Chirurgie an Händen und Handgelenken
"Ich bin gestürzt und habe mir die Hand verletzt. Das hat ewig gedauert, bis ich sie wieder gut bewegen konnte."
Experte:
Wenn man mit der Hand nicht mehr greifen und halten kann, schränkt das das alltägliche Leben sehr ein. Deswegen haben Patienten mit Handverletzungen oft das Gefühl, dass es ewig dauert, bis die Hand geheilt ist. Aber die Hand ist auch ein besonders sensibler und feingliedriger Bereich, bei dem vieles reibungslos ineinandergreifen muss.
"Wir merken im Alltag oft gar nicht, wie zentral die Hand für uns ist und wie oft wir sie benutzen. Das stellen manche erst schmerzlich fest, wenn die Hand aufgrund einer Verletzung ausfällt."
Prof. Giunta
Heilung braucht länger
Gerade Schwellungen verbleiben an der Hand länger als an anderen Körperstellen, weil sich schon kleine Schwellungszustände mit einer großen Bewegungseinschränkung bemerkbar machen. Eine starke Schwellung eines Fingers zum Beispiel nach einer Quetschung mit einer Autotür kann Nachwirkungen von einem halben Jahr haben, bis wieder die volle Beweglichkeit in allen Fingergelenken vorhanden ist.
Wann der Handchirurg gefragt ist
Einerseits die Notfälle:
- Verletzungen der Hand bis Durchtrennung von wichtigen Strukturen, das sind die Sehnen für die Bewegungen und die verschiedenen Greiffunktionen, und Gefäße und Nerven, die das Gefühl an den Fingern vermitteln, und die Knochen und Bänder, die häufig bei Sportverletzungen gebrochen oder verletzt werden können.
- Schwere Handverletzungen und Amputationen, bei denen der Handchirurg einzelne Teile, z.B. Finger wieder annähen kann.
Andererseits bei geplanten Eingriffen:
- Bei degenerativen Krankheiten wie Abnützungserscheinungen (Arthrose) z.B. die Sattelgelenksarthrose am Daumen oder Sehnenscheidenentzündungen, das Karpaltunnelsyndrom oder die Dupuytren'sche Beugekontraktur.
Tipp: Besser gleich den Handchirurgen aufsuchen!
Irrtümlicherweise denken Patienten manchmal, dass der Handchirurg nur für Operationen an der Hand zuständig ist - das ist jedoch nicht der Fall: Der Handchirurg kann alles, was Verletzungen, Abnutzungserscheinungen etc. an der Hand betrifft. Er operiert auch nicht gleich, sondern behandelt oft auch konservativ, also nicht-operativ, wenn dies möglich ist. D.h. er kennt sich auch mit Schienen- und Infiltrationsbehandlungen sowie Medikamenten aus und weiß, dass Physiotherapie an der Hand sehr wichtig ist.
Die Hand ein Kunstwerk!
In der Hand müssen viele verschiedene Gewebearten wie Muskeln, Sehnen, Haut, Nerven, Knochen gut miteinander arbeiten, damit die Sensibilität und Funktion gewährleistet ist.
"Im Alltag nimmt man nicht so sehr wahr, wie sehr man auf seine Hand angewiesen ist, aber schon kleine Verletzungen können eine schwere Einschränkung der Hand im Alltag bedeuten und das spielt bei fast allen Berufen eine Rolle, eben auch bei Bürotätigkeiten. Im Gehirn wird die Hand von einem überdimensional großen Areal organisiert – das ist ein Zeichen für die Komplexität der Hand."
Prof. Giunta
Wunderwerk Hand
- Die Haut muss, um gut zupacken zu können, beanspruchbar und widerstandsfähig sein, aber darf nicht zu dick sein, sonst ist sie nicht elastisch genug für die vielen Bewegungsmöglichkeiten der Hand.
- Die Sehnen brauchen eine gute Gleitfähigkeit für die Beweglichkeit der Finger und des Handgelenks.
- Die Knochen müssen in den Achsen und im Gefüge gut zusammenpassen. Gerade im Handgelenk können durch Stürze dabei Probleme entstehen.
- Nerven müssen gut gleiten und dürfen nicht komprimiert werden, damit keine Schmerzen entstehen und die Sensibilität in den Fingern vermittelt wird.
Tipp: Zum Spezialisten gehen
Mittlerweise gibt es so viele unterschiedliche und fein abgestimmte Behandlungsstrategien, dass man auch bei scheinbar banalen Handverletzungen durchaus einen Handchirurgen aufsuchen sollte. Dieser Spezialist operiert nicht nur, sondern veranlasst auch oft andere Therapieverfahren.
Was der Handchirurg kann
Der Handchirurg muss viele verschiedene Techniken beherrschen:
- Knochen verschrauben und Sehnen nähen, sodass die Gleitfähigkeit erhalten bleibt.
- Nerven und Gefäße unter dem Mikroskop wieder zusammenfügen, um Gefühl und Beweglichkeit wiederherzustellen – eine feine Arbeit.
Dem Text liegt ein Interview zugrunde, das Monika Dollinger mit Prof. Riccardo Giunta, Chefarzt der Handchirurgie, Plastischen Chirurgie und Ästhetischen Chirurgie am Klinikum der LMU München, geführt hat.