Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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10. März 1895 Charles Frederick Worth gestorben

Aufstieg eines Star-Designers: Charles Frederick Worth kleidet im 19. Jahrhundert die oberen Zehntausend ein - die französische Kaiserin genauso wie die Edel-Prostituierte. Autorin: Elsbeth Föger

Stand: 10.03.2017 | Archiv

10.03.1895: Charles Frederick Worth gestorben

10 März

Freitag, 10. März 2017

Autor(in): Elsbeth Föger

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Was für ein Kleid! 80 Meter weißer Seidentüll, durchwirkt mit Silberfäden, verziert mit rosa Herzen und gestickten Gänseblümchen. Die Prinzessin von Metternich weiß, was ihr steht. Oder besser gesagt: Ihr Designer weiß es - Charles Frederick Worth. Er hat ihr das Meisterwerk weit unter Wert verkauft. Es soll seine Eintrittskarte an den französischen Kaiserhof werden. Und der Plan geht auf. Als Kaiserin Eugénie der Prinzessin und ihrem Kleid begegnet, macht sie große Augen. So etwas muss sie auch haben! Das ist der Aufstieg, auf den Worth gehofft hat. Ab sofort ist er verantwortlich für alles, was bei Hofe getragen wird.

Vater der Haute Couture

Ausgerechnet ein Engländer erfindet in der Modestadt Paris die Haute Couture. Als Charles Frederick Worth mit 20 nach Paris kommt, beherrscht er nur ein paar Brocken Französisch. Er fängt an der Ladentheke eines Pariser Stoffhauses an. Bald ist klar: Der junge Mann hat Stil. Worth heiratet eines der Mannequins, designt in einem kleinen Atelier und macht sich selbstständig. Bald bleiben die Passanten wie gebannt vor seinem Schaufenster stehen. Drinnen: Träume aus Seide und Satin.

Fashionistas im 19. Jahrhundert

Europa reißt sich bald um die sündhaft teuren Unikate mit Glasperlen und Blumenstickereien. Russische Fürstinnen, bürgerliche Industriellentöchter, amerikanische Parvenüs: Sie alle wollen sich bei "Monsieur Charles" ins Delirium shoppen. Bei Worth kauft die Crème de la Crème. Kaiserin Sissi! Königin Victoria von England! Sarah Bernhardt! Und übrigens auch so manche Edel-Prostituierte.

Neider bringen bald das Gerücht in Umlauf, Worth betreibe ein als Modehaus getarntes Bordell. Ein Mann, der als Kleidermacher arbeitet! Das erscheint vielen unschicklich. Die Branche ist eigentlich Frauensache. Worth ist das egal. Kleidermachen ist für ihn kein Handwerk, sondern eine Kunst - und dass er sich für ein Genie hält, lässt er seine Auftraggeberinnen durchaus spüren. Die Damen besucht der Modediktator nicht zuhause, wie es damals üblich ist; nein: Sie müssen zu ihm kommen.

Statt sich nach den Vorstellungen der Frauen zu richten, dreht Worth den Spieß um: Er gibt bei den Anproben den Ton an. Bei Modeschauen bewundern die Fashionistas seine Kollektionen. Worth macht Schluss mit den klassischen Krinolinen - riesigen Unterröcken aus Stahlreifen, in denen die Frauen gefangen sind wie in gigantischen Ballons. Er designt Roben, bei denen er den Stoff-Wust von den Seiten und von vorne wegnimmt und nach hinten aufbauscht. Das sieht aus wie ein künstlicher Hintern, die feinen Leute sagen: Tournüre. Irgendwann nennt man es „Cul de Paris“: Pariser Po.

 Als Worth am 10. März 1895 an Lungenentzündung stirbt, besuchen 2000 Trauergäste sein Begräbnis. Natürlich tadellos gekleidet. Seine Aufbahrung wird zum Society-Event - Sehen und Gesehenwerden. Worth wäre stolz gewesen.


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