27. Juni 1956 Premiere für Spielfilm "Moby Dick"
Mit zermartertem Gesicht humpelt Gregory Peck als Kapitän Ahab über das Achterdeck - immer auf der Suche nach Moby Dick, dem Weißen Wal. Autor: Thomas Grasberger
27. Juni
Mittwoch, 27. Juni 2018
Autor(in): Thomas Grasberger
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Tiere, die einen Namen tragen und obendrein in Fernsehserien oder Kinofilmen zu sehen sind, haben bei uns Menschen meist einen Stein im Brett. Flipper, der Delfin zum Beispiel. Oder Skippy, das Buschkänguru. Sogar dem tapsig-verliebten Affen King Kong kann man am Ende des Films nicht recht böse sein - was eben auch daran liegt, dass er einen Namen hat. Der weiße Hai hatte keinen! Und prompt war er der Bösewicht am ganzen Strand! Und im Kinosaal natürlich.
Ein Wal, weißer als der Schnee
Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es übrigens auch. Wale! Genauer gesagt Pottwale. Sie bekommen immer nur dann einen Namen, wenn sie besonders gefährlich sind! Der allergefährlichste war bekanntlich Moby Dick - ein Wal, weißer als der Schnee, der wie ein Ungewitter aus dem Wasser schießt und wie ein Berg wieder ins Meer zurück fällt. Ein Tier also, das das stärkste Schiff zerschmettern, die Mannschaft verschlingen und dem Käptn ein Bein ausreißen kann.
Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: So ein Pottwal lebt eigentlich nicht von Kapitänshaxn, sondern eher von Tintenfischen. Aber er kann manchmal groß und wild werden. Ein Walfängerschiff namens "Essex" etwa soll im Jahr 1820 von einem 25 Meter (!) langen Pottwal versenkt worden sein. Diese Geschichte hat später der Schriftsteller Hermann Melville aufgegriffen und mit der eines realen Pottwals namens "Mocha Dick" verwoben. Der Regisseur John Huston hat Melvilles weltberühmten Roman "Moby Dick" 1954 verfilmt. Am 27. Juni 1956 war die Uraufführung - mit Gregory Peck in der Hauptrolle des besessenen Käptn Ahab!
Monster Ahab
Wer jemals diesen Film sehen und die Mannschaft der "Pequod" zu den Walgründen der Azoren begleiten durfte, der vergisst nie wieder jene dreiunddreißigste Minute, in der Käptn Ahab mit seinem zermarterten Gesicht - Tock! Tock-tock! Tock-tock!
- auf das Achterdeck humpelt, und gestützt auf ein weißes Bein, das aus dem Kieferknochen eines Pottwals geschnitzt ist, seiner Mannschaft einen Schwur aufnötigt. Denn Moby Dick ist´s, der ihn einst zum Krüppel gemacht hat, für alle Zeiten, an Leib und Seele. Ihn gilt es deshalb zu jagen, um die ganze Welt, von Kap Hoorn bis zum Polarmeer, und wenn´s sein muss, bis zur Hölle. So segelt Käptn Ahab also sehenden Auges seinem Wahnsinn entgegen, was der Zuschauer freilich längst ahnt, denn schon in Filmminute 24 menetekelt ein scheinbar wirrer junger Mann namens Elias prophetisch vor sich hin: Der Tag wird kommen, da man auf See Land riechen kann, wo kein Land ist. An diesem Tag wird Käptn Ahab sein Grab finden, um nach einer Stunde wieder aufzuerstehen und seiner Mannschaft zuzuwinken, und alle außer einem werden ihm ins nasse Grab folgen.
Ja, und genauso kommt´s dann auch. Ahab verfängt sich in den Tauen, wird vom Wal unter Wasser gezogen und hängt nach erneutem Auftauchen tot an der Flanke Moby Dicks, während sein Arm der überlebenden Besatzung zuzuwinken scheint. Ein filmisches Meisterwerk! Absolut sehenswert, bis heute! Und zwar nicht zuletzt, weil das Monster - in diesem Fall Käptn Ahab - einen Namen trägt. Und dadurch menschlich, nur allzu menschlich wird.