Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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12. März 1935 Funkfernsprechverbindung Berlin-Tokyo klappt

Der Aufwand war gewaltig. Großfunkstellen und dazugehörige Empfangsstationen mit riesigen Sendeantennen ermöglichten am 12. März 1935 das erste Ferngespräch zwischen Berlin und Tokyo über Kurzwellen-Funksignale.

Stand: 12.03.2012 | Archiv

12.03.1935: Funkfernsprechverbindung Berlin-Tokyo klappt

12 März

Montag, 12. März 2012

Autor(in): David Globig

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Redaktion: Thomas Morawetz

Ein paar Hundertstelsekunden, nicht einmal ein Wimpernschlag: So wenig Zeit genügt Telefonsignalen, um den Globus halb zu umrunden. Die moderne Kommunikationstechnik lässt unsere Welt ziemlich klein erscheinen. Man vergisst leicht, wie weit es von hier zu den Antipoden tatsächlich ist. Da kommt es schon mal vor, dass der Journalist abends eine Telefonnummer in Japan wählt und sich der Gesprächspartner erst nach einer Weile und ziemlich verschlafen meldet. In Japan ist es nämlich schon acht Stunden später, folglich mitten in der Nacht. Man bittet also zerknirscht um Entschuldigung, wünscht eine ansonsten ungestörte Nachtruhe und legt mit hochrotem Kopf wieder auf - sich schwörend, dass man ab jetzt immer an den Zeitunterschied denken wird.

Im Zickzack um die Welt

Eine solche Peinlichkeit dürfte der illustren Telefonrunde erspart geblieben sein, die am 12. März 1935 im Reichspostministerium in Berlin zusammengekommen ist. Neben dem Reichsverkehrsminister und dem Außenminister saß nämlich auch der japanische Botschafter mit am Tisch. Und der sollte das mit den Zeitzonen im Griff gehabt haben. Insgesamt waren es ein Dutzend Herren, jeder mit einem Telefon vor sich; außerdem standen Zigarrenkisten in Reichweite. Es gab schließlich etwas zu feiern: die Eröffnung der Überseefunkfernsprechverbindung zwischen Berlin und Tokio.

Erstmals konnte man direkt von Deutschland aus nach Japan telefonieren. So etwas geht nur, weil es in der Erdatmosphäre einen Bereich gibt, in dem sich viele geladene Teilchen befinden, die Ionosphäre. Sie reflektiert Kurzwellen-Funksignale, leitet sie also wieder zur Erdoberfläche zurück. Dann werden die Funkwellen erneut Richtung Ionosphäre geschickt usw. usw. Auf diese Weise kann ein Kurzwellensignal im Zickzack um den ganzen Globus wandern -  tausende von Kilometern weit. Der Aufwand dafür war gewaltig: Bei Nauen, westlich von Berlin, stand die sogenannte Großfunkstelle mit ihren riesigen Sendeantennen.

Die zugehörige Empfangsstation befand sich rund 40 Kilometer südlich davon in Beelitz. Auf der japanischen Seite sah es ähnlich aus.

Überseetelefonate waren aber nicht nur zwischen Berlin und Tokio möglich. In den vorangegangenen Jahren hatte die Reichspost bereits direkte Funkverbindungen nach Südamerika, Asien und nach Ägypten eingerichtet. Und über ausländische Funkstationen konnte man auch im Rest der Welt so ziemlich jeden telefonisch erschlossenen Winkel erreichen.

Um die Welt ins Nebenzimmer

Dass das Netz schon damals im wahrsten Sinne des Wortes weltumspannend war, demonstrierte Ende April 1935 der Präsident der amerikanischen Telefongesellschaft AT&T. Er ließ sich mit dem Vizepräsidenten des Unternehmens verbinden, der im selben New Yorker Gebäude saß wie er, nur in einem anderen Raum. Der Anruf nahm allerdings einen kleinen Umweg und wurde einmal rund um den ganzen Erdball geleitet.

Besonders gefragt waren solche Überseegespräche in Deutschland allerdings nicht. Sie kosteten nämlich ein kleines Vermögen: durchschnittlich etwa 100 Reichsmark pro Minute. Das entsprach dem Monatslohn eines Industriearbeiters. Telefonate über die Weltmeere hinweg konnten sich nur Reiche und Geschäftsleute leisten. Und selbst die hielten sich zurück. Im ganzen Jahr 1935 wurden von Deutschland aus insgesamt gerade einmal 1.600 drahtlose Überseegespräche geführt. Man schickte lieber Telegramme. Das war wesentlich billiger - und man lief auch nicht Gefahr, plötzlich ein schlaftrunkenes Gegenüber am Apparat zu haben.


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