4. Januar 2017 Tag der Belanglosigkeiten
Wen kümmert es, wenn in China ein Sack Reis umfällt? Sie? Den Sack? Oder doch die Chinesen? Oder ist das belanglos? Autorin: Caroline Ebner
04. Januar
Mittwoch, 04. Januar 2017
Autor(in): Caroline Ebner
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Wussten Sie, dass ein Kolibri auch rückwärts fliegen kann?
Ja, wirklich, ist so!
Dass Mrs Blabla und Mr Dingsdabums sich nun endgültig trennen? Unüberbrückbare Geröllhaufen liegenlassen, die die Boulevardgeier gierig ausweiden?
Und hey, wussten Sie das: Ihr Daumennagel wächst langsamer als der Ihres ruchbaren Mittelfingers....
Trivialer Zeitvertreib
Das ist Ihnen egal?
Zu belanglos?
Tja, da sind sie ganz vorn am heutigen Tage! Dem Tag der Belanglosigkeiten, auch "Tag der Trivialitäten" genannt, von - na, wem wohl - amerikanischen Collegestudenten, die ihn 1960 als solchen festlegten, um dann in fröhlichen Raterunden Zeit zu verlieren - ohne sie wieder suchen zu wollen - und nicht viel später auch diese Kuh zu schlachten und ein Spiel mit Namen "trivial persuit" auf den Markt zu werfen. Da lässt sich doch wohl Geld draus machen...aus all dem unnützen Wissen....irgendwas geht doch immer.
Belanglosigkeiten sind Teil unseres Lebens - ob wir wollen oder nicht.
Ein Wirtschaftsimperium kreist um die Nichtigkeiten im Dasein der Promis von A bis Z, ein anderes um ähnlich zu kategorisierende Fragen danach, ob Größe und Gestaltung des eigenen Hinterteils den aktuellen Vorlieben entspricht oder womöglich Zeuge - schlimmer noch: Beweis!! - sündhafter Entgleisungen ist, die mit viel Geld zu vertuschen höchste, mit ähnlich viel Geld inspirierte Priorität haben muss.
Wir kaufen Blödsinn, lesen Quatsch, smalltalken uns um Kopf und Kragen und beten unsere Ernährungsberater an - vielleicht ja, weil wir es einfach können....weil wir den Luxus haben, uns nicht vor Splitterbomben in Sicherheit bringen zu müssen. Oder Kokosnüssen auszuweichen, die vom Baum fallen.
Die entspannende Ruhe der Sinnlosigkeit
Aber selbst dann - nie haben Belanglosigkeiten so Hochkonjunktur wie in Zeiten der Krise - individueller, kollektiver oder nationaler Krise - vielleicht, weil sie uns für einen Augenblick Ruhe gönnen. Für einen Moment vorgaukeln, es sei alles rosarot und frühlingsleicht. Es entspannt schlichtweg, zu lästern, zu tratschen, der Sinnfreiheit zu frönen - wie dereinst an den Kreuzungen der drei Wege, der Trivia- wo das ganze Geschnatter und auch die Lust daran mit Namen belegt wurde und somit offiziell gemacht, dass gerade das Belanglose und Triviale uns sehr wohl belangen, weil mit großer Neugier, Mitteilungsfreude oder auch konsumistischem Heißhunger erfüllen kann.
Nunja. Wenn es uns aber wirklich nicht belangt. Nicht anlangt, angreift, wie der Bayer sagt - schlicht: nicht berührt, bewegt, am Dingsda vorbei geht. Dann kann aus dem Belanglosen auch schnell ein langes Los werden, eine lange Weile und das ist dann doch wieder von Belang. Wobei auch immer zu klären ist, was da wem eigentlich wo vorbeigeht, denn ich zum Beispiel scheine mich immer zu spät umzudrehen, wenn mir was wo vorbeigeht - ebenso ist der Sack Reis dann längst umgefallen, und ich habe gar nicht mitbekommen, wo er denn stand. In China, scheint’s.
Womit wir beim Thema wären, denn was für mich von zu weitem Weg und zu langer Weile ist, um mich zu belangen, ist z.B.für Frau Blabla und Herrn Dingsdabums das Drama Ihres Lebens, für die Presse das dreizehnte Monatsgehalt, für die Scheidungskids in spe das Kindheitstrauma in spe und für tausende von Teenies in aller Welt Grund, in rosa Kissenberge zu schluchzen oder sich zur sofortigen Übernahme des freigewordenen Dingsdabums zu rüsten.
Die Frage der Belanglosigkeit also ist vor allem eine subjektive - vielleicht gar momentane....
Und nicht zuletzt für Kolibris! Ist es doch nun wirklich von Belang, den Rückwärtsgang im Flugmodus zu haben. Gerade beim Einparken.