Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. März 1991 Bundesverfassungsgericht erklärt Namensrecht für verfassungswidrig

Der Mann bestimmt, ob die Ehefrau arbeitet, über den gemeinsamen Namen befindet er auch, weil es schon immer so war. Klar: Stammbaum und so. Nein, sagt i das Bundesverfassungsgericht. Frauen dürfen ihren Nachnamen sehr wohl behalten und vielleicht gefällt der dem Gatten ja auch? Autorin: Justina Schreiber

Stand: 14.03.2025

14.03.1991: Bundesverfassungsgericht erklärt Namensrecht für verfassungswidrig

14 März

Freitag, 14. März 2025

Autor(in): Justina Schreiber

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Die Abschaffung des Patriarchats war und ist ein langwieriger, kleinteiliger Prozess. Man macht sich das oft nicht klar. Deshalb geht es jetzt zurück in die späten 1980er Jahre in das Wohnzimmer eines jungen Paares. Die beiden plaudern zunächst entspannt über die geplante Eheschließung. Alles scheint klar: Der Hochzeitstermin, die Gästeliste, das Menü. Doch dann taucht wieder die leidige Frage auf, welchen Ehenamen das junge Paar nun wählen will. Sie, eine moderne, berufstätige Frau, schlägt ihren eigenen Nachnamen vor, was juristisch bereits möglich wäre. Immerhin klingt – um ein krasses Beispiel zu wählen - Herr und Frau Sonnenschein echt schöner als Herr und Frau Hühnerbein, nicht wahr?

Wer heißt nun wie?

Leider sieht sich Frau Sonnenscheins Verlobter aber außerstande, den Namen Hühnerbein aufzugeben, hatten doch schon sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater so geheißen. Sie könne sich ja Sonnenschein-Hühnerbein oder Hühnerbein-Sonnenschein nennen, ganz nach Belieben! Drauf sie: Das sei wohl ein Witz! Ihre Geschlechtsgenossinnen namens Nüsslein-Volhard, Däubler-Gmelin oder Leutheusser-Schnarrenberger müssten viel Spott und Häme erleiden. Frauen mit sperrigen Doppelnamen gelten nämlich gemeinhin als wenig anmutige Wesen, die Männer als reine Anhängsel betrachteten. Nach dem Motto: Nomen est Omen! Umso wichtiger sei ihr der gemeinsame Name Sonnenschein. Da haut Herr Hühnerbein auf den Couchtisch und ruft: Schluss jetzt mit der Debatte, wir werden uns trotzdem Hühnerbein nennen! Und so wurde es dann auch gemacht.

Hauptsache sein Name

Das war nicht nur machohaft, schlimmer noch: Dieses Machotum wurde lange vom Gesetz gedeckt. Das Verfassungsgericht gab deshalb am 14. März 1991 einer diesbezüglichen Beschwerde statt. Und erklärte: Das bis dato geltende Namensrecht verstößt gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes, dass Männer und Frauen gleichberechtigt seien. Wovon eben keine Rede sein konnte, wenn Herr Hühnerbein bei Unstimmigkeiten in Sachen Ehenamen das Zünglein an der Waage sein durfte.

Endlich fiel also im Jahr 1991 eine der letzten Bastionen der sogenannten Patrilinearität, einer Konstruktion, die die Macht der Männer mit Hilfe von Vater Staat seit der Antike auf manchmal lächerliche Weise stützte. Man kennt ja die Panik alter Patriarchen aus Historienfilmen zu Genüge. Diese Angst, dass die Familie im Mannesstamm aussterben könnte! Oje! Niemand da, kein zeugungsfähiger Sohn weit und breit, der den guten Namen Grantham (engl.) oder Knüllig weitergeben würde? Tja, selbst schuld. Wer hatte denn die Idee gehabt, die väterliche Abstammungslinie derartig in Stein zu meißeln? Ganz sicher keine Frau. Ohne jetzt das große psychoanalytische Fass aufzumachen: Aber an der These vom männlichen Gebärneid scheint schon etwas dran zu sein. Bis heute sind die Prägungen durch patriarchalische Rechtsvorstellungen erlebbar. Auch wenn sich immer mehr junge Männer dazu aufraffen können, den Nachnamen ihrer Frau anzunehmen: wie schnell liegt dann der Verdacht nahe, dass SIE hier wohl die Hosen anhat!


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