Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. Oktober 1809 Berchtesgaden kommt zu Bayern

Berchtesgaden war bettelarm und ausgeplündert, als es am 14. Oktober 1809 an Bayern kam. Dann entdeckten die Wittelsbacher den Ort für ihre Sommerfrische - der erste Schritt Berchtesgadens zum Urlaubsparadies.

Stand: 14.10.2013 | Archiv

14.10.1809: Berchtesgaden kommt zu Bayern

14 Oktober

Montag, 14. Oktober 2013

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Thomas Morawetz

"Herr, wen Du lieb hast, den lässt Du fallen in dieses Land."

Dieser Satz, niedergeschrieben von Ludwig Ganghofer, kommt dem Berchtesgadener Fremdenverkehrsverein natürlich wie gerufen. Selten ist ein Zitat so hervorragend geeignet, in der touristischen Werbung verbraten zu werden. Wir jedoch wollen dem schlagkräftigen Ausspruch, der das Land am Fuße des Watzmann zur Insel der Seligen macht, den Reisebericht eines gewissen Grafen von Spaur aus dem Jahre 1800 entgegensetzen:

Blass-gelb abgehärmte Gesichter

"Das kleine Ländchen Berchtesgaden ist eine unfruchtbare Gegend, die aus hohen Bergen und schmalen, von reißenden Bergwassern durchströmten Tälern besteht. Der Weg ist höchst unangenehm zu befahren, rechts und links erheben sich fürchterliche Felsen zu unermesslichen Höhen, und der Fuß dieser Gebirge ist mit Nadelhölzern bedeckt, die nicht eben die beste Forstkultur zu verraten scheinen. Die Bewohner sind ebenso arm wie ihr Boden. Die blass-gelben und abgehärmten Gesichter beweisen jedem Fremden nur allzu sichtlich, wie mühselig und kümmerlich dieses arme Völkchen seine Lebenstage verseufzen muss."

" Herr, wen Du lieb hast ..."

" ... höchst unangenehm ..."

" ... den lässt Du fallen ... "

" ... blass und abgehärmt ... "

Wie kommt es bloß zu diesen gegensätzlichen Aussagen? Ganz einfach. Zwischen den beiden Zitaten liegen rund 80 Jahre. Die Zeiten hatten sich geändert.

Was einem Grafen von Spaur kümmerlich, fürchterlich und unangenehm, erschien Ludwig Ganghofer natürlich, wild und romantisch. Es war mittlerweile nämlich aufwärts gegangen mit Berchtesgaden. Und zwar - wir sagen es nur .zögernd und auf die Gefahr hin, gewisse Überheblichkeiten zu fördern - und zwar war es mit Berchtesgaden aufwärtsgegangen, seit es zu Bayern gehörte. Genauer gesagt, seit dem 14. Oktober 1809, dem Tag, an dem der Friede von Schönbrunn geschlossen wurde.

Glück!

Wieder einmal hatten irgendwelche Länder miteinander Krieg geführt - in diesem Fall hauptsächlich Frankreich gegen Österreich - und Bayern hatte zufällig auf der gerade richtigen Seite mitgemischt - auf der der Franzosen. Darum durfte es nun bei der Neuverteilung der Länder ein Wörtchen mitreden und bekam neben dem Innviertel, Regensburg und Salzburg eben auch Berchtesgaden. Was zunächst nicht unbedingt ein Gewinn schien, denn Berchtesgaden lag wirtschaftlich absolut darnieder. Weniger wegen des Krieges - der war gar nicht bis in die abgelegene Fürstprobstei vorgedrungen - als vielmehr deswegen, weil die ortsansässige Obrigkeit in den letzten Jahrhunderten nicht viel anderes im Sinn gehabt hatte, als das Tal und seine Bewohner nach Strich und Faden auszuplündern.

Trotz reicher Salzvorkommen und der Marmorsteinbrüche war Berchtesgaden völlig ausgepumpt, seine Bewohner bettelarm. Und dieses bankrotte Tal fiel nun an Bayern.

Was für ein Glück!

Denn die Wittelsbacher, romantisch und naturliebend, erkoren Berchtesgaden bald zum bevorzugten Ort ihres Sommeraufenthaltes. Damit wurde alles ganz anders - Berchtesgaden boomte, würden wir heute sagen. Man verbesserte die Salzgewinnung, baute Straßen - und erwartete die ersten Touristen. Denn wo Königs Urlaub machen, das weiß man, da wollen alle hin.

Zunächst der Adel und die Hofschranzen, später die Maler und Dichter - und bald machte dann fast ganz Deutschland Urlaub in Berchtesgaden. Inklusive jenes Herrn, der sich auf dem Obersalzberg bombensicher niedergelassen hatte, was bis heute allerlei Touristen anzieht. Aber auch ohne sie würden die Urlauberströme ins gesegnete Land nicht abreißen - so dass die Bevölkerung durchaus nicht mehr mühselig und kümmerlich ihre Lebenstage verseufzen muss ...


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