9. August 1832 Attentat auf den österreichischen Erzherzog Ferdinand im Kurort Baden bei Wien
Ungern fährt der österreichische Erzherzog Ferdinand in den Kurort Baden bei Wien. Anderen gefällt das entspannte Treiben dort, Ferdinand mag das nicht. Obendrein wird auch noch ein Attentat auf den Thronfolger verübt. Das geht gut aus. Grund, einen Walzer zu komponieren! Autor: Xaver Frühbeis
09. August
Montag, 09. August 2021
Autor(in): Xaver Frühbeis
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Susi Weichselbaumer / Frank Halbach
Es ist eine Nachricht, die umgeht wie ein Lauffeuer. Baden bei Wien, die Stadt der Schwefelquellen, gemütlich und mondän zugleich, hier verbringt der Wiener die Sommerfrische, hier suchen Bürger und Adelige aus aller Welt Heil und Genesung. Und dann: das. Ein Attentat, auf den Sohn des Kaisers. Der den Kurort, als einer der wenigen, überhaupt nicht leiden kann. Als wenn er's geahnt hätte.
Ferdinand, der kaiserliche Thronfolger, Erzherzog von Österreich und König von Ungarn. An diesem 9. August 1832, einem Donnerstag, führt ihn sein Weg am Ufer der Schwechat hinein ins idyllische Helenental. Es ist eine beliebte Spazierroute für jeden, der in Baden kurt, man trifft einander, Künstler finden hier Inspiration für ihre Werke.
Auf dem Spaziergang
Ferdinand - an seiner Seite sein Dienstkämmerer, Feldmarschall-Leutnant Graf von Salis - ist noch nicht über die letzten Häuser hinaus, da setzt ein kleiner, dicker Herr zum Überholen an und versperrt ihnen den Weg. Der Mann fängt an zu schimpfen, er hört nicht auf, den Thronfolger majestätslästerlich zu beleidigen, und als der seine Begleitung verständnislos fragt, was dieser Mensch denn eigentlich da mache, zieht der Kerl eine Pistole aus seiner Jackentasche, zielt auf Ferdinand und drückt ab.
Ein Schuss?!?!?!
Aus den Villen kommen sofort die Dienstboten herbeigeeilt und werfen den Frevler zu Boden. Es stellt sich heraus, dass der Erzherzog den Übeltäter kennt. Der Mann heißt Reindl. Er ist ein - wegen Alkohol - frühpensionierter Hauptmann der Infanterie, ein hoch verschuldeter, notorischer Spieler.
Vor kurzem erst hat er den Erzherzog schriftlich um eine mildtätige Spende von neunhundert Gulden gebeten. Der jedoch hat ihm lediglich hundert angewiesen. Zu wenig für Reindl. Und offenbar hat er sich dann gedacht, das Problem ließe sich lösen, wenn er auf den Erzherzog mit der Pistole schießt. Allerdings ist Reindl ein schwacher Schütze. Die Kugel bleibt im Futterstoff des herzoglichen Überrocks stecken, auch der Schuss, den Reindl, schon überwältigt am Boden liegend, noch gegen sich selbst abgegeben hat, richtet kaum Schaden an. Später wird man feststellen, dass der Kerl die Treibladungen in seiner Pistole zu schwach portioniert hatte. So wird niemand verletzt, und der Übeltäter abtransportiert und später zu lebenslangem Festungsarrest verurteilt. Wo er seine Schulden noch viel weniger abbezahlen kann.
Ein paar Tage danach gibt man im schönen Helenental ein Fest. Zur wundersamen Errettung des hohen Gasts von Ungemach. Und Johann Strauß - der damals noch nicht "Vater" ist - präsentiert bei der Gelegenheit eine neue Walzerfolge, mit dem erfreulichen Titel "Mein schönster Tag in Baden". Die Musik beginnt seltsamerweise mit einer festlichen Pauken-und-Trompeten-Fanfare. Die ja in so einem Wiener Walzer nichts verloren hat. Aber bei der Feier wird der errettete Thronfolger wohl höchstpersönlich anwesend gewesen sein. Und so stellen wir uns vor, wie sich Ferdinand auf der Bühne zu Pauken und Trompeten verbeugt, wie die Menschenmenge applaudiert und ihn hochleben lässt, und dann - tanzt man zu den Walzern von Strauß. "Mein schönster Tag in Baden".