Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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10. Dezember 1843 Charles Dickens veröffentlicht "Eine Weihnachtsgeschichte"

Charles Dickens‘ sozialkritische "Eine Weihnachtsgeschichte" um den Geizkragen Ebenezor Scrooge ist eine der berühmtesten Erzählungen des Autors und eine der beliebtesten Weihnachtserzählungen überhaupt. Autorin: Justina Schreiber

Stand: 19.12.2019 | Archiv

19.12.1843: Charles Dickens veröffentlicht "Eine Weihnachtsgeschichte"

19 Dezember

Donnerstag, 19. Dezember 2019

Autor(in): Justina Schreiber

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Ach, Weihnachten! Was gibt es Schöneres als das Fest der Liebe, garniert mit Glockengebimmel und mehr oder weniger himmlischen Gesängen und ganz viel gutem Essen! Als da wären  - um den englischen Dichter zu zitieren, der der Christenwelt nach dem Evangelisten Lukas die zweitberühmteste Weihnachtsparabel bescherte: "Truthähne, Gänse, Wildbret, große Braten, Spanferkel, lange Reihen von Würsten, Pasteten, Plumpuddings, Austerfäßchen, glühende Kastanien, rotbäckige Äpfel, saftige Orangen, appetitliche Birnen, ungeheure Stollen und siedende Punschbowlen".

Weihnachten könnte so schön sein

Ach, Weihnachten könnte so ein wunderbares, global Frieden und Sattheit spendendes Fest sein! Wenn, ja! wenn die besser gestellten Eliten etwas mehr abgeben würden und sich nicht stattdessen so egozentrisch und hartherzig wie Ebenezor Scrooge präsentierten. Die Inkarnation des kalt rechnenden, ausschließlich wirtschaftlich denkenden Homo oeconomicus trat erstmals am 19. Dezember 1843 in Erscheinung, als Charles Dickens seine Weihnachtsgeschichte "A Christmas Carol" veröffentlichte. Die Story, wie sich der Geizkragen Scrooge dank der Interventionen eines Gespenstes und dreier Geister dann doch zum Wohltäter wandelt, trug zwar leider nicht, wie erhofft, zum materiellen Wohlstand des Verfassers bei. Denn Charles Dickens hatte sich verkalkuliert, als er die Herstellungskosten übernahm und auf einer farbig illustrierten Ausgabe bestand. Aber wer wollte schon ihm, dem gefeierten Autor des sozialkritischen Romans "Oliver Twist", ähnliche Profitgier unterstellen, wie er sie den mitleidlosen Groß-Unternehmern attestierte, in diesem Fall dem Warenhausbesitzer Ebenezor Scrooge!

Not my business

Auch aus persönlichen Motiven kämpfte Dickens gegen eine Weltsicht, die die Ausbeutung menschlicher Ressourcen für allein seligmachend hielt. Im Alter von 12 Jahren hatte der begabte Junge in einer Schuhwichsfabrik arbeiten müssen, weil die Mutter nichts dabei fand und der überschuldete Vater im Gefängnis saß.

Seither schlug sein Herz für die Opfer der industriellen Revolution, die schuftenden Kinder und die hungrigen Arbeiterfamilien. Ebenezor Scrooge dagegen, dieser frühe moderne Kapitalist, meinte zum Elend der Massen in den Londoner Slums nur achselzuckend: It’s not my business. Sein Geschäft hieß Raffen und sich Abschotten. Doch Charles Dickens traktierte seinen Antihelden solange mit schwerer sentimentaler Kost, sprich: mit dem immateriellen Glück der kleinen Leute, die – anders als die Reichen – echte Gemeinschaft und Zuneigung zu kennen schienen. Bis der knallharte Scrooge dem geballten Kitsch erlag und bittere Tränen der Reue weinte. Ach ja, Weihnachten. Wann, wenn nicht jetzt, darf man ohne schlechtes Gewissen rührselig werden und an das Märchen glauben, dass sich Gleichgültigkeit und soziale Ungerechtigkeit in Wohlgefallen auflösen könnten!


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