22. Dezember 1981 Deutschland führt das Mindesthaltbarkeitsdatum ein
Das vorgeschriebene "Kennzeichnungselement" auf Fertigpackungen. Seit 1981 steht da ein präzises Datum, wo früher ein "zum alsbaldigen Verbrauch" genügte. Autorin: Anja Mösing
22. Dezember
Donnerstag, 22. Dezember 2016
Autor(in): Anja Mösing
Sprecher(in): Christian Baumann
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Sie einfach zurück bringen? Empört! Oder doch lieber bedauernd? Am besten sachlich: "Ist nicht mehr gut! Dabei: gestern erst hier gekauft."
Dann mit dem Zeigefinger auf das Datum der drei Packungen zeigen und die Augenbrauen dabei ganz, aber wirklich ganz weit nach oben ziehen. Denn es zeigt: Hohoho! Donnerstag letzter Woche.
Damit müsste doch alles klar sein. Schließlich, so weit über das Mindesthaltbarkeitsdatum schafft es kaum ein echter Büffelmozzarella. Weiß man ja. Kühlkette und so. Schwierige Sache. Saudumm nur: der Kassenzettel ist weg! Den hat doch wieder keiner mitgenommen. Verflixt nochmal! Jetzt die Frage: Erkennen die im Supermarkt ihren Büffelmozzarella wieder? Wer ist da heut an der Kasse? Oder: erkennen die mich wieder? Ob das reicht...?
Das große Beschriften
"MHD!", hätten Lebensmittelhersteller der 1980er Jahre da feixend gerufen und sich am Ende noch auf ihre Schenkel geschlagen. MHD, das stand damals in ihren Kreisen nicht nur für Mindest-Haltbarkeits-Datum, sondern vor allem für Mist-Hoch-Drei! Sie glaubten nicht, dass diese brandneue deutsche Kennzeichnungsvorschrift vom 22. Dezember 1981 tatsächlich so ein Segen für die Verbraucher werden würde. Allen, die im großen Stil Milch in Tüten, Kekse in Packungen, oder Tomaten in Dosen füllen und verkaufen wollten, war vor allem eins klar: ab jetzt geht das große Beschriften los.
Aber bis wann ist ein gut verpackter, kühl gelagerter Büffelmozzarella haltbar? Oder ein Butterkeks? Da galt es, Lebensmittelchemiker zu befragen. Denn nun sollten die Hersteller ihren Händlern und vor allem Endverbrauchern Qualität garantieren. Einklagbare Qualität, für das, was sie verpackten.
Die Katze im Sack
Irgendwie war das in den letzten Jahrtausenden auf Bazaren, Märkten, oder später in Tante-Emma-Läden gar nicht nötig gewesen, so ein Datum. Wo hätt‘ man es auch drauf schreiben sollen?
Das meiste wurde ja vor den eigenen Augen abgewogen und eingefüllt. Davor schon von eigener Nase prüfend beschnuppert und von eigener Hand betastet. Und während man auswählte waren Fragen aller Art erlaubt. "Sind die auch frisch?", war da noch die Einfachste!
Und wehe daheim stellte sich das Gegenteil raus! Da wurde umgehend reklamiert. Oder spätestens beim nächsten Einkauf ein Wörtchen drüber gewechselt. Was sogar zu kleinen Wiedergutmachungsgeschenken wegen "der Umstände" führen konnte.
Nur: der Einkaufs-Trend ging in den 1980er Jahren woanders hin: rein in die Supermärkte! Die Katze im Sack kaufen, wurde Standard. Und in endlosen Regalreihen, gerade in Streck- oder Bück-Zonen, können Leckereien leicht mal Wochen oder gar Monate länger lagern als gut ist. Inzwischen weiß jeder, dass das gut gemeinte Mindest-Haltbarkeits-Datum dazu führt, dass immer genau die Waren mit dem am weitesten entfernt liegenden Datum in den Einkaufskorb kommen. Auch dass tonnenweise einwandfreie Lebensmitteln weggeworfen werden, nur weil das MHD überschritten ist.
Und wenn wir doch mal drei Büffelmozzarellas reklamieren wollen, brauchen wir vor allem den passenden Kassenzettel als Beweis. Nur, wo ist er???