11. Februar 1899 Der Maler Francis Barraud stellt das Nipper-Gemälde fertig
Hunde schauen nicht in Schalltrichter? Von wegen! Vor allem, wenn ihres Master’s voice daraus ertönt. Und so wurde der kleine Hund Nipper zu einer der weltweit bekanntesten Werbeikonen. Autor/Autorin: Xaver Frühbeis
11. Februar
Donnerstag, 11. Februar 2016
Autor(in): Xaver Frühbeis
Sprecher(in): Krista Posch
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Er ist der berühmteste Hund der Schallplattenindustrie. Ein weißer Terrier-Mischling vor einem alten Grammophon, den Kopf neugierig schief gelegt guckt er in den Schalltrichter und lauscht der Stimme seines Herrn. Ein Bild, das Geschichte geschrieben hat. Hund und Grammophon drehten sich auf den Etiketten von Schellacks und Vinylplatten, in Zeitungsanzeigen und auf den Schachteln von Grammophonnadeln haben sie Werbung gemacht, es gab - und gibt sie noch immer - in Plastik zum Sammeln und Spielen, als überdimensionale Statuen begrüßen sie die Besucher von Gebäuden der Musikwelt, selbst Straßen sind nach dem kleinen Kerl benannt. Sein Name ist: "Nipper". Und dieser "Nipper" ist nicht etwa die clevere Erfindung einer Werbeagentur, sondern: er hat tatsächlich gelebt. Und zwar in London. Sein Herrchen war der englische Maler Francis Barraud.
His Master’s Voice
Barraud hatte bei sich zuhause einen Edison-Wachswalzenspieler. Mit dem konnte man nicht bloß Musik ins Heim bringen, sondern auch Sprache selbst aufnehmen und gleich danach wieder abspielen. Der kleine Nipper soll immer ganz verdutzt gewesen sein, wenn aus dem Schalltrichter plötzlich die Stimme seines Herrn zu hören war.
Im September 1895 stirbt Nipper. Drei Jahre später beginnt Barraud, zum Andenken an seinen Freund ein Gemälde zu malen: "Nipper schaut in den Trichter eines Walzenspielers". Am 11. Februar 1899 ist das Bild fertig. Barraud geht damit hausieren. Aber niemand will es haben, keiner will es ausstellen. Selbst der Chef der Walzenspieler-Firma ist nicht interessiert.
"Hunde schauen nicht in unsere Schalltrichter", sagt er. Die Konkurrenz jedoch ist anderer Meinung. William Owen von der "Gramophone Company" sagt, er würde das Bild kaufen. Allerdings müsste der kleine Hund dann nicht vor einem Edison-Walzenspieler sitzen, sondern vor einem von ihren Grammophon-Plattenspielern. Owens Firma nämlich macht keine zylinderförmigen Wachswalzen mehr, sondern das Allerneueste: flache Schallplatten aus schwarzem Schellack. Flugs malt Barraud das Bild um, und die "Gramophone Company" kauft es für 50 Pfund Sterling. Nochmal 50 Pfund bekommt Barraud für den Titel, den er sich für das Bild ausgedacht hat: "His Master's Voice - Die Stimme seines Herrn".
Ein Hund und viele Labels
Und damit beginnt der Siegeszug des Hundelabels. Weltweit suchen die Kunden in den Läden nach Schellackplatten mit dem putzigen Tier auf dem Etikett. Und weil der Wiedererkennungswert so groß ist, ändert die "Gramophone Company" einige Jahre später tatsächlich den Namen ihres Plattenlabels. Aus "Gramophone Records" wird "His Master's Voice", kurz: "HMV". Über Firmenaufkäufe und -fusionen wandert Nipper weiter, zu berühmten Plattenfirmen wie RCA, EMI oder der Deutschen Grammophon. Die alle mit ihm werben, Statuen von ihm aufstellen und Bilder in ihre Firmensitze hängen. Bis heute ist der kleine Hund vor dem Grammophon eines der weltweit bekanntesten Markenzeichen. Und Nippers Herrchen soll Jahrzehnte lang damit beschäftigt gewesen sein, immer mehr unterschiedliche Versionen von seinem einzigen berühmten Bild zu malen. Das Original übrigens, für das er seinerzeit 50 Pfund bekommen hat, das gibt es auch noch. Es hängt im Hauptgebäude der Plattenfirma EMI in London.