlprogramme

Die Wahlprogramme der Parteien versprechen den Bürgern das Glück auf Erden, man will ja gewählt werden. Und jede Partei verspricht dabei ein anderes Glück. Also müssen nach der Wahl Koalitionen für eine absolute Mehrheit eingegangen werden. Bei den Koalitionsverhandlungen wird dann das Glück wieder herausgestrichen und Anderes neu aufgenommen, dass nennt man Kompromiss. Über dieses neue Wahlprogramm, das jetzt Koalitionsvertrag heißt, wird dann wieder abgestimmt. Damit es nicht so Aufwendig wird und der Souverän nicht noch mal in die Wahlkabine muss, machen das jetzt netter Weise nur noch die Mitglieder der Koalitionsparteien. Eine Glosse von Helmut Schleich.

Von: Helmut Schleich

Stand: 20.12.2024

Die Parteien haben diese Woche ihre Wahlprogramme vorgestellt. Das ist einigermaßen an uns vorbei gerauscht.

Es ist halt einfach viel interessanter, eine geplant verlorene Vertrauensabstimmung im Bundestag zu verfolgen, in der Olaf Scholz dem Lindner angebliche „sittliche Unreife“ attestiert um anschließend seine Parteivorsitzende Esken im Plenarsaal abtropfen zu lassen. Dabei wollte die ihm doch nur gratulieren zur geglückten Verfassungsumsegelung. Ob Merz „Tünkram“ von sich gibt und ein Duell aus zwei, drei oder vier Teilnehmern besteht, das sind die Fragen, die die Politik aufwühlen.

Und selbstverständlich muss ein den Grünen nicht genehmer Tagesthemen-Kommentar von der Programmchefin und Schäuble-Tochter Christine Strobl persönlich beauftragt worden sein, anders ist diese Grünen-Kritik im Ersten für die Grünen gar nicht erklärbar. Beeindruckend, wie schnell manche Grüne zu Verschwörungstheoretikern werden, wenn’s mal gegen sie geht.

Insofern wundert es auch nicht, dass die Parteien ihre Verwirrung sogar in ihren Wahlprogrammen zum Ausdruck bringen

Insofern wundert es auch nicht, dass die Parteien ihre Verwirrung sogar in ihren Wahlprogrammen zum Ausdruck bringen. Die Grünen schreiben bei der CDU ab, die CDU bei der FDP, die SPD beim BSW, das BSW bei der AfD und die Linken fordern das, was sie am besten können, nämlich mit vollen Händen das Geld der anderen auszugeben.

Außerdem wollen sie Flüge unter 500 Kilometer oder - Achtung - fünf Zugstunden - verbieten. So als wäre „fünf Zugstunden“ in Deutschland ein Maß für eine fixe Entfernung. Mitunter können fünf Zugstunden Null Kilometer sein. Gut, auf diese Forderung könnten sich vermutlich alle Parteien einigen, womit die Linken im Koalitionskarussell verbleiben.

Denn darum geht’s ja am Ende: wer verzichtet nach der Wahl auf was? Die Union will die Abschaffung des Rest-Soli. Reine Verhandlungsmasse für Schwarz-Rote Koaltionsverhandlungen. Außerdem will sie das neue „Selbstbestimmungsgesetz“, also die freie Wahl der geschlechtlichen Identität, kippen. Darauf könnte man sich womöglich mit den Grünen einigen. Die wollen schließlich deutlich mehr Militärausgaben und im Verteidigungsfall hätte das Selbstbestimmungsgesetz eh nicht gegolten. Andererseits macht die Abschaffung des Selbstbestimmungsgesetzes einen Kabinettsposten für Roderich Kiesewetter schwerer erreichbar. Er kann dann nicht mehr sagen, er identifiziere sich als Tretmine und sei daher als neuer Verteidigungsminister gesetzt.

Gewählt werden letztlich Personen, möglichst normale Personen. Deshalb versuchen ja die Wahlkämpfer auch, so normal wie irgend möglich zu wirken. Vom Privatflugzeug-Normalo Friedrich Merz über den Norwegerpulli-Wohlfühl-Normalo Habeck bis zum SPD-Stammwähler-Normalo-Scholz, der sich nicht mal ansatzweise daran erinnern kann, mit einer Ampelregierung je irgendwas zu tun gehabt zu haben.

Der Wahlkampf ist angelaufen heißt’s. Angelaufen vermutlich im Sinne von „beschlagen“. Und wenn die Scheiben beschlagen, dann sind die Aussichten trübe.

Eben alles eine Frage der Perspektive.


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