1. Oktober 1917 Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik nimmt die Arbeit auf
Außer dem Direktor und seinem Stellvertreter gab es kein wissenschaftliches Personal. Die "Institutsanschrift war die Privatadresse des Direktors: Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik, geleitet von Albert Einstein. Erwin Freundlich war sein Stellvertreter und arbeitete an der Prüfung der Relativitätstheorie. Autor: Martin Trauner
01. Oktober
Freitag, 01. Oktober 2021
Autor(in): Martin Trauner
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Das soll ein weltberühmtes Institut sein? - Ein kleines Zimmer in Berlin Schöneberg? Im Dachgeschoß der Haberlandstraße 5? - Auf dem Schreibtisch liegen handgeschriebene Manuskripte, in den Regalen stapeln sich die Bücher. Aufgeräumt werden darf hier nicht, und auch Staubwischen ist nur mit größter Sorgfalt erlaubt, damit sich das kreative Chaos nicht in unschöpferische Ordnung verwandelt.
Ein typisches Studierzimmer eines Gelehrten halt. Aber eben nicht einfach nur ein Zimmer und eben nicht einfach nur ein Gelehrter. Es ist das Amtszimmer des Direktors des Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Forschung. Der Direktor heißt Albert Einstein. Und der Amtssitz des Instituts ist sein Studierzimmer, sein "Turmzimmer", in seiner Berliner Privatwohnung.
Das Harnack-Prinzip
Am 1. Oktober 1917 wird Albert Einstein zum Direktor des neu gegründeten Instituts berufen. Wie gesagt: es gibt kein Institutsgebäude, und es gibt keine Mitarbeiter. Na ja, bis auf den einen: Albert Einstein. Das alles war tatsächlich auch so gewollt, vom Theologen Adolf Harnack, Präsident der 1911 gegründeten Kaiser-Wilhelm Gesellschaft. Harnacks Idee: Wissenschaft ist letztlich immer die Sache eines Einzelnen. Also stattet seine Gesellschaft renommierte und hoffnungsvolle Forscher mit einem Direktorposten samt einem auf den Leib geschneidertem Institut und vor allem mit Geld aus. Geld vom preußischen Staat und von privaten Mäzenen. Das sollen die Direktoren in die Förderung ihres Fachbereichs investieren, etwa, um teure Apparate anzukaufen oder um Nachwuchswissenschaftler mit Stipendien zu versorgen. Später nennt man das dann das "Harnack-Prinzip": Ein überragender Wissenschaftler, dazu ein passendes "Institut".
Institutsdirektor Albert Einstein
Albert Einstein bekommt für seinen Posten ein Gehalt, 5 000 Mark im Jahr. Und nachdem er sich beklagt, dass ihm die Korrespondenz über den Kopf wächst, er schreibt alles mit der Hand, darf er eine Sekretärin anstellen. Für drei halbe Tage die Woche. Als erste Sachanschaffung gibt es eine Schreibmaschine obendrauf.
Eines der ersten Stipendien geht an den jungen Professor Peter Debye. Er bekommt 16 030 Mark, um sich einen leistungsstarken Röntgenapparat zu beschaffen. Zwei Jahrzehnte später erhält Debye für seine Forschung den Nobelpreis für Chemie.
Einsteins Turmzimmer ist ein Biotop für künftige Nobelpreisträger. Hier trifft sich der Direktor mit seinen Beratern. Also: Albert Einstein trifft sich mit Walther Nernst, Fritz Haber und Max Planck. Alle vier bekommen in den nächsten Jahren den Nobelpreis verliehen. Also scheint das Harnack-Prinzip zu funktionieren. Und Max Planck wird sogar der Namenspatron für die Nachfolgegesellschaft. Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut wird nach dem 2. Weltkrieg das Max-Planck Institut für Physik. Und das hat nun tatsächlich ein eigenes Institutsgebäude in München.