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Nervenkompressionssyndrome Karpaltunnel-Syndrom und andere

Der Nerv als empfindlichstes Organ wird wie eine Art "Wasserschlauch" abgedrückt und reagiert mit Schmerzen und Taubheitsgefühlen, einem sogenannten Kompressionssyndrom.

Stand: 16.04.2020

Beim sogenannten Kompressionssyndrom sind Taubheitsgefühl und Schmerzen in der Hand die Folge. Im Bild: Neurologische Untersuchung einer Hand. | Bild: picture-alliance/dpa

"Ein Beispiel: Viele Menschen haben sich schon einmal am Ellbogen den Musikantenknochen angeschlagen und dann Schmerzen oder ein Taubheitsgefühl gehabt. Hinter dem Knochen verläuft der Ellen-Nerv (Nervus ulnaris) durch einen engen Kanal hindurch. Wenn dies dauerhaft bestehen bleibt, spricht man von einem Kompressionssyndrom."

Prof. Giunta

Karpaltunnel-Syndrom

Der Karpaltunnel ist ein starrer Kanal im Handgelenk, durch den zum einen die Beugesehnen, die für die Fingerbeweglichkeit verantwortlich sind, und zum anderen der sogenannte Mittelnerv (Nervus medianus) für die Sensibilität der ersten vier Finger (bis auf den Kleinfinger) hindurchlaufen. Wenn darin das Sehnengleitgewebe anschwillt, dann wird als erstes der Nerv abgequetscht.

"Man kann sich das wie einen Gartenschlauch vorstellen, der bei zu viel äußerem Druck weniger oder kein Wasser mehr transportiert."

Prof. Giunta

Das führt zu Sensibilitätsverlust in den Fingern, zu Kraftverlust und zu Schmerzen. Diese treten vor allem in der Nacht auf, da bei der bewegungslosen Hand das Gewebe mehr anschwillt und mehr Druck entsteht.

Typisches Symptom

Der Patient wacht in der Nacht mit Schmerzen in den Fingern auf und dem Gefühl, sie seien eingeschlafen. Dann muss er die Hand schütteln, bis sie wieder Gefühl hat.

"Dass Frauen häufiger an einem Karpaltunnel-Syndrom leiden, hat wahrscheinlich mit ihren hormonellen Schwankungen zu tun. So tritt es häufig bei Frauen in der Schwangerschaft auf. Außerdem haben Diabetiker auch eher Probleme damit."

Prof. Giunta

Diagnose

  • Befragung des Patienten und klinische Untersuchung: Welche Beschwerden sind wo genau? Wann treten sie auf? Gab es schon einmal Verletzungen an der Hand? Etc.
  • Prüfung der einzelnen Funktionen der Hand: Sensibilität, Durchblutung, Sehnen, Bewegungsumfänge, Kraftmessung, Mechanik des Handgelenks
  • In den meisten Fällen wird auch eine elektrophysiologische Untersuchung der Nerven durch einen Neurologen vorgenommen.
  • Falls nötig noch eine Röntgenuntersuchung der Knochen oder Ultraschall für die Sehnen und des Nervens.
  • In manchen Fällen wird zusätzlich auch eine Kernspin- oder Computertomographie durchgeführt, um eine dreidimensionale Darstellung der Knochen oder der Bänder an der Hand zu erhalten.

Therapie

Beim Karpaltunnelsyndrom wird in der Regel mit einem nichtoperativen Therapieversuch gestartet: eine Lagerungsschiene für das Handgelenk. Mit dieser ca. drei Wochen lang nur nachts getragenen Schiene wird das Gelenk in eine Neutralstellung gebracht und damit verhindert, dass durch nächtliches uniwillkürliches Beugen des Handgelenks die Nervenkompression verstärkt wird.

"In vielen Fällen kommt es dadurch zu einer Verbesserung der Symptome."

Prof. Giunta

Operation

Wenn die Schiene die Symptome nicht dauerhaft beseitigt, kann eine Operation zuverlässig helfen: Das Karpaldach (das Band, das die Sehnen an der Handwurzel festhält) wird gespalten, durchtrennt. Dadurch weicht es etwas auseinander und innen ist mehr Platz für den Mittelnerv. Meist wird auch Sehnengeleitgewebe mit entfernt. Das Karpaldach wächst dann mit weniger Spannung, etwas erweitert, wieder zusammen. So lässt sich der Druck im Karpaltunnel deutlich verringern.

Nach der Operation

Der Patient hat in der Regel sofort nachts keine Schmerzen und Einschlafstörungen mehr und das Gefühl kehrt gleich zurück. Die Kraft braucht aber eine Zeit, bis sie wiederkommt: Das kann drei bis sechs Monate dauern.

Weitere Nervenkompressionssyndrome

  • Die Einengung des Mittelnervs (Nervus medianus) am Ellbogen (Pronator-Syndrom).
  • Die Einengung des Nervens auf der Seite der Elle (Sulcus Nervus ulnaris Syndrom) ebenfalls am Ellbogen, oder auch am Handgelenk (Guyon-Logen-Syndrom).

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