Gerald Stieg Wortglück
"Uwe Dick konzentriert, radikalisiert, brutalisiert, dynamisiert alle Sprachschichten, reißt das Haifischmaul des Eck-Zähn-Homo auf und schöpft zugleich aus dem dichterischen 'Uraltgedächtnis', dem 'Wortglück' der Verbrüderung mit allem Kreatürlichen. Mit seinem Ahnen Nestroy – 'Illude Nestroy!' –, der aus der Existenz des Wortes 'Nebenmensch' zu Recht schloss, dass wir alle dazu neigen, uns für 'Hauptmenschen' zu halten, teilt Uwe Dick nicht nur das Glück des souveränen Wortspielers, sondern auch den skeptischen Blick auf den fatalen Begriff 'Fortschritt', der schon Karl Kraus zum 'Fordschritt' herabgekommen war.
Sein ganzes Werk entspricht in Sublimatform dem Kraus'schen Paradox, dass der Satiriker in seiner oft mörderischen Raserei nichts anderes sei als der gewendete Lyriker. Er ist viel stärker als Kraus, der als Lyriker ein bewusster 'Epigone' war, ein authentischer Dichter, ein Energiebrunnen an Bild- und Wortschöpfungen. Sein Wortreichtum will es dem Reichtum der Schöpfung nachtun, für den wir weder Aug’ noch Ohr und erst recht nicht Zunge haben. Seine hunderterlei heute unbekannten Worte sprechen schärfer, sinnlicher als die autorisierten Lexikon-Vokabeln. Er ist ein Virtuose des sprach- und kulturkritischen Witzes."
(Gerald Stieg, Laudatio anlässlich des Münchner Buchpreises 1992)